Katie Chandler 02 - Alles ausser Hex-ok-neu
Gemma nach Hause kam, saß ich noch immer in einer Art Schockstarre auf dem Sofa. »Ich hasse Geschäftsessen«, jammerte sie, während sie Mantel und Schal aufhängte. Dann drehte sie sich um und sah mich. »Was ist passiert?«
»Meine Eltern kommen über Thanksgiving.«
»Und warum guckst du dann, als hätten sie dir gerade erzählt, euer Hund wäre gestorben?«
Ich schüttelte den Kopf, um ihn wieder klar zu kriegen. Natürlich konnte ich Gemma nicht vollständig erklären, wo mein Problem lag, also würde sie meine Sorgen auch nicht nachvollziehen können.
»Ich bin vor allem ganz geplättet. Sie haben mir so oft erzählt, wie schrecklich es hier sein müsste, dass ich nicht glauben kann, dass sie freiwillig kommen wollen. Und ihr Timing ist nicht gerade ideal. Im Büro wartet gerade ein Riesenprojekt auf mich, das heißt, ich kann mir nicht freinehmen, um ihnen die Stadt zu zeigen.«
»Ich muss nächste Woche nicht viel arbeiten.
Dann kann ich zumindest einen Tag lang den Touri-Führer für dich geben.«
»Echt?« Gemma würde das großartig machen, und obwohl sie, ohne es zu wissen, mit einem Typen zusammen war, der mehrere Jahrzehnte in einen Frosch verzaubert gewesen war, war ihre Welt normaler als meine.
»Klar. Das wird bestimmt lustig. Ich mag deine Eltern.« Plötzlich grinste sie. »Deine Mutter hat nicht zufällig vor, an Thanksgiving ein großes Essen zu machen, oder?«
»Das ist bereits fest eingeplant. Wenn sie die Küche sieht, bekommt sie bestimmt eine Nervenkrise, aber sie will nun mal partout ein großes Familientreffen.«
»Versteh mich nicht falsch, dein Thanksgiving Dinner vom letzten Jahr war großartig, aber ich denke immer noch liebend gern an das Jahr zurück, in dem ich vom College aus über Thanksgiving mit zu euch gefahren bin. Deine Mutter kocht phantastisch.«
»Und sie wird dich mit dem größten Vergnügen bekochen.«
In dem Moment kam Marcia zur Tür rein. Ihre leuchtenden Augen verrieten, dass sie keineswegs wegen eines Meetings so spät nach Hause kam, sondern wegen ihres Freundes Jeff. Auch Jeff war in seiner Vergangenheit zumindest mal in die Nähe eines Daseins als Frosch gerückt. Er war zwar nie wirklich in einen verwandelt worden, aber er hatte eine Zeit lang in dem festen Glauben gelebt, genau das wäre passiert.
»Rate mal, wer nächste Woche kommt?«, fragte Gemma sie, noch bevor sie abgelegt hatte.
»Wer denn?«
»Katies Eltern.«
Marcia strahlte. »Und Mrs. Chandler bekocht uns an Thanksgiving?«
»Sie hat es jedenfalls vor«, antwortete ich. Es sagte ja einiges über die Kochkünste meiner Mutter aus, dass keine meiner Mitbewohnerinnen sich bislang erkundigt hatte, wo meine Eltern denn unterkommen wollten. Um etwas vom Kürbiskuchen meiner Mutter abzukriegen, hätten sie wahrscheinlich beide freiwillig in der Badewanne geschlafen. Doch bevor sie mir das vorschlagen konnten, erklärte ich: »Ich werde zusehen, dass ich ein Hotelzimmer für sie reservieren kann. Und dann muss ich schauen, ob ich einen Tag freibekomme. Vielleicht kann ich ja halbtags arbeiten, während sie da sind.«
»Wegen des Feiertags wird in der Woche doch ohnehin keiner richtig was zustande kriegen«, sagte Marcia. »Glaubst du, sie macht dieses süße Kartoffelzeugs mit den kleinen Marshmallows?«
Am nächsten Morgen war ich innerlich noch immer so mit dem bevorstehenden elterlichen Besuch beschäftigt, dass mein Herz fast vergessen hätte zu flattern, als ich Owen vor dem Haus auf mich warten sah. Er begrüßte mich mit einem herzlichen Lächeln und sah mich dann besorgt an: »Was ist passiert?«
»Ach, nichts. Es ist nichts passiert. Ich hab nur gerade nachgedacht.«
Er hielt den üblichen kleinen Abstand zu mir, während er neben mir herging. »Worüber denn?«
»Meine Eltern haben gestern Abend angekündigt, dass sie mich über Thanksgiving besuchen kommen wollen.«
»Ist doch toll.« Dann zögerte er und fragte: »Oder nicht?«
»Doch schon. Aber ich hab gerade so viel zu tun, wegen dieser Ermittlung und alldem, und ich weiß nicht, ob ich mir extra für sie frei nehmen kann.
Streng genommen darf ich bislang noch gar keinen Urlaub einreichen. Aber meine Eltern sollte man in dieser Stadt wirklich nicht allein lassen, glauben Sie mir. Ich weiß nicht, für wen das gefährlicher wäre, für sie oder für den Rest der Stadt.«
»Ach, der Chef kennt die Urlaubsregelungen in unserer Firma doch wahrscheinlich nicht einmal«, gab Owen mit einem ironischen Grinsen zurück.
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