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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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„Warum hat Solarin das getan?“
Lily sah mich an, und ihre grauen Augen wirkten beinahe farblos. Ihre Gedanken schienen sie selbst zu überraschen. „Solarin wußte, daß Fiske so nicht spielt“, sagte sie. Lily schwieg einen Augenblick, dann rekonstruierte sie noch einmal die Vorgänge. „Solarin bot Fiske einen Austausch der Damen an. Das wäre im Rahmen des Spiels nicht nötig gewesen. Es sah beinahe so aus, als wolle er Fiske auf die Probe stellen. Es ist allgemein bekannt, daß Fiske höchst ungern auf seine Dame verzichtet.“
„Ist Fiske auf den Austausch eingegangen?“ fragte ich.
„Nein“, sagte Lily nachdenklich, „das hat er nicht getan. Er hat seine Dame genommen und wieder zurückgestellt. Er versuchte zu tun, als sei es j'adoube.“
„Was ist j'adoube?“
„Ich berühre, ich rücke zurecht. Es ist durchaus möglich, im Verlauf eines Spiels eine Figur zurechtzurücken.“
„Also, worin liegt dann der Verstoß?“ fragte ich.
„Nun ja“, sagte Lily, „wenn man das tut, muß man j'adoube sagen, aber ehe man die Figur anfaßt und nicht, nachdem man sie bereits bewegt hat.“
„Vielleicht hat er nicht daran gedacht.. .“
„Er ist Großmeister“, erwiderte Lily und sah mich an. „Er hat daran gedacht.“
Lily starrte auf ihr kleines Schachspiel. Ich wollte sie nicht stören, aber inzwischen hatten alle den Raum verlassen, und wir waren allein. Ich blieb neben ihr sitzen und versuchte, mit meinen rudimentären Schachkenntnissen herauszufinden, was das alles bedeuten mochte.
„Willst du wissen, was ich glaube?“ fragte Lily schließlich. „Ich glaube, Großmeister Fiske betrügt. Er ist an einen Sender angeschlossen.“
Wenn ich damals gewußt hätte, daß Lily den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, wären die folgenden Ereignisse vielleicht noch beeinflußbar gewesen. Aber wie hätte ich zu diesem Zeitpunkt ahnen können, was wirklich geschah, als Solarin nur drei Meter von mir entfernt seinen Gegner über das Schachbrett hinweg ansah?
    Solarin blickte auf das Schachbrett, als es ihm plötzlich auffiel. Zuerst sah er es nur aus dem Augenwinkel. Aber beim dritten Mal entging es ihm nicht, und er sah den Zusammenhang mit dem Zug. Fiske faltete jedesmal die Hände im Schoß, wenn Solarin seine Uhr anhielt und Fiskes Uhr lief. Beim nächsten Zug beobachtete Solarin Fiskes Hände, und von da an ließ er den Ring nicht mehr aus den Augen.
    Fiske stand mit einem Sender in Verbindung, daran zweifelte er nicht mehr. Solarin spielte gegen einen unsichtbaren Gegner. Dieser Jemand saß nicht im Raum; Fiske war nur eine Marionette. Solarin warf einen Blick auf seinen KGB-Mann, der in der letzten Reihe saß. Er mußte sich schnell entscheiden: Ging er auf das Falschspiel ein, konnte er das Spiel verlieren und mußte ausscheiden. Aber Solarin wollte unter allen Umständen herausfinden, wer hinter Fiske stand und warum.
    Solarin begann, ein gefährliches Schach zu spielen, um an Fiskes Reaktionen eine mögliche Strategie ablesen zu können. Damit geriet Fiske in Bedrängnis. Dann kam Solarin auf die Idee, den Austausch der Damen zu erzwingen, der nichts mit dem bisherigen Spielverlauf zu tun hatte. Er zog seine Dame in die entsprechende Position und bot sie ohne Rücksicht auf die Folgen zum Austausch an. Er wollte Fiske zwingen, selbst zu spielen oder einzugestehen, daß er betrog. Da verlor Fiske die Nerven.
    Im ersten Augenblick hatte es den Anschein, als werde Fiske den Austausch der Damen akzeptieren und Solarins Dame schlagen. Dann konnte Solarin sich an die Richter wenden und das Spiel abbrechen. Er würde nicht gegen einen Automaten spielen oder gegen einen anonymen Sender, mit dem Fiske in Verbindung stand. Aber Fiske überlegte es sieh anders und sagte statt dessen j'adoube. Solarin sprang auf und beugte sich zu Fiske hinüber.
    „Was zum Teufel machen Sie denn?“ flüsterte er. „Wir unterbrechen das Spiel, bis Sie wieder bei Verstand sind. Ist Ihnen klar, daß der KGB dort hinten sitzt? Wenn die ein Wort davon erfahren, dann ist es um Sie geschehen.“
    Solarin rief mit einer Geste den Richter und hielt mit der anderen Hand die Uhren an. Er erklärte dem Richter, Fiske fühle sich nicht wohl und werde seinen nächsten Zug versiegeln.
„Und ich hoffe, es ist dann eine Dame, Sir“, murmelte er, wieder über Fiske gebeugt. Fiske hob den Kopf nicht. Er drehte den Ring am Finger, als sitze er zu fest. Solarin verließ eilig den Raum.
Draußen näherte sich ihm der KGB-Mann mit einem

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