Katherine Neville - Das Montglane-Spiel
heraus. Es war eine windige Pinzette.
„Neigen Sie den Kopf und halten Sie ihn völlig still. Ich möchte Ihnen nicht das Trommelfell beschädigen.“
Fiske tat, wie befohlen. Er schien beinahe erleichtert, sich Solarin zu überlassen, ohne sich zu fragen, wieso ein Schachgroßmeister die Fähigkeit besaß, ihm einen Geheimsender aus dem Ohr zu entfernen. Solarin beugte sich über Fiskes Ohr und zog mit der Pinzette einen winzigen Gegenstand heraus. Er war nicht viel größer als ein Stecknadelkopf.
„Aha“, murmelte Solarin, „sie sind nicht so klein wie unsere. Nun sagen Sie mir, mein lieber Fiske, wer hat Ihnen das eingesetzt? Wer steht dahinter?“ Er ließ den kleinen Sender auf seine Handfläche fallen.
Fiske setzte sich abrupt auf und sah Solarin an. Ihm schien erst jetzt klarzuwerden, wer Solarin eigentlich war - nicht nur ein Schachspieler, sondern ein Russe. Er hatte einen KGBLeibwächter, der das unmißverständlich unterstrich.
„Sie müssen es mir sagen. Das verstehen Sie doch?“ Solarin richtete seinen Blick auf Fiskes Ring. Er griff nach seiner Hand und betrachtete ihn genau. Aus Fiskes Augen sprach nackte Angst.
Es war ein übergroßer Siegelring mit einem Wappen aus einem goldähnlichen Metall. Das Wappen war eingesetzt. Solarin drückte leicht darauf, und ein leises surrendes Klicken ertönte, das selbst auf die kurze Entfernung kaum hörbar war. Fiske konnte auf diese Weise nach einem Code den letzten Zug übermitteln, und seine Helfershelfer funkten ihm den nächsten Zug über den Sender im Ohr.
„Hat man Sie davor gewarnt, den Ring vom Finger zu ziehen?“ fragte Solarin. „Er ist groß genug für eine Sprengkapsel.“
„Eine Sprengkapsel!“ rief Fiske.
„Die Explosion könnte stark genug sein, um beinahe den ganzen Raum hierin die Luft zu jagen“, erwiderte Solarin lächelnd, „zumindest den Teil, in dem wir uns befinden. Sie sind ein Agent der Iren? Die sind sehr gut im Entwickeln von winzigen Bomben. Haben Sie schon einmal etwas von Buchstabenbomben gehört? Ich muß es ja wissen, denn die meisten ihrer Agenten sind in Rußland ausgebildet worden.“ Fiskes Gesicht war plötzlich grün, aber Solarin sprach weiter: „Ich habe keine Ahnung, was Ihre Freunde beabsichtigen, mein lieber Fiske. Aber wenn ein Agent meine Regierung verrät, so wie Sie die Leute verraten haben, für die Sie arbeiten, wird er schnell und gründlich zum Schweigen gebracht.“
„Aber... ich bin doch kein Agent!“ rief Fiske.
Solarin sah ihn prüfend an und lächelte dann. „Ja, ich glaube Ihnen. Mein Gott, aber da waren ziemliche Pfuscher am Werk.“ Fiske rieb sich nervös die Hände, und Solarin dachte nach.
„Hören Sie zu, Fiske“, sagte er, „Sie haben sich auf ein gefährliches Spiel eingelassen. Wir können hier jeden Augenblick gestört werden, und dann wären wir beide in Lebensgefahr. Mit den Leuten, die Sie zu dieser Sache überredet haben, ist nicht zu spaßen. Verstehen Sie mich? Sie müssen mir alles sagen, und zwar schnell. Nur dann kann ich Ihnen helfen.“ Fiske blickte unbehaglich zu Boden, als wolle er gleich anfangen zu weinen. Solarin legte dem älteren Mann freundlich die Hand auf die Schulter.
„Jemand, der dieses Spiel gewinnen möchte, hat Kontakt mit Ihnen aufgenommen. Sie müssen mir sagen, wer es ist und warum man das getan hat.“
„Der Institutsleiter...“ Fiskes Stimme zitterte. „Vor vielen Jahren... wurde ich krank und konnte nicht mehr Schach spielen. Die englische Regierung verschaffte mir an einer Universität eine Stelle als Mathematikdozent. Es handelte sich um eine Art Stipendium der Regierung. Vor einem Monat erschien der Leiter des Instituts bei mir und forderte mich auf, mit ein paar Leuten zu sprechen. Ich weiß nicht, wer diese Leute waren. Sie erklärten mir, es sei im Interesse der nationalen Sicherheit, daß ich an diesem Turnier teilnehme. Es wäre keine Anstrengung für mich damit verbunden ...“ Fiske lachte bitter und sah sich gehetzt im Raum um. Er drehte heftig den Ring am Finger.
„Es sollte keine Anstrengung für Sie damit verbunden sein“, wiederholte Solarin ruhig, „denn nicht Sie würden spielen. Sie würden nur den Anweisungen eines anderen folgen. Ist es so?“
Fiske nickte, und die Tränen standen ihm in den Augen. Er mußte mehrmals schlucken, ehe er weitersprechen konnte. Es sah aus, als werde er im nächsten Augenblick zusammenbrechen.
„Ich habe ihnen gesagt, ich könnte das nicht. Sie sollten sich einen anderen suchen“,
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