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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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vormals blonden Locken hatte Denise schwarz gefärbt und, so gut es eben ging, glatt gezogen, was dem Gesicht einen völlig anderen Charakter verlieh. Die dunkle Sonnenbrille tat ihr Übriges.
    Nicht schlecht , dachte Sando.
    „Schön, dass du dich durchgerungen hast, Denise“, sagte Ben Hakim väterlich, als sie mit skeptischem Blick vor ihnen stand, bereit, auf einen falschen Zungenschlag hin die aufwendige Fassade wieder herunterzureißen. „Ich glaube, das Wichtigste ist erreicht: Keiner wird dich wiedererkennen.“
    „Und … Sando? Was sagst du?“, fragte Denise mit schmalen Augen.
    Der Alte warf dem Jungen einen warnenden Blick zu. Der setzte eine gleichmütige Miene auf und sagte achselzuckend: „Eine geschickte Tarnung eben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“
    Ben Hakim nickte zufrieden und Denise wirkte beinahe entspannt, als sie fragte: „Aber dieses eintönige Schweinchenrosa bietet so gar keinen Blickfang! Hast du nicht eine Brosche oder so etwas, Ben?“
    „Nein, leider habe ich nichts Derartiges im Haus, keinen Schmuck, keine bunten Bänder. Aber warte! Vielleicht kann ich dir helfen …“
    Der Alte läutete nach Sina und bat sie, aus seinem Zimmer ein gewisses Kästchen zu holen, sie wisse schon, welches. Die Haushälterin nickte verständnisinnig und brachte das Gewünschte.
    Denise bekam große Augen, als sie das Kästchen sah. „He, Ben, was hast du denn da gehortet? Solche Dinger habe ich ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.“
    „Eben fiel mir ein, dass noch welche im Schrank liegen.“
    Sando schaute neugierig auf die Schachtel, erriet aber nicht, was da so Besonderes drin sein sollte.
    Denise öffnete sie ehrfürchtig und sagte dann enttäuscht: „Aber es sind ja nur noch zwei drin.“
    „Eine für dich und eine für Sando.“
    Denise förderte eine etwa tischtennisballgroße, silbern glänzende Kugel zutage und betrachtete sie. „So etwas wird heutzutage gar nicht mehr hergestellt.“
    „Ja, es ist inzwischen verboten“, bestätigte Ben Hakim.
    „Könnt ihr einen dummen Menschen mal aufklären?“, beschwerte sich Sando.
    Denise reichte ihm vorsichtig das silberne Ding. „Das ist eine Wunschkugel. Vor ein paar Jahren gab es die noch an allen Ecken zu kaufen.“
    „Wunschkugel?“
    „Ja, wenn du sie fallen lässt, zerspringt sie wie eine Knallerbse und es entsteht eine kleine Retaminwolke. Bevor sie verweht ist, musst du dir rasch etwas wünschen, nichts Großes freilich, irgendeine Kleinigkeit – zum Beispiel eine Brosche.“
    Frohlockend sah sie Ben Hakim an.
    „Es erfordert einige Konzentration, sonst wird es nichts“, erklärte er. „Und es funktioniert nur bei denen, die eine Seele haben.“
    „Das ist so ungerecht!“, sagte Denise traurig. „Übernimmst du meine Kugel, Ben? Ich beschreibe dir, wie die Brosche aussehen soll.“
    Während sich die beiden über den Schmuck verständigten, Denise holte sogar Papier und Buntstifte herbei, um dem Alten ihre Vorstellungen deutlich zu machen, überlegte Sando, was er mit seiner Kugel anfangen sollte. Er versuchte, sich verschiedene Gegenstände so genau wie möglich vorzustellen: ein Taschenmesser, ein Mobiltelefon, eine Armbanduhr.
    Gar nicht so einfach , dachte er.
    Ihm fiel ein, er könnte sich ein Foto seiner Eltern wünschen, so hätte er sie immer bei sich.
    Es ist doch verrückt , dachte er. Ich hätte nie geglaubt, dass sie mir eines Tages so fehlen würden. Um das aufkommende Heimweh zu bekämpfen, konzentrierte er sich darauf, solch ein Foto vor seinem inneren Auge erstehen zu lassen.
    „Also … wichtig ist, dass der Stein in der Brosche dunkelgrün ist“, hörte er Denise sagen. „Alles klar, Ben?“
    Ben nickte. Er saß am Tisch und starrte auf den Zettel mit Denises Skizze. Auf seiner Stirn stand der Schweiß. „Ich werde mir Mühe geben.“
    „Ben, bitte!“
    „Ja, ich weiß, ich habe nur einen Versuch.“
    Sando grinste. „Also ich möchte jetzt nicht in Ihrer Haut stecken, Herr Hakim.“
    „Sag Du zu mir! Ich heiße Ben“, sagte der Alte und reichte Sando die Hand. „Dann habe ich wenigstens einen, der noch Du zu mir sagt, wenn die Sache schiefgeht.“
    Denise lachte. „Ben, es liegt ganz in deiner Hand, ob wir Freunde bleiben.“
    „Ich werde alles geben, um deinen Wünschen zu entsprechen“, erwiderte der Alte schmunzelnd. „Na gut, wagen wir es!“
    Denise streckte den Arm aus und hielt die Kugel über dem Tisch, an dem Ben saß. Er fixierte angestrengt den Punkt auf der

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