Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
mir gebracht haben, Rodney. Wir sehen uns dann beim Lunch.« Rod sah nicht eben beglückt aus über diese Entlassung, doch er nickte und ging hinaus. Die Türen schlossen sich hinter ihm. »Bitte, setzen Sie sich.« Mr. Mervyn führte mich zu einem Sofa, das über Eck ging, damit man von dort aus den schönen Ausblick aus beiden Fenstern genießen konnte.
»Ich freue mich, dass Sie sich entschieden haben, zu uns zu kommen, obwohl ich schon wusste, dass Sie es tun würden«, sagte er. Der alte Herr sagte dies mit einer Bestimmtheit, die mir anzeigte, dass er es wirklich schon gewusst hatte. Nicht weil er es geraten hätte oder weil er gewusst hätte, wie ich reagiere, sondern weil er es vorhergesehen hatte. Jetzt fiel mir wieder ein, was Rod über die gesagt hatte, die in die Zukunft sehen konnten.
»Das Angebot kam für mich genau zur rechten Zeit«, sagte ich.
»Und Sie kamen für uns ebenfalls genau zur rechten Zeit. So ist es für alle ein Gewinn.« Sein Lächeln war warmherzig und echt, was ihn weniger einschüchternd wirken ließ. »Ich muss mich für die recht abrupte Art und Weise entschuldigen, in der wir Ihnen unser Unternehmen vorgestellt haben, und ich hoffe, das heute Morgen korrigieren zu können. Zunächst einmal habe ich es versäumt, mich selbst vorzustellen. In der modernen englischen Sprache lautet mein Name Ambrose Mervyn, und ich bin der Geschäftsführer von MMI. Diese Position bekleidete ich bereits vor langer Zeit einmal und bin dann in den Ruhestand gegangen. Doch kürzlich kehrte ich daraus zurück, um meine alte Stellung wieder einzunehmen und dabei behilflich zu sein, das Unternehmen durch schwierige Zeiten zu steuern.«
»Die Unternehmen aus der magischen Welt leiden bestimmt auch unter der Wirtschaftskrise«, sagte ich mit einem wissenden Kopfnicken. Insgeheim grübelte ich aber noch darüber nach, was es wohl zu bedeuten hatte, dass Ambrose Mervyn die moderne englische Version seines Namens sein sollte.
»Ja, das ist wohl wahr«, erwiderte er. Doch dabei klang er so, als wäre ihm das eben erst aufgegangen. Jetzt fragte ich mich, was er denn in Wirklichkeit gemeint hatte.
»Ich mache mich also genau in dem Moment wieder mit dem Unternehmen vertraut, in dem Sie es überhaupt erst kennen lernen. Heute ist vieles ganz anders als zu meiner Zeit.« Nun lag Wehmut in seiner Stimme, und er wirkte kurz abwesend. Ich stellte mir vor, dass er einen Alterssitz in Vermont besaß, den er hatte verlassen müssen. »Das Unternehmen ist beträchtlich gewachsen und hat seine Aktivitäten in die Neue Welt verlegt. Das bedeutet eine ganz schöne Umstellung für mich.« Streich das Ferienhaus in Vermont und verleg es in die englischen Cotswolds. Aber diese Firma sah überhaupt nicht modern aus. Nach ihrem Aussehen zu urteilen, musste sie schon mindestens hundert Jahre in New York bestehen. Ich beschloss, nicht zu viel darüber nachzudenken, da ich sonst garantiert Kopfschmerzen bekam.
»Meine Rolle hier hat sich ebenfalls verändert«, fuhr er fort. »Zu meiner Zeit dachten wir nicht so unternehmerisch. Wir waren eher auf das konzentriert, was man heute Forschung und Entwicklung nennt.« Das erklärte seine offensichtliche Vorliebe für Owen. Was Owen tat, kannte und verstand er, während ihm Sinn und Zweck einer Personalabteilung völlig fremd waren. Wie alt war dieser Mann denn?
»Dementsprechend weiß ich nicht, wie viele Ihrer Fragen ich überhaupt beantworten kann, aber das soll Sie nicht hindern, sich jederzeit mit einer Frage an mich zu wenden. Einstweilen würde ich gern mehr über Sie erfahren.«
»Was möchten Sie denn wissen?«
»Erzählen Sie mir einfach von sich.«
»In Ordnung. Ich bin aus Texas, was Sie bereits wissen, da wir während des Vorstellungsgespräches darüber gesprochen haben.« Ich überlegte einen Augenblick lang, ob ich ihm erklären sollte, wo Texas lag, aber das wusste er bestimmt, selbst wenn er kein Amerikaner war. Zumindest konnte er es ja nachschlagen. »Ich habe in einer Kleinstadt irgendwo mitten in der Pampa gelebt. Meine Familie hat dort einen Betrieb, der Bauern mit solchen Dingen wie Saatgut, Düngemittel und Tierfutter versorgt.« Er lächelte und sah aus, als wusste er genau, wovon ich redete.
»In diesem Laden hab ich schon gearbeitet, seit ich klein war. So viel Ahnung meine Eltern auch von der Landwirtschaft haben mögen, geschäftstüchtig sind sie nicht gerade. Also war ich es am Ende, die den Laden mehr oder weniger geführt hat. Dann bin ich
Weitere Kostenlose Bücher