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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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Angetrunkenen auf eine Anzeige wegen Tätlichkeit verzichten, wurde der Minister zitiert. Noch besser!
    Beim Wechsel zum Kulturteil war der Kaffee fertig. Ich schüttete mir den ersten Schluck in die Luftröhre. Das passiert mir morgens beim Kaffeetrinken ziemlich oft. Weiß auch nicht, wieso, vielleicht erblich bedingt?
    Dann klingelte es an der Tür.
    »Wahrscheinlich der Mann von der Werkstatt mit dem Ersatzwagen«, schloss ich messerscharf und ging, immer noch röchelnd, hinunter auf die Straße.
    Der Mechatroniker stand in hellblauem Kittel und mit einem Autoschlüssel in der Hand vor einer mintgrünen Limousine mit Klappdach. Wir begrüßten uns mit vorgeschobener Freundseligkeit, wie zwei alte Bekannte, die sich schon seit Jahren nicht mehr so recht über den Weg trauten.
    Als Erstes erklärte er mir die Geheimnisse des Schlüssels, der eigentlich gar kein richtiger Schlüssel war, sondern eine Art Blackbox, mit der man ungeheuer viele nützliche Sachen machen konnte: Licht anmachen, Licht ausmachen, Fenster schließen, Alarmanlage einschalten, sich über eine beachtliche Entfernung hinweg über Cholesterinspiegel, Herzfrequenz und Blutdruck des Fahrzeugs informieren, Brötchen backen, auf Knopfdruck hübschen Frauen hinterher pfeifen, Ampeln auf Grün schalten und – als ganz besonderer Clou! – die Türen entriegeln und den Motor starten. Ich war beeindruckt bis zur Euphorie.
    Der Meister hievte eine Ersatzbatterie aus dem Kofferraum des Cabrios und installierte sie unter der Motorhaube meines flügellahmen Kombis, der nach kurzem Räuspern auch tatsächlich ansprang. Dann fuhren sie davon. Als ich sie um die Ecke biegen sah, dachte ich, was für ein zurückgebliebener, alter Kauz mein kantiger, schwarzer Schuhkarton mittlerweile doch war. Aber ich würde mir das bei unserem Wiedersehen nicht anmerken zu lassen. Gehörte sich irgendwie nicht, so unter alten Kumpeln.
    Das Cabrio war dagegen viel runder, ambitionierter, schneckiger. Und bis zum Stehkragen elektronischer. Also genau das Richtige für einen Mann mit meinem technischen Sachverstand. Ich sinnierte noch, wie ich das Ausmaß meiner Blamage beim Angeben mit dem neuen Wagen auf ein Mindestmaß reduzieren könnte, als neben mir ein Taxi hielt. Sonia kam also heute mit dem Taxi, und das freute mich.
    Als sie ausstieg, musste ich zwei Mal hinschauen, ein Mal reichte einfach nicht für das, was es zu sehen gab. Ihr dunkelgraues Business-Kostüm und die schwarzen Stöckelschuhe passten ihr so perfekt, als hätte die Natur sich für die Anprobe zwei Millionen Jahre Zeit genommen, um jetzt, nicht ohne Stolz, das Ergebnis zu präsentieren.
    Sonia ließ sich vom Taxifahrer mit gnädiger Geduld eine schwarze Papiertragetasche mit silbernem Aufdruck aushändigen und wechselte währenddessen noch ein paar freundliche Worte mit ihm, auf die er aber mit immer noch freundlicheren Worten stets eins draufsetzte. Ich konnte ihn verstehen: Er wollte diesen hübschen Schmetterling eben nicht so mir nichts, dir nichts davon flattern lassen.
    Sonia drehte sich zu mir herum, und erst in diesem Moment kam mir die Idee, dass es wahrscheinlich ganz gut wäre, jetzt wieder mit der Atmung zu beginnen. Alleine schon deshalb, weil ich sie ohne Luft in der Röhre nicht anständig hätte begrüßen können.
    »Nettes Auto!«, sagte sie.
    »Ähem, ja, genau das Richtige für unseren kleinen Ausflug heute, was?«, antwortete ich. Heiliger Begriffsstutz – ich konnte manchmal so etwas von spritzig sein!
    Im Büro packte Sonia die Tragetasche aus. Nach und nach legte sie Socken, Hemd, Krawatte – alles aus Seide, versteht sich –, Anzughose und -jacke auf den Schreibtisch, dazu ein Paar klassische Budapester, ebenso schick wie bequem, wie sich herausstellen sollte. Eines war klar: Wäre in diesem Moment außer uns beiden auch noch ein Weihnachtsbaum anwesend gewesen, ich hätte mit strahlenden Kinderaugen die Kerzen angezündet und dazu ein Liedchen gesungen. Aber statt Liedchen zu trällern, gab es jetzt anderes zu tun.
    »Ich habe im Internet recherchiert, dass Jüjüs Sanatorium bei der ›MediConsult‹ der Referenzkunde für den neuen Bereich ›Cosmetic Surgery‹ ist. Und genau dieser Bereich interessiert uns«, sagte ich, griff dabei in die Schreibtischschublade und reichte Sonia den entsprechenden Ausdruck der Website inklusive Adresse und Telefonnummern hinüber. »Und was den gewünschten Termin für heute angeht: Wir können eben leider nur noch ganz kurzfristig ein

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