Katie Chandler 02 - Alles ausser Hex-ok-neu
rausgekommen. Sie fanden Dallas schon riesig und einschüchternd. Ich konnte mir nicht vorstellen, sie in Manhattan frei herumlaufen zu lassen. Es würde nicht ausreichen, ihnen einen U-Bahn-Plan in die Hand zu drücken und ihnen viel Spaß zu wünschen.
Ich fragte mich, ob ich mich wohl aus der Affäre ziehen könnte, indem ich sie für eine dieser ganztägigen Bustouren anmeldete, bei denen man durch alle Stadtteile kutschiert wurde. Ob das wohl so aussah, als wollte ich sie loswerden? Oder doch eher so, als wäre ich eine pflichtbewusste Tochter, die ihnen eine erstklassige Behandlung angedeihen ließ? Wenn jetzt noch eine Bedrohung aus der magischen Welt dazukam, würden die Dinge ein wenig zu kompliziert werden, als dass ich hoffen konnte, da heil wieder rauszukommen.
»Sie ist sprachlos«, sagte Mom zu Dad, der gewöhnlich in der Nähe stand, wenn sie mit mir telefonierte. Keine Ahnung, weshalb sie sich kein Telefon mit Lautsprecher besorgten. Zu mir sagte sie dann: »Mach dir keine Sorgen, dass du uns eine Woche lang beherbergen musst. Ich weiß ja, dass eure Wohnung klein ist. Wir schlafen im Hotel.«
Mir war klar, dass es sich eigentlich gehört hätte, zu protestieren und darauf zu bestehen, dass sie bei uns wohnten. Aber wenn man Marcias Schlafsofa im Wohnzimmer ausklappte, war eigentlich jeder Zentimeter der Wohnung bereits ausgefüllt. Theoretisch konnten wir noch jemanden in der Badewanne unterbringen, aber das würde bestimmt auch zu Peinlichkeiten führen, es sei denn, derjenige war ein Frühaufsteher. »Ich reserviere euch ein Hotelzimmer hier in der Nähe, das nicht so teuer ist, aber trotzdem sauber und sicher«, erwiderte ich. »Wann kommt ihr denn?«
»Sie besorgt uns ein Hotel«, sagte sie zu meinem Vater und dann wieder zu mir: »Wir dachten uns, wir könnten doch über Thanksgiving kommen. Dann würden wir montags hinfliegen und am Montag darauf wieder zurück. Es wird doch hoffentlich nicht zu schwierig, ein Hotel zu finden, oder? Bei all den Leuten, die wegen der Parade da sein werden?«
»Das weiß ich nicht, ich werd’s einfach versuchen.« Mir schwirrte der Kopf bei der Vorstellung, dass meine Eltern auch nur in die Nähe meiner verrückten Welt kamen. Das ganz normale New York würde schon abenteuerlich genug für sie sein. Das magische New York jedoch könnte sie um den Verstand bringen. Nicht dass sie es notwendigerweise sahen, aber das wollte ich lieber gar nicht erst riskieren.
»Wenn man die Parade sehen will, muss man sich wahrscheinlich ganz schön früh anstellen, oder?«
»Glaub schon. Ihr seht sie euch besser im Fernsehen an.«
»Dann ist es ja genauso, als wären wir zu Hause. Aber wir könnten bei euch ein Thanksgiving Dinner kochen. Für dich und Marcia und Gemma. Wäre das nicht schön?«
Es klang jedenfalls schön, irgendwie. Es klang aber zugleich auch nach etwas, das mich an den Rand des Wahnsinns bringen konnte. Mir blieb genau eine Woche, um mich vorzubereiten. Wenn ich diese Ermittlung zügig vorantrieb, konnte ich unseren Spion vielleicht vorher noch dingfest machen, MMI ein weiteres Mal retten und mir so einen freien Tag verdienen, während meine Eltern in der Stadt waren. Ich stellte mir vor, wie ich am nächsten Morgen eine plötzliche Erleuchtung haben, eine Belegschaftsversammlung einberufen und vor ihr die Beweislage ausbreiten würde, bis mein Auftritt schließlich in der dramatischen Überführung des Übeltäters gipfelte, genau wie bei Sherlock Holmes. Ich war Jessica Fletcher aus Mord ist ihr Hobby, nur ein bisschen besser angezogen und mit weniger Todesopfern im Kreis meiner Freunde und Nachbarn.
»Ich werd euch gleich morgen ein Zimmer reservieren«, sagte ich. »Gebt mir noch eure genaue Ankunftszeit durch, damit ich euch vom Flughafen abholen kann.«
»Ach, du musst dir doch nicht extra Umstände machen.«
»Das sind keine Umstände«, erwiderte ich. Es würde wesentlich leichter sein, sie vom Flughafen abzuholen, als sie in der Leichenhalle zu identifizieren oder überall »Vermisst«-Schilder aufzuhängen, wenn sie erst zu einem freundlich und harmlos wirkenden Taxifahrer ohne Lizenz ins Auto gestiegen waren. Ich war nicht sicher, ob meine Mutter oder mein Vater schon jemals auf einem Flughafen gewesen waren, also würden sie sich da auch nicht zurechtfinden.
»Ich kann es gar nicht erwarten, dich wiederzusehen, Kleines«, sagte Mom. »Ich vermisse dich so.«
»Ich euch auch. Also dann: Bis nächste Woche, würde ich sagen.«
Als
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