Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
alle meine Röcke zu kürzen, nur um dann herauszufinden, dass man sie in der nächsten Saison wieder länger trägt. Gemma würde, was das betrifft, über Leichen gehen, um in die Zukunft sehen zu können.
Rod geleitete mich wieder hinaus. »Lassen Sie sich von denen nicht verunsichern. Es ist bei uns ein ungeschriebenes Gesetz, sie nicht nach Dingen wie zum Beispiel den Lottozahlen oder dem Ausgang irgendwelcher sportlicher Wettkämpfe auszufragen. Wenn sie einem spontan etwas sagen, lohnt es sich aber in der Regel, sie beim Wort zu nehmen.«
»Okay. Dann nehme ich den Bus.«
Er blieb in der Mitte des Gangs stehen und rieb sich eine Weile gedankenverloren die Hände. »Mal sehen. Sam vom Gebäudeschutz haben Sie schon kennen gelernt. Er redet schon seit Tagen von Ihnen. Ich glaube, er ist ein bisschen in Sie verknallt. Was muss ich Ihnen sonst noch zeigen?«
Ich versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken, dass ein steinerner Dämon in mich verknallt sein könnte. Wie gruselig würde es noch werden, falls sich herausstellte, dass ich solche Typen anzog? Ich konzentrierte mich stattdessen auf Rods Frage. »Wie war’s mit meinem Büro? Und so wichtigen Kleinigkeiten wie dem Pausenraum, der Toilette und so was?«
»Das machen wir heute Nachmittag. Es sei denn, Sie müssen jetzt zur Toilette?« Ich schüttelte den Kopf. »Gut, dann bringe ich Sie jetzt besser zum Chef hoch.«
»Das ist Mr. Mervyn, stimmt’s?«, fragte ich, als mir der Name wieder einfiel, den Owen genannt hatte. »Ist das der Herr, der auch bei meinem Vorstellungsgespräch war?«
»Ja, das ist er. Und ich kann Ihnen sagen, dass Sie ihn ganz schön beeindruckt haben.« Wir kamen anscheinend zu einem der Türme des Gebäudes, denn vor uns führte plötzlich eine lange Treppe spiralförmig nach oben. Ich hatte noch gar nicht angefangen, mich davor zu fürchten, diese Treppe bis ganz nach oben hochsteigen zu müssen, als Rod die Mittelsäule der Treppe antippte und die Stufen sich wie bei einer Rolltreppe nach oben bewegten.
»Ist das Zauberei?«, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, reine Mechanik. Sie ist neu. Der Chef ist ein Bastler, und er hasst das Treppensteigen. Diese Lösung erschien ihm weitaus interessanter als ein Aufzug. Aber ich vermute, dass bei der Erfindung auch ein wenig Magie im Spiel war.«
Wir betraten die sich spiralförmig nach oben windende Rolltreppe, die uns in einem luxuriösen Büro absetzte. Dort gab es einen Empfangsbereich mit einer Fee, die hinter einem riesigen Mahagonischreibtisch über einem Stuhl schwebte. Hinter ihr ragte eine reich verzierte zweiflügelige Tür auf, und seitlich davon schien noch ein anderes Büro zu sein. »Oh, gut, dass Sie da sind«, sagte die Fee, als wir näher traten. »Er wartet schon auf sie.«
Die Türen schwangen auf, und wir traten in das Büro des Chefs. Es sah ziemlich genau so aus wie alle Büros von Geschäftsführern, die ich je gesehen hatte – nicht dass ich viele davon zu Gesicht bekommen hätte. Teure Möbel, dicke Teppiche und geschmackvolle Kunstwerke an den Wänden. Aber irgendwie hatte ich den Eindruck, dass diese Möbel hier echt antik waren und keine modernen Reproduktionen. Die gegenüberliegende Wand war komplett verglast und ging auf die City Hall und den Park hinaus, während die angrenzende Wand einen schönen Blick über die Brooklyn Bridge bot.
Ich hätte nicht eingeschüchtert sein sollen, weil ich gleich dem Chef gegenübertreten würde, aber ich war es trotzdem. Mein Vater war in unserem Laden auch der Geschäftsführer gewesen, aber er war eben einfach Dad. Bei meinem letzten Job hatte ich den obersten Boss nie kennen gelernt. Die Zeitungen standen voll mit Artikeln über extrem wohlhabende, mächtige Männer, die so eine niedere Charge wie mich niemals auch nur bemerken würden. Plötzlich fühlte ich mich wie ein Kind, das in das Büro des Schulleiters zitiert worden war. Ob ich mich wohl verbeugen oder einen Knicks machen sollte? Nach dem, was ich von anderen Führungskräften gehört hatte, war es durchaus nicht ausgeschlossen, dass ich mich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden werfen und in rhythmischen Abständen »Ich bin Ihrer nicht würdig« singen musste.
Der distinguierte alte Herr, der während meines Vorstellungsgesprächs Hofgehalten hatte, kam um seinen Schreibtisch herum, um uns zu begrüßen. »Meine liebe Miss Chandler«, sagte er und nahm meine beiden Hände in seine. Dann schaute er zu Rod hoch. »Danke, dass Sie sie
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