Katrin Sandmann 02 - Kinderspiel
dann schnell wieder ab. »Wie gut muss man sich auskennen, um eine solche Tat zu planen ?« , wollte er wissen. »Aus medizinischer Sicht, meine ich .«
Maren Lahnstein zuckte mit den Schultern. »Das kann jeder, der sich ein bisschen informiert. Dazu braucht man kein Medizinstudium oder so. Allerdings sind Zyanidsalze nicht ganz einfach zu beschaffen. Die gibt es nicht an jeder Straßenecke .«
»Sonst noch irgendwas, das ich wissen müsste ?« , fragte Halverstett .
»Der Mann war vermutlich Alkoholiker. Wollen Sie mal seine Leber sehen ?«
Der Kriminalist hob abwehrend die Hand. Maren Lahnstein lächelte. »Sie sind ja gar nicht so hart wie die anderen behaupten .« Sie warf Rita Schmitt einen vielsagenden Blick zu. Dann begleitete sie die drei Ermittler zur Tür. »Haben Sie schon irgendwas herausgefunden ?«
Halverstett zuckte die Schultern. »Nichts, das uns irgendwie weiter hilft. Das Türschloss hat Stein wohl selbst aufgebrochen. Offensichtlich hatte er am Tag vorher seinen Wohnungsschlüssel verloren. Ein Nachbar hat ausgesagt, dass Stein sich bei ihm Werkzeug geliehen hat, um seine Tür aufzustemmen. Vermutlich war ihm der Schlüsseldienst zu teuer; es war ja Samstagabend. Diese Spur können wir also vergessen. Wäre ja auch ein bisschen unlogisch gewesen: jemand bricht nicht äußerst stümperhaft gewaltsam die Tür auf, um dann irgendwo in der Wohnung sorgsam präparierte Pralinen zu deponieren .«
»Die hat Stein vermutlich sogar selbst gekauft«, ergänzte Rita Schmitt. »Wir haben die Kassenbons im Abfall durchgesehen. Er hat für den entsprechenden Betrag am Tag vor seinem Tod etwas gekauft, das unter der Bezeichnung Süßwaren vermerkt war .«
»Dann könnte es ja auch Selbstmord gewesen sein«, meinte Maren Lahnstein.
»Nein, das glaube ich nicht«, antwortete Halverstett . »Erik Stein war offensichtlich ein eher bequemer Mensch. Warum hätte er den Aufwand betreiben sollen, Pralinen zu präparieren, wenn er das Zyanidsalz auch einfach in einem Glas Wasser hätte auflösen können? Ich vermute, jemand hat ihm die Pralinen in den Einkaufwagen gelegt. Er hat an dem Tag jede Menge zu Essen eingekauft. Sie haben ihn ja gesehen .« Halverstett machte eine vage Kopfbewegung in die Richtung, wo Erik Steins Leiche lag. »Er war ein Freund von Lebensmitteln und liebte Süßigkeiten. Er hat wahrscheinlich gar nicht gemerkt, dass dort etwas im Wagen lag, das er gar nicht da hineingetan hat. Und wenn er’s gemerkt hat, war es ihm sicher nicht unrecht, und er hat sich nicht weiter Gedanken darüber gemacht, weil er das Zeug unheimlich mochte .«
»Also hat er die Pralinen, mit denen er ermordet wurde, auch noch selbst bezahlt. Wie absurd.« Die Gerichtsmedizinerin schüttelte den Kopf. Dann ergänzte sie: »Da könnte ja jeder x-beliebige der Täter sein. Wie wollen Sie nur herausfinden, wer es war ?«
10
Manfred Kabritzky lenkte den grünen Geländewagen in die Von-Gahlen-Straße und hielt nach einer Parklücke Ausschau. Er hatte Glück. Gegenüber von Haus Nummer 15 war Platz. Er parkte ein, stellte den Motor ab und warf einen Blick auf seine Uhr. Es war Viertel vor drei in der Nacht. Er spähte durch die Windschutzscheibe auf die Häuserfronten rechts und links vor ihm. Alles war dunkel. Dann sah er Katrin an, die neben ihm auf dem Beifahrersitz saß.
»Willst du nicht doch lieber im Wagen bleiben? Es gibt sowieso nicht viel zu sehen. Ich hol nur eben das Diktiergerät und bin schneller zurück, als du –«
Er brach abrupt ab, als Katrin die Taschenlampe aus dem Handschuhfach fischte, die Tür aufschob und wortlos aus dem Auto stieg. Ergeben zuckte Manfred mit den Schultern und glitt seinerseits aus dem Wagen. Von dem Moment an, als Katrin erfahren hatte, was er im Schilde führte, war ihm klar gewesen, dass er sie nicht würde abschütteln können. Vielleicht hatte er sogar mit Absicht etwas durchblicken lassen, um herauszufinden, wie weit sie gehen würde, um hinter ein Geheimnis zu kommen. Was ihren emotionalen und körperlichen Einsatz betraf, wusste er das sehr gut. Er hatte hautnah miterlebt, wie sie mit fremden Menschen litt, die in einen tragischen Todesfall verstrickt waren, und wie sie Kopf und Kragen riskierte, um Licht ins Dunkel zu bringen. Was er noch nicht wusste war, ob sie, wenn es drauf ankam, auch ihre anständige Erziehung abwerfen und das Gesetz übertreten würde.
Katrin hatte ihn zwar empört zurechtgewiesen, als er ihr erzählte, dass er
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