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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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Kamera, die ein auffallend langes Objektiv besaß, auf den Jungen. Klick, klick machte es. Und mit jedem Auslösen kam er ein Stück näher.
    Richtig , erinnerte sich Sando, das ist der Mann, der auf dem Basar Streit mit den Leuten des Schlangenbeschwörers hatte.
    Klick.
    Was will er von mir? Und wie kommt er ausgerechnet in diese Gasse?
    Klick. Klick.
    Ist er mir gefolgt? Warum fotografiert er mich?
    Klick.
    Auf einmal war Sando hellwach. Er witterte förmlich die Gefahr, in der er schwebte – und in die er auch Denise und Ben Hakim gebracht hatte mit seinem unbesonnenen Alleingang.
    Inzwischen war der Mann bei Sando angelangt. Er legte seelenruhig die Kamera in die geräumige Fototasche, die er über seiner Schuler trug, und sagte: „Es scheint heute nicht dein Glückstag zu sein, Junge.“
    Sando starrte auf das große M, das auf der Fototasche prangte, und antwortete nicht. Er hatte nicht vor, sich mit dem Mann zu unterhalten. Schlimm genug, dass er ihn ungefragt fotografiert hatte. Unwillig stand er auf und wandte sich zum Gehen. Nach wenigen Schritten hörte er den Fremden sagen: „Ich kann dir sagen, wo Maria wohnt.“
    Sando blieb wie angewurzelt stehen. Langsam drehte er sich um. Der Mann machte ihm ein Zeichen, sich wieder auf den Eckstein zu setzen.
    „Komm, hier können wir uns in Ruhe unterhalten. Keine Angst, ich fresse dich nicht.“
    Sando hätte freilich gern gewusst, wo er Maria finden könnte. Diese Begegnung mit ihr auf dem Basar – vielleicht hatte ihr Verhalten einen plausiblen Grund. Er kehrte zu dem Mann zurück und setzte sich.
    „Was wissen Sie über Maria?“
    „Zum Beispiel, wo sie wohnt. Ich war nur erstaunt, dass du diese Frau mit Maria angesprochen hast. Ich kenne sie unter einem anderen Namen.“
    „Unter welchem?“
    „Verrate mir erst, wer Maria ist.“
    „Warum wollen Sie das wissen? Wer sind Sie?“
    Der Fremde schüttelte den Kopf. „Nein, so wird das nichts. Wenn wir uns gegenseitig immer nur mit Fragen bombardieren, kommen wir nicht weiter.“
    Er griff in die Fototasche, holte ein kleines Ausweiskärtchen hervor und reichte es Sando.
    „Da ich weiß, wer du bist, kann ich dir auch verraten, wer ich bin.“ Und mit einem verschmitzten Lächeln setzte er hinzu: „Nimm es als vertrauensbildende Maßnahme.“
    Ganz oben auf der Karte las Sando „Makala Press“ in dem typischen Schriftzug, den er von den Titelseiten der Zeitungen her kannte, die Ben immer mitgebracht hatte, darunter ein Foto des Mannes, der vor ihm stand. Dann fiel sein Blick auf den Namen: Ali Ibn Massef, Reporter.
    Sando war geschockt. An diesen Namen konnte er sich sehr gut erinnern. Vor ihm saß jener Schreiberling, der die Lügen des KORE verbreitet hatte. Der Junge sprang auf, wollte auf der Stelle verschwinden, doch er zögerte, irgendetwas hielt ihn zurück, etwas, was ihn zutiefst beunruhigte. Was hatte der Mann da eben gesagt?
    „Sie behaupten zu wissen, wer ich bin?“
    „Ja, freilich. Du bist Sando Wendelin, der angeblich in dem Hubschrauber ums Leben gekommen ist.“
    Jetzt stand dem Jungen der Schreck ins Gesicht geschrieben und sein Versuch, das zu überspielen, war recht kläglich. „Wie kommen Sie denn darauf? Das ist ja völlig absurd! Sogar Ihre Zeitung hat doch berichtet …“
    „Ach, komm, hör auf, Junge! Ich zeig dir was.“
    Wieder griff Ali Ibn Massef in seine Fototasche und holte ein Blatt Papier hervor. Es war ein Computerausdruck von Sandos erstem Pass.
    „Das habe ich mir kurz nach deinem angeblichen Tod von einem guten Bekannten aus der Einwanderungsbehörde schicken lassen. Man hat so seine Quellen, nicht wahr? Eigentlich wollte ich für meine Geschichte nur wissen, wer an dem Drama in der Wüste beteiligt war, denn auf der Pressekonferenz waren keine Namen genannt worden.“
    Sando nahm das Blatt. Auf dem Foto war er deutlich zu erkennen.
    „Ein schönes Passbild, nicht wahr? Tja – und dann läufst du mir heute so mir nichts, dir nichts vor die Kamera. Das Foto, das ich auf dem Basar von dir gemacht habe, hat mich einen kleinen Aufruhr und fünf Kat gekostet.“
    Sando starrte auf das Blatt und zwang sich zur Ruhe.
    Du musst darauf beharren, dass du Brendel heißt , sagte er sich. Sando Brendel, einen Wendelin kennst du nicht!
    Als er sich wieder in der Gewalt hatte, gab er mit einem Achselzucken das Blatt zurück. „Eine zufällige Ähnlichkeit.“
    „Komm mir bitte nicht so, Junge. Das kannst du deiner Oma erzählen.“
    Sando kramte in seiner Tasche.

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