Katharsia (German Edition)
Sie haben doch selbst, um Ihre Haut zu retten, die Lügen des KORE in Ihren Artikeln verbreitet! Oder irre ich mich da?“
Diese Frage ist berechtigt , dachte Sando und er übertrug sie sachlich und ohne die Empörung, die in Bens Stimme mitgeschwungen hatte. Dennoch: Der Reporter schien sich getroffen zu fühlen. Mit rauer Stimme gab er zurück: „Es war nicht nur Angst, Herr Hakim. Damals wusste ich noch nicht, was ich heute weiß.“
Diese Antwort war Ben zu wenig. „Sie spielen mit unser aller Leben, Herr Journalist, nur weil Sie Ihre Story haben wollen!“
Sando übersetzte nur die erste Hälfte, denn er hatte das Gefühl, dass Ben nun unsachlich wurde. Überhaupt konnte der Streit durch die Übersetzungspausen nicht so richtig an Fahrt gewinnen – und das war sicher gut so.
Massef atmete nun durch und sagte etwas ruhiger: „So, Sie meinen also, ich bin eine Gefahr für alle, Herr Hakim? Was sagen denn die anderen dazu?“
Er blickte in die Runde.
Gregor meldete sich. „Also, ich sehe das so: Wenn wir nichts tun, ändern wir nichts, schweben aber weiter in Lebensgefahr. Dann ist es doch besser, wir unternehmen etwas.“
„Richtig! Der Meinung bin ich auch“, brummte Nabil.
Denise bewies ein weiteres Mal, dass sie in Extremsituationen erstaunlich kühl reagieren konnte. Sie sagte nur: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand und haben Sprengstoff in der Hand. Nutzen wir ihn!“
„Und Sando, was sagst du?“, wollte Massef wissen.
„Lassen Sie ihn, er ist noch viel zu jung für eine solche Entscheidung“, zirpte Ben und warf einen flehenden Blick auf den Jungen. „Bitte sei fair und sag ihnen das!“
Sando tat ihm den Gefallen. „Ben meint, ich sei zu jung, um mitzuentscheiden.“
„Aber alt genug, um mit uns zu sterben, wie?“, fragte Denise empört. „Sag schon deine Meinung, Sando.“
Die anderen nickten. Sando lief vor Aufregung rot an und begann ein wenig drucksend: „Na ja … ich verstehe Ben … und … ich denke, er hat Recht … wenn er sagt, dass keiner von uns wirklich einschätzen kann, was passieren wird … wenn wir das Material an die Medien geben. Andererseits … hab ich genug davon …“ Und nun sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus: „Ich meine, sie jagen uns wie die Hasen. Solange ich in Katharsia bin, bin ich auf der Flucht. Es muss doch mal ein Ende haben! Wir können doch nicht immerzu nur weglaufen. Ich denke, wir sollten anfangen, uns zu wehren.“
Denise starrte ihn begeistert an: „Na, das war doch eine klare Ansage, nicht wahr, Ben? Kannst du mich hören?“
Ben zirpte Sando zu: „Kannst ihnen sagen, dass ich mich geschlagen gebe.“
Alle atmeten auf und Massef setzte sich an seinen Computer. „Dann lasst uns einen Text schreiben, den wir mit den Fotos an die Presse geben. Am besten gleich der ,Katharsia TIMES‘ in New York.“
„Der ,Katharsia TIMES‘?“, fragte Denise ehrfürchtig.
Massef begann, in die Tasten zu hämmern, und sagte grimmig: „Wenn die etwas druckt, wird es auch wahrgenommen!“
Sando erhob sich. „Ihr braucht mich doch sicher nicht dabei.“
„Schon in Ordnung“, erwiderte Massef großzügig. „Ruh dich ein wenig aus.“
„Wieso ausruhen? Ich hab noch was vor.“
„Wie meinst du das?“ Denise wurde hellhörig. „Keine Dummheiten, Sando!“
„Ich werde Maria besuchen.“
Ihre Reaktion kam prompt: „Vergiss es, Sando! Das wirst du schön bleiben lassen.“
„Das sehe ich auch so“, mischte sich Massef ein. „Du kannst jetzt nicht einfach draußen herumspazieren.“
„Dann müsst ihr mich irgendwo festbinden“, sagte Sando trotzig. „Ich weiß nicht, was mit Maria los ist, aber sie braucht Hilfe – und ich werde sie nicht allein lassen bei diesem … Jamal al Din!“
„Ich sehe schon, es ist zwecklos, dir die Gefahr zu schildern, in die du hineinrennst. Du kennst sie ja selbst“, entgegnete Massef. „Keine Chance, dich ohne Gewaltanwendung hierzubehalten?“
„Keine Chance!“
„Bravo, Sando“, sagte Gregor leise.
„Und alles nur wegen irgendeines Weibsbildes“, knurrte Nabil. „Es ist immer das Gleiche!“
„Nicht irgendein Weibsbild, es ist Maria!“, gab Sando zurück.
Denise fragte sachlich in die Runde: „Und was machen wir jetzt? Gibt es Vorschläge?“
„Lasst uns zunächst den Text hier fertig machen und das Material abschicken. So viel Zeit muss sein“, meldete sich Massef. „Anschließend muss ich noch einmal in die Redaktion. Ich könnte Sando mitnehmen und am
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