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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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nachdem man ihn auch aus England vertrieben hatte. Die Neue Welt entsprach seinen Erwartungen - aber nicht seinen Hoffnungen. Der französische Botschafter in den Vereinigten Staaten durchschaute Talleyrands ehrgeizige politische Ziele und wußte sehr wohl, daß man ihm Hochverrat vorwarf. Er versperrte ihm den Zugang zu Präsident Washington, und die Türen der Gesellschaft in Philadelphia hatten sich ihm ebenso schnell verschlossen wie in London. Nur Alexander Hamilton blieb sein Freund und Verbündeter, obwohl es ihm nicht gelungen war, Talleyrand eine Stellung zu verschaffen. Nachdem alle Mittel erschöpft waren, blieb ihm nichts anderes übrig, als Grundstücke an Einwanderer zu verkaufen. Davon konnte er zumindest leben.
    Während er jetzt auf seinen Spazierstock gestützt durch das wilde Gelände ging, um das Land in Augenschein zu nehmen, das er am nächsten Tag verkaufen würde, seufzte er und dachte über sein verpfuschtes Leben nach. Was ließ sich noch retten? Mit zweiundvierzig hatte er trotz der jahrhundertealten Familientradition und seiner hervorragenden Bildung nichts vorzuweisen. Mit wenigen Ausnahmen waren die Amerikaner Barbaren und Verbrecher, die von den zivilisierten europäischen Ländern ausgestoßen worden waren. Sogar die Oberschicht in Philadelphia besaß weniger Bildung als etwa ein Marat, der Arzt war, oder ein Danton, der Jura studiert hatte.
    Aber die meisten dieser Herren waren tot. Sie hatten an der Spitze der Revolution gestanden, um sie schließlich zu unterminieren. Marat ermordet; Camille Desmoulins und Georges Danton fuhren im selben Schinderkarren zur Guillotine; nicht besser erging es Hébert, Chaumette, Couthon, Saint-Just; Lebas harte sich erschossen, um der Verhaftung zu entgehen; und schließlich die Brüder Robespierre, Maximilien und Augustin: Ihr Tod bedeutete das Ende der Schreckensherrschaft. Ihn hätte dasselbe Schicksal ereilt, wenn er in Frankreich geblieben wäre. Aber jetzt war die Zeit reif, die Fäden wieder aufzunehmen. Er klopfte auf den Brief in seiner Tasche und lächelte. Er gehörte nach Frankreich in Germaine de Staëls Salon, um politische Intrigen zu spinnen. Er sollte nicht länger durch eine gottverlassene Wildnis hinken.
    Plötzlich fiel ihm auf, daß er nur noch das Summen der Bienen hörte. Er stieß das Markierungszeichen in den weichen Boden, spähte durch die Blätter und rief: „Courtiade, bist du noch da?“
    Keine Antwort. Talleyrand rief noch einmal, diesmal lauter. Aus den Büschen hörte er schließlich die mißmutige Stimme seines Dieners.
„Ja, Monseigneur - ich bin noch da... leider.“
Courtiade bahnte sich verdrießlich einen Weg durch das Gebüsch und trat auf die kleine Lichtung hinaus. Um den Hals hing ihm ein großer Lederbeutel.
Talleyrand legte seinem Diener den Arm um die Schulter, während sie langsam durch das Unterholz zu dem steinigen Weg zurückliefen, wo Pferd und Wagen auf sie warteten.
„Zwanzig Grundstücke“, sagte Talleyrand, „Mut, Courtiade, wenn wir sie morgen verkaufen, haben wir genug verdient, um nach Philadelphia zurückzukehren. Dann können wir unsere Schiffspassage nach Frankreich bezahlen.“
„In dem Brief von Madame de Staël steht demnach, daß Sie zurückkehren können?“ Über Courtiades unbewegtes und strenges Gesicht huschte eine Art Lächeln.
Talleyrand griff in die Tasche und zog den Brief heraus, auf den er so lange gewartet hatte. Courtiade sah die elegante Handschrift und die Briefmarken mit den Blumen und der Aufschrift „Republik Frankreich“.
„Wie üblich“, sagte Talleyrand und klopfte auf den Brief, „Germaine geht aufs Ganze. Kaum war sie wieder in Frankreich, hat sie ihren neuen Liebhaber - einen Schweizer namens Benjamin Constant - unter der Nase ihres Mannes in der schwedischen Botschaft etabliert. Mit ihren politischen Aktivitäten hat sie soviel Staub aufgewirbelt, daß man ihr vorgeworfen hat, eine monarchistische Verschwörung anzuzetteln und ihren Mann zu betrügen. Jetzt darf sie sich Paris nur bis auf dreißig Kilometer nähern, aber selbst von dort, wo sie jetzt ist, bewirkt sie wahre Wunder. Sie ist eine Frau von großer Macht und noch mehr Charme, die ich immer als meine Freundin betrachten kann...“ Er bedeutete dem Diener, den Brief zu lesen.
    Dein Tag ist gekommen, mon cher ami. Kehre bald zurück und ernte die Früchte der Geduld. Ich habe immer noch Freunde, die etwas zu sagen haben. Und sie werden sich an Deinen Namen und an die Dienste erinnern, die Du

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