Katrin Sandmann 02 - Kinderspiel
Luxusapartment veranstaltete, waren äußerst beliebt und erfolgreich. Da er seine Idee über die Stadtgrenzen von Düsseldorf hinaus vermarkten wollte, ließ er sich von Peter Wickerts Firma eine Homepage kreieren. Katrin hatte die dazugehörigen Fotos geschossen. Zu diesem Zweck hatte sie auf einer gestellten Singleparty glückliche Gesichter und innige Blicke knipsen müssen. Jetzt würde sie die Bilder noch ein wenig aufpeppen, damit sie auch wirklich aussahen, als befänden sich alle Teilnehmer bereits im siebten Himmel.
Katrin war zunächst nicht gerade begeistert gewesen, als Peter sie wegen der Sache anrief. Sie verabscheute die Geschäftemacherei mit den Gefühlen anderer Menschen. Aber allmählich begann ihr der Auftrag doch Spaß zu machen; denn obwohl sie eigentlich altmodisch war, das mechanische Klicken ihrer Spiegelreflexkamera liebte, den Geruch nach Entwickler und das Gefühl der Spannung, wenn das Bild langsam vor ihren Augen Konturen annahm, hatte die kreative Herausforderung, die die Arbeit am Computer mit sich brachte, für sie durchaus auch ihren Reiz.
Um kurz nach sieben verließ Katrin erneut das Haus. Sie fuhr Richtung Innenstadt und hielt vor dem Redaktionsgebäude des Morgenkuriers. Manfred war noch nicht da. Während sie wartete, musste sie wieder an das Gespräch mit ihrer Mutter denken. Sie hatte ihr versprechen müssen, zur Beerdigung zu kommen.
»Du kommst doch ?«
Katrins Magen hatte sich verkrampft. Sie hasste Beerdigungen.
»Muss ich? Da kommen doch bestimmt unzählig viele Leute...«
»Gerade deshalb«, hatte ihre Mutter sie ungeduldig unterbrochen. »Thomas freut sich, wenn unter den vielen flüchtigen Bekannten und Geschäftspartnern, die unweigerlich erscheinen werden, wenigstens auch ein paar echte Freunde sind .«
Katrin fuhr mit den Fingern über das Lenkrad und seufzte ergeben. Hoffentlich würde es am Mittwoch wenigstens nicht mehr so heiß sein. Dann wanderten ihre Gedanken zu dem anderen Toten, dem Bierbrauer, dessen Leiche sie am vergangenen Donnerstag gefunden hatte. Sein Anblick hatte sie verwirrt und aufgewühlt.
Vor vielen Jahren, als sie gerade sechzehn war, hatte eine Klassenkameradin sich das Leben genommen, indem sie sich vom Dach der Schule stürzte. Katrin hatte sie auf dem Hof liegen sehen. Es war ein eiskalter Novembermorgen gewesen, und der schmale, leblose Körper hatte ähnlich unnatürlich verdreht auf dem Steinboden gelegen wie der von Andreas Schäfer auf dem Grund des Gärbottichs.
Katrin fing an, mit den Fingerspitzen kleine Muster auf das Armaturenbrett zu zeichnen. Es war ziemlich staubig. Schon merkwürdig, dass sie an einem einzigen Tag mit zwei Todesfällen konfrontiert worden war. Auch wenn beide nicht das Geringste miteinander zu tun hatten. Sie spürte eine merkwürdige Rastlosigkeit in sich aufsteigen, eine unwiderstehliche, drängende Neugier, den Dingen auf den Grund zu gehen. War der Tod dieses Bierbrauers tatsächlich nur ein tragischer Unfall gewesen? Oder hatte jemand nachgeholfen? Und was war mit Claudia? Hatte sie sich wirklich in einem Augenblick tiefster Verzweiflung das Leben genommen? Mit einer Plastiktüte über dem Kopf? Oder steckte vielleicht auch hier etwas ganz anderes dahinter?
Katrin ließ ihren Gedanken freien Lauf. Was, wenn beide Todesfälle irgendwie zusammenhingen? Wenn es zwei Morde waren, begangen vom gleichen Täter? War es nicht ein merkwürdiger Zufall, dass zwei Menschen fast zeitgleich in derselben Stadt erstickten, wenn auch auf sehr unterschiedliche Art und Weise?
Nein, daran war überhaupt nichts merkwürdig, meldete sich jetzt ihr gesunder Menschenverstand zu Wort. Zwar wurden in Düsseldorf nicht besonders viele Morde begangen. Dennoch war es nicht unmöglich, dass gelegentlich auch mal zwei beinahe gleichzeitig geschahen, ohne dass sie deswegen gleich etwas miteinander zu tun haben mussten. Und in diesen beiden Fällen lagen ja aller Wahrscheinlichkeit nach nicht einmal Gewaltverbrechen vor.
In dem Moment riss Manfred die Wagentür auf, und Katrin schalt sich in Gedanken für ihre ausschweifende Phantasie. Sie hatte einmal einen Mord aufgeklärt. Wie wahrscheinlich war es, dass jemand, der nicht beruflich damit zu tun hatte, ein zweites Mal in ein Verbrechen verwickelt wurde?
Manfred schwang sich auf den Beifahrersitz und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
»So, hier bin ich, wir können los .«
Dann runzelte er die Stirn. »Alles klar? Du machst ein Gesicht, als hättest du eine Kröte
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