Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
und spürte, wie Panik in mir aufstieg.
Nachdem ich mir alles angehört hatte, sagte ich: »Nein, ich kann es nicht tun.« Seine Antwort werde ich nie vergessen. »Ich glaube, sie ist bereit, aber Sie sind es noch nicht.«
Und das stimmte. Ich konnte es einfach nicht über mich bringen.
An der Theke kaufte ich noch optimistisch eine große Tüte von Katies Lieblingstrockenfutter.
Zu Hause angekommen trug ich eine schläfrige Katie durch die Lobby zum Aufzug. Doch sobald wir in unserem Flur waren, wurde sie lebhafter und wand sich aus meinen Armen. Es drängte sie zu Pearls halb offener Tür. Früher hätte sie die Tür mühelos mit beiden Pfoten aufgestoßen, jetzt aber kratzte sie nur schwach daran und hechelte.
Vor ein paar Tagen hatte ich unbedingt mit jemandem über die Notwendigkeit reden müssen, Katie einschläfern zu lassen. Ich hatte mich an meinen langjährigen Freund Paul gewandt, den ich an dem Konservatorium kennengelernt hatte, wo wir beide Klavier studierten. Er war bei der Musik geblieben, und ich hatte mich dem Schreiben zugewandt.
Paul war eine sehr ruhige, stete Kraft in meinem Leben. Im Herzen war er Philosoph, und in dieser schweren Zeit unterstützte er mich sehr. Er hatte mir angeboten, aus Boston herzukommen und mir ein paar Tage zur Seite zu stehen.
Granny betete Paul an, der sehr gut aussah und in seiner Freizeit viel Sport trieb. Wenn er mich im Sommer besuchte, redeten die beiden oft stundenlang und unternahmen Händchen haltend ausgedehnte Spaziergänge am Hudson. Auch Katie liebte Paul und konnte stundenlang mit dem Kopf auf seinem Fuß oder seinem Bauch dösen. Wenn er zu Besuch war, wollte sie meist nicht in meinem Bett schlafen.
Paul hatte ebenfalls einen Hund besessen, seine geliebte Cleo, einen Labrador-Dobermann-Mischling. Da er sie zwei Jahre zuvor hatte einschläfern lassen müssen, verstand er, wie quälend ein solcher Entschluss für den Tierhalter war; wir hatten oft am Telefon darüber gesprochen.
»Wie geht’s?«, flüsterte Paul, als er an jenem Tag mit seinem Rucksack und einer kleinen Schachtel Hundekuchen vor meiner Tür stand. Er wirkte wie immer, und ich freute mich sehr, ihn zu sehen. Katie lag unter dem Beistelltisch im Wohnzimmer und schlug ein Auge auf, als Paul hereinkam. Als sie seinen Geruch erkannte, wedelte sie mit dem Schwanz.
»Hallo, Mädchen«, sagte Paul und bückte sich, um mit ihr zu spielen. Doch sie war viel zu kraftlos und schleckte ihm nur ausgiebig die Wange ab.
»Puh!«, ächzte Paul, überrascht von der drastischen Verschlechterung von Katies Zustand. Er hatte sie vor achtzehn Monaten das letzte Mal gesehen. »Das ist aber eine müde kleine Soldatin!«
Sie schlief auf seinem Schoß ein.
»Weißt du«, meinte Paul und streichelte ihr sanft den Kopf, »sie erinnert mich an ein paar sehr alte Menschen, die ich bei meiner Arbeit in einem Pflegeheim kennengelernt habe. Wenn sich Menschen ihrem Ende nähern, senkt sich eine Art dünner Schleier zwischen sie und der alltäglichen Wirklichkeit. Sie reagieren nur noch langsam und nicht ganz richtig – fast, als stünden sie schon mit einem Fuß auf der anderen Seite. Und so, wie ich Katie wahrnehme«, fuhr er fort, »ist sie bereit zu gehen. Ich hätte es an deiner Stelle wahrscheinlich nicht so weit kommen lassen.«
Ich erzählte ihm, was diesen Vormittag beim Tierarzt passiert war. Er konnte verstehen, warum ich meine Meinung geändert hatte; doch bei unserem Gespräch kam ich zu der Einsicht, dass ich die falsche Entscheidung getroffen hatte.
»Weißt du, was? Morgen früh werde ich es noch einmal versuchen, wenn du mitkommst. Ich glaube, du hast recht. Es ist Zeit.«
»Die Entscheidung liegt bei dir«, sagte Paul und legte den Arm um meine Schulter. »Ich bin da.«
An jenem Abend schien Katie beseelt von neuen Kräften. Deshalb beschlichen mich wieder Zweifel. Wir aßen zusammen bei Granny zu Abend – Paul, Naia, Lee und ich. Es war ein angeregter, froher Abend wie in alten Zeiten. Ich hielt Katie auf meinem Schoß fest, während Granny sie mit Hühnerstückchen, etwas Reis, Toast und Kuchen fütterte. Obwohl Katie nichts sah, herrschte sie mit gewohnter Autorität über den Esstisch und hatte einen guten Appetit. Sie schleckte Granny sogar noch etwas Kuchenglasur von den Fingern.
Am nächsten Morgen hatte sich Katie unter der dicken Daunendecke vergraben, presste sich an meine Brust, warm wie ein kleiner Ofen, und schnarchte leise. Ihre feuchte schwarze Nase hatte sie fest an
Weitere Kostenlose Bücher