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Katz und Maus

Katz und Maus

Titel: Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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mochte.
    Dabei bin ich sicher, Mahlke wollte nicht spotten. Mahlke konnte nicht spotten. Er versuchte es manchmal. Aber alles was er tat anfaßte aussprach, wurde ernst bedeutsam und monumental; so auch die Keilschrift im Kieferholz einer Reichsarbeitsdienstlatrine zwischen Osche und Reetz, genannt: Tuchel-Nord. Sentenzen nach der Verdauung, Wirtinnenverse, vergröberte oder umschriebene Anatomie – Mahlkes Text besiegte alle anderen, mehr oder weniger witzig formulierten Sauereien, die von oben bis unten, geschnitzt oder gekritzelt, den abschirmenden Holzzaun der Latrine bedeckten und die Bretterwand sprechen ließen.
    Fast – und weil Mahlke so richtig und an heimlichster Stelle zitiert hatte, wäre ich damals nach und nach fromm geworden, müßte jetzt nicht mit mürrischem Gewissen einer mäßig bezahlten Fürsorgearbeit im Kolpinghaus nachgehen, müßte in Nazareth keinen frühen Kommunismus und in ukrainischen Kolchosen kein spätes Christentum entdecken wollen, wäre von nächtelangen Gesprächen mit Pater Alban, den Untersuchungen, inwieweit Lästerung das Gebet ersetzen könne, endlich entbunden, dürfte glauben, irgend etwas glauben, ganzgleichwas oder an die Auferstehung des Fleisches glauben; aber ich hackte Mahlkes Lieblingssequenz mit einem Beil, und nachdem ich in der Abteilungsküche hatte Kleinholz machen müssen, aus dem Brett und tilgte auch Deinen Namen.
    Die alte Mär vom unverkäuflichen Flecken, bißchen gruslig moralisch und transzendent; er sprach nämlich die blinde und frisch fasrige Stelle deutlicher als zuvor die gekerbte Schrift gesprochen hatte. Auch muß sich Dein Zeugnis mit den Spänen vervielfältigt haben, denn in der Abteilung, zwischen Küche, Wachstube und Bekleidungskammer, kursierten, besonders sonntags, wenn die Langeweile Fliegen zu zählen begann, faustdicke Geschichten. Immer dieselben Litaneien mit abweichenden Geringfügigkeiten über einen Arbeitsdienstmann namens Mahlke, der ein gutes Jahr zuvor in der Abteilung Tuchel-Nord Dienst getan und dolle Dinge gedreht haben mußte. Zwei Lkw-Fahrer, der Küchenchef und der Kammerbulle stammten noch aus jener Zeit, waren von allen Versetzungen verschont geblieben, sagten etwa und ohne sich wesentlich zu widersprechen: »So sah der aus, als er ankam. Haare bis hier. Na, mußte erst mal den Friseur ranlassen. Half aber nichts: Ohren zum Schaumschlagen und eine Gurgel, sag ich Euch, eine Gurgel! Hatte auch – und einmal, als hier – und wenn er zum Beispiel – aber das Dollste an ihm war, als ich den ganzen frischeingetrudelten Verein zum Entlausen nach Tuchel schleuste, weil ich als Kammerbulle. Als nun alle unter der Brause, denk ich, ich guck nich recht, guck also nochmal, sag mir, werd bloß nicht neidisch: dem sein Schwanz, ein Riemen, kann ich Euch flüstern, wenn der auf Touren, stand der gut und gerne seine oder noch mehr, jedenfalls hat er mit dem Apparat die Frau vom Oberfeldmeister, ne rüstige Vierzigerin, von vorn und hinten, weil ihn der Idiot von Oberfeldmeister – wurde später nach Frankreich versetzt, war ein Spinner – zum Kaninchenstallbauen in sein Haus, das zweite von links in der Arbeitsdienstführersiedlung. Der Mahlke, so hieß der, hat sich zuerst geweigert, nicht etwa auf die dreibastige Tour, sondern ganz ruhig und sachlich und mit Zitat aus der Dienstverordnung. Wurde trotzdem vom Chef persönlich, bis ihm der Arsch auf Grundeis, mußte dann zwei Tage in die Latrine: Honigschleudern. Hab ihn mit nem Gartenschlauch und immer hübsch auf Abstand, weil die ändern ihn nicht in den Waschraum, und gab endlich nach, zog los mit Kistenbrettern und Werkzeug zum; aber von wegen Kaninchen! Muß die Alte ganz schön gerammelt haben. Hat ihn über ne Woche auch für Gartenarbeit angefordert, und der Mahlke zitterte Morgen für Morgen los und war zum Appell wieder da. Erst als der Kaninchenstall nicht fertig und fertig, muß dem Chef ein Licht. Weiß nicht, ob er sie überrascht hat, als die Alte grad wieder aufs Kreuz oder übern Küchentisch oder womöglich wie Vater und Mutter zu Hause inne Federn, wird ihm jedenfalls die Sprache verschlagen haben, als er dem Mahlke sein Dubbas, hat hier jedenfalls in der Abteilung nie die Schnauze: Kunststück – und den Mahlke schickte er alle naslang auf Dienstreise nach Oliva und Oxhöft, Ersatzteile holen, damit der Bulle mit seinen Klöten aus der Abteilung. Denn die Alte vom Chef wird ganz schön gejibbert haben, von wegen und so weiter. Noch heute kommen Parolen

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