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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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zwei Millionen Euro, als deren Begünstigte zum einen Vanessa, zum anderen Maria eingetragen waren. Und zu guter Letzt sollte eine Art Fond eingerichtet werden, und zwar mit 450.000 Euro ganz nett ausgestattet, der für Vanessas Ausbildung in einem Elite-Internat plus späterem Studium, ebenfalls auf einer Elite-Uni, und zwar im Ausland, vorgesehen war, natürlich inklusive eines üppigen, monatlichen Taschengelds, mit der sie nicht am Hungertuch würde nagen müssen. Alles in allem konnte man feststellen: Armut sah anders aus!
    Als Nächstes nahm ich mir die Fotos von dem leeren Umschlag vor, den Jüjü so hingebungsvoll mit lauter Zahlen voll gekritzelt hatte. Mit einigen Posten – 4,3 Mio., 900.000 – konnte ich nichts anfangen. Mit anderen schon eher: 450.000, das war die Summe für Vanessas Ausbildungsfond, 60.000 entsprach, geteilt durch zwölf, der monatlichen Zahlung von 5.000 Euro an Maria. Dann gab es noch allerlei Zahlenspielereien, anscheinend diverse Szenarien, die Jüjü vorsorglich durchgerechnet hatte, sowie Zahlen mit einem deutlichen Minus davor, die sich insgesamt auf die runde Summe von ungefähr 750.000 Euro addierten. Beim Spielen verzockt? In Schneehäufchen investiert? An der Börse versenkt? Fragen über Fragen.
    Wenigstens der Freistempler ganz oben rechts auf dem Umschlag gab auch mal eine Antwort: Der Absender des Briefs war eine Firma namens »MediConsult«, und die residierte in – Traunstein! Wurde wirklich immer interessanter, diese Gegend im Chiemgau: Blaue Seen, hohe Berge, finanzstarke Firmen und im Suff erfrorene Kinderschänder – eben alles, was man zum Leben so brauchte.
    Ich fragte Fräulein Google, was sie mir denn so über die Firma »MediConsult« verraten könne. Und das war einiges – wie alle neugierigen Klatschbasen wusste sie eine ganze Menge: weit über 30.000 Eintragungen! Die »MediConsult«, die ich suchte, fand ich unten auf Seite eins der Suchergebnisse: Newcomer unter den Investmentfirmen, aufstrebend und erfolgreich, spezialisiert auf die Bereiche »Medical Consulting«, »Hospital Management«, »Finance & Investments« und, seit neuestem, »Cosmetic Surgery«. Und genau hier, unter »Cosmetic surgery«, erfuhr ich auch, dass das »Privatsanatorium Lappé« seit Neuestem einer der wichtigsten Referenzkunden der MediConsult war. Na, passte doch alles ganz wunderbar!
    Ich war nicht unzufrieden mit mir, aber so langsam doch auch hundemüde. Es war fast sechs, und ich hatte bis jetzt noch keine zwei Stunden am Stück geschlafen. Deshalb zog ich Schuhe und Sakko aus und legte mich auf die Besuchercouch gegenüber dem Schreibtisch, auf der sich bislang noch nicht allzu viele Besucher gerekelt hatten. Da hatten sie aber was verpasst, stellte ich fest, denn das Ding war eigentlich recht bequem.
    Der Schlaf kam über mich wie Nebel über den Fluss – langsam, stetig, leicht und doch undurchdringlich, alles in sich auflösend, die Farben zuerst, dann die Konturen und zum Schluss das, was vor Kurzem noch Realität gewesen war und jetzt zu wabernden Träumen wurde.
    Ich fuhr durch die Stadt, aber wusste nicht durch welche. Obwohl es helllichter Tag war, fuhren alle mit Licht. Und wenn einer es ausschaltete, wurde er urplötzlich unsichtbar wie in finsterster Nacht. Links und rechts auf den Bürgersteigen strömten mir die Leute entgegen. Ich erkannte sie alle auf den ersten Blick. Je genauer ich sie mir jedoch ansah, desto fremder wurden sie mir.
    So langsam wurde mir das zu blöd, selbst für einen Traum. Und ich gab mir alle Mühe, mich in einen anderen hineinzuträumen. Und in dem tauchte Jüjü auf. Warum ausgerechnet Jüjü? Wir saßen auf der Couch in seinem Büro. Er nahm ein Stethoskop aus der Brusttasche seines blütenweißen Arztkittels und horchte mich gründlich ab. Ich konnte sehen, was er hörte, denn seine Ohren wackelten exakt in demselben Takt, in dem mein Herz das Blut hin- und herpumpte. Sah lustig aus. Schließlich legte er das Stethoskop beiseite und rieb sich die Ohren. Er schien befriedigt.
    »Sieht gut aus, Katz!«, sagte er.
    »Was sieht gut aus, Herr Doktor?«, antwortete ich und meine Stimme klang ungefähr so, als käme sie aus einem tiefen Loch in der Erde.
    »Mit der Operation, was sonst? Oder haben Sie schon vergessen, dass ich Sie heute operieren sollte!«
    Ich schüttelte verwundert den Kopf.
    Jüjü stand auf und ging herüber zu seinem Schreibtisch, öffnete den Tresor an der Wand, zögerte einen Augenblick lang irritiert, dass mir

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