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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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Moscheen, Friedhöfe und türkische Bäder; schwindelerregende Treppen führen in allen Richtungen durch das Labyrinth. Von der einen Million Einwohner Algiers leben beinahe zwanzig Prozent in diesem kleinen Viertel. In der Kasbah kann man freiwillig oder unfreiwillig ohne jede Spur untertauchen. Es war eine ideale Umgebung für eine Frau, die sich „die geheime Erwählte“ nannte.
    Leider war es auch ein idealer Platz, um sich zu verirren. Das Taxi brauchte zwar nur zwanzig Minuten von meinem Büro bis zum Palais de la Casbah am oberen Tor, aber dann lief ich eine Stunde lang herum wie eine Maus im Käfig. Ich versuchte es mit unzähligen gewundenen und steilen Gassen, landete aber früher oder später immer wieder am Friedhof der Prinzessinnen. Wen ich auch nach dem hiesigen Harem fragen mochte, starrte mich nur mit großen Augen an. Andere beschimpften mich unflätig, und noch andere wurden anzüglich. Wenn ich nach Mochfi Mochtar fragte, lachten die Leute nur.
    Am Ende war ich völlig erschöpft und hatte nichts erreicht. Enttäuscht beschloß ich, einen Besuch bei Therese auf dem Postamt zu machen. Es war zwar höchst unwahrscheinlich, daß die gesuchte Dame im Telefonbuch stand - in der Kasbah hatte ich keine Telefonleitungen bemerkt -, aber Therese kannte jeden in Algier. Jeden, nur nicht die bewußte Dame.
    „Wie kann jemand einen so lächerlichen Namen haben?“ fragte sie mich, ließ angerührt die Summer im Schaltschrank surren und bot mir Lutschbonbons an. „Meine Liebe, ich bin froh, daß Sie heute gekommen sind! Ich habe ein Telex für Sie ...“ Sie suchte in einer Mappe auf dem Regal ihrer Telefonzentrale. „Diese Araber“, murmelte sie, „bei denen geht alles nach dem Motto bad ghedua - 'Morgen ist auch noch ein Tag!’. Wenn ich versucht hätte, Ihnen das ins El-Riadh zu schicken, dann hätten Sie froh sein können, wenn es im nächsten Monat bei Ihnen angekommen wäre.“ Sie zog ein Telex hervor und reichte es mir strahlend. Dann flüsterte sie mir zu: "Es kommt zwar aus einem Kloster, aber ich bin sicher, es ist kodiert.“
    Natürlich, denn es stammte von Schwester Maria Magdalena aus dem Kloster St. Ladislaus in New York. Die Schwester hat sich wirklich viel Zeit zu einer Antwort gelassen, dachte ich ärgerlich. Ich warf einen Blick auf den Text und stöhnte innerlich über Nims Verrücktheiten:
    ERBITTE HILFE BEI NY TIMES KREUZWORTRÄTSEL STOP ALLES GELÖST BIS AUF FOLGENDE FRAGEN STOP GÄSTE STOP HÖFISCHE LIEBE IM DEUTSCHEN MITTELALTER STOP BERUF DER JÜNGER CHRISTI STOP REIM AUF WIEGE STOP GEFÄHRLICHER ZUSTAND STOP WERK VON TSCHAIKOWSKY (FRANZ.) STOP BUCHSTABEN 5-5-5-6-5-9
    UM ANTWORT WIRD GEBETEN STOP SCHWESTER MAGDALENA KLOSTER ST. LADISLAUS NY NY
    Wie schön - ein Kreuzworträtsel! Ich hasse Kreuzworträtsel, und das wußte Nim sehr gut. Er wollte mich quälen. Das hatte mir gerade noch gefehlt, eine idiotische Aufgabe vom König der Absurditäten.
    Ich dankte Therese für ihre Mühe und überließ sie wieder ihren Stöpseln und Kabeln. Aber mein Dechiffrierquotient mußte sich in den letzten Monaten verbessert haben, denn schon in Thereses Telefonzentrale fielen mir die ersten Lösungsworte ein. Deutsche Liebe im Mittelalter war natürlich „Minne“. Und die Frage nach dem Beruf der Jünger Christi beantwortete ich mit „Fischer“. Ich mußte die Antworten noch auf die von ihm vorgegebene Anzahl der Buchstaben untersuchen, aber, so wie es aussah, hatte er wenigstens das Rätsel auf ein schlichtes Gemüt, wie ich es war, zugeschnitten.
    Als ich gegen acht ins Hotel zurückkehrte, wartete noch eine Überraschung auf mich. In der einsetzenden Dämmerung entdeckte ich vor dem Hotel Lilys blaßblauen Corniche. Gepäckträger, Kellner und Küchenjungen standen staunend um den Rolls-Royce und fuhren andächtig mit dem Finger über das Chrom und das weiche Leder der Innenausstattung.
    Ich eilte an dem Wagen vorbei und versuchte mir einzureden, nicht gesehen zu haben, was ich gesehen hatte. In mindestens zehn Telegrammen hatte ich Mordecai beschworen, Lily nicht nach Algier zu schicken. Aber der Wagen war wohl kaum ohne die Besitzerin hierhergekommen...
    Als ich an der Rezeption meinen Zimmerschlüssel holen und meinen Auszug ankündigen wollte, kam der nächste Schock. An der Marmortheke des Empfangs lehnte attraktiv wie eh und je ‘mein Freund’ Scharrif, der Chef der Geheimpolizei, und unterhielt sich mit dem Empfangschef. Er entdeckte mich, ehe ich einen schnellen Rückzug

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