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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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Projekten für BND und BKA und BIMBAMBUM gearbeitet. Ich sah schon schlapphütige Spione, verstrickt in dunkle Machenschaften, vor mir und Jüjü, wie er hinter meterdicken Stahltüren an falschen Fingerabdrücken herumpopelte. Was war, wenn seine Motive mich zu engagieren vielleicht ebenso vielschichtig oder schillernd waren und nicht annähernd so selbstlos wie behauptet? Andererseits: Vielleicht war alles auch viel einfacher. Vielleicht ging es schlicht und ergreifend nur um Geld. Dafür sprach einiges: Erstens hatte Jüjü sich neuerdings, ganz im Gegensatz zu früher, operative Schnitzer geleistet, die ihn teuer zu stehen kamen. Zweitens hatte er anscheinend ein Problem mit dem Glücksspiel. Und Spielprobleme wurden früher oder später doch immer auch zu Geldproblemen. Drittens leistete Jüjü sich ein reichlich teures Hobby: Kokain, die typische Droge für alle, deren Kessel ständig unter Druck zu stehen hatte, während sie sich gleichzeitig eingestehen mussten, dass ihnen ohne Befeuerung von außen die innere Hitze ausging. Und viertens stand Jüjü davor, sein materielles Eheleben mittels Vertrag umzugestalten. Und zwar unfreiwillig, wie es schien. Vielleicht stand das am Ende alles in Verbindung zu dem leeren Umschlag mit den rätselhaften Zahlen? Möglich war es.
    Vor lauter Grübelei hatte ich mich glatt verfahren. Ich war im Glockenbachviertel gelandet. Na wunderbar, so kam ich zwar durch München, aber nicht nach Hause.
    Am Gärtnerplatz hatte es einer hinter mir eilig und versuchte, mich von der Straße zu hupen. Ich fuhr rechts ran, ließ ihn vorbei und zeigte ihm innerlich den ausgestreckten Mittelfinger. Junge, Junge, was war ich heute wieder für ein Draufgänger!
    Ich bog in die Reichenbachstraße ein und fuhr am Hotel »Deutsche Eiche« vorbei. Hier trafen sich Herren mit Herren zum Herrengedeck – und das auch noch in der Sauna! Ich guckte in den Rückspiegel, grinste mich selber anzüglich an und fand das im gleichen Augenblick erbärmlich. Heiliger Scheinheiligenschein – sollte doch jeder machen, was und wie er es wollte, was ging’s mich an!
    Die nächste Ampel war natürlich wieder rot. Die gekonnt unkoordinierte Schaltung der »Lichtzeichenanlagen« ist überhaupt eine der größten Errungenschaften Münchens. Sorgt dafür, dass man nicht allzu zügig durch diese Weltstadt rauscht, sondern andauernd anhalten muss, in der Gegend herum steht und dabei eine Menge zu sehen kriegt. Sehr fürsorglich, denn so kommt nie Langeweile auf.
    Rechts vorne schlenderte ein Pärchen den Bürgersteig entlang. Ich konnte die beiden zwar nur von hinten sehen und auch nur aus relativ großer Entfernung. Aber das, was ich sah, war sehenswert: So bewegte sich nur eine Frau, die Bescheid wusste. Perfekte, lange Beine und ein fester, knackiger Hintern in einer einzigen, fließenden Bewegung. Musik für die Augen, ach was: »Musik« – ein Symphoniekonzert! Kein Wunder, dass der Mann an ihrer Seite auf Nummer sicher ging und mit seiner linken Hand das Zentrum aller Harmonie in sicheren Gewahrsam nahm. Es gab nur eines, was mich irritierte: Ich hätte schwören können, dass ich diesen Gang, diese Beine, diesen göttlichen Popo bereits näher kannte! Als die Ampel endlich auf Grün sprang und der Penner von Vordermann endlich in die Gänge kam, waren sie bereits verschwunden. In einer Szenekneipe, wie ich im Vorbeifahren sah. Im Stil ganz anders als die »Deutsche Eiche« und auch ohne Sauna, aber sonst genau so.
    Ich bekam Hunger. Das heißt, eigentlich hatte ich das schon seit einer Ewigkeit, und einen mächtigen Durst dazu, aber jetzt wurde es so langsam mal Zeit, etwas dagegen zu unternehmen. Also nichts wie hin zu »Selims Döner-Oase«, zu meinem türkischen Freund mit seinen tückischen Soßen. Heute aber – das nahm ich mir nicht ohne Häme vor – würde ich Selim gründlich überrumpeln!
    Nach einer guten Viertelstunde, wie ein Känguru von roter Ampel zu roter Ampel hopsend, erreichte ich endlich das Ziel meiner Wünsche, staubtrocken und mit knurrendem Magen.
    Das Licht aus »Selims Döner-Oase« schien durch die große Schaufensterscheibe auf die Straße hinaus, warm und heimelig wie die erste menschliche Behausung nach einer endlosen Wüsten-Durchquerung. Ich parkte mein Kamel in der zweiten Reihe und trat voller Vorfreude ein.
    Selim stand wie immer hinter seinem Tresen, wirbelte, lachte, redete, organisierte, nahm Bestellungen auf. Und in seinen Augenwinkeln saß, ebenfalls wie immer, der

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