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Katz und Maus

Katz und Maus

Titel: Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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aus der Schreibstube: Die schreiben sich Briefe. Und da war mehr dahinter, als bloß das. Man guckt ja nie durch. Übrigens hat derselbe Mahlke – und da war ich dabei – bei Groß-Bislaw auf eigene Faust ein unterirdisches Partisanen-Magazin. Auch wieder ne dolle Geschichte. War nämlich ein ganz gewöhnlicher Teich, wie's hier überall. Wir machen in der Gegend halb Geländedienst halb Einsatz, liegen schon ne halbe Stunde neben dem Tümpel, und der Mahlke guckt immer und guckt, sagt dann, Momentchen mal, da stimmt doch was nicht. Na, der Unterfeldmeister, wie hieß er schon, grinst, wir auch, läßt ihn aber, und der Mahlke die Klamotten runter im Nu und beginnt in dem Tümpel. Und was sag ich Euch: Schon beim viertenmal Runtergehn, findet er mitten in der braunen Soße aber keine fünfzig Zentimeter unterm Wasserspiegel, den Eingang zu nem ganz modernen Bunkermagazin mit hydraulischer Verladevorrichtung, konnte man ausfahren lassen: vier Lkw voll haben wir, und der Chef mußte ihn vor versammelter Abteilung belobigen. Soll ihn sogar, trotzdem er mit der Alten, für nen kleinen Orden. Haben sie ihm zum Barras nachgeschickt. Wollte zu den Panzern, wenn sie ihn genommen haben.« Anfangs hielt ich mich zurück. Auch Winter, Jürgen Kupka und Bansemer blieben maulfaul, wenn das Gespräch auf Mahlke kam. Manchmal, beim Essenfassen oder wenn wir zum Geländedienst durch die Führersiedlung mußten und das zweite Haus von links immer noch keinen Kaninchenstall hatte, blickten wir vier uns flüchtig an. Oder reglos lauerte eine Katze in grüner, leichtbewegter Wiese: schon verständigten wir uns mit bedeutsamen Blicken, wurden zu einer verschwiegenen Gruppe, obgleich mir Winter und
    Kupka, besonders Bansemer ziemlich gleichgültig waren. Knappe vier Wochen vor unserer Entlassung – wir hatten laufend Partisaneneinsatz, bekamen aber niemanden zu fassen und hatten auch keine Verluste – in einer Zeit also, die uns nicht aus den Klamotten kommen ließ, begann das Munkeln. Jener Kammerbulle, der Mahlke eingekleidet und zur Entlausung geführt hatte, brachte es aus der Schreibstube: »Erstens ist wieder mal ein Brief von dem Mahlke an die Frau des ehemaligen Chefs eingetrudelt. Wird ihr nach Frankreich nachgeschickt. Zweitens liegt eine Anfrage von ganz oben vor. Wird noch bearbeitet. Drittens, und das sage ich Euch: Das steckte in dem Mahlke von Anfang an drinnen. Aber in so kurzer Zeit! Na, früher hätte der noch so dolle Halsschmerzen haben können, wenn er nicht Offizier gewesen wäre. Aber heute können alle Mannschaftsdienstgrade. Dürfte so ziemlich der Jüngste sein. Wenn ich mir den vorstelle, mit diesen Ohren . .«
    Da begannen Wörtchen aus meinem Mund zu kullern. Winter hinterdrein. Auch Jürgen Kupka und Bansemer mußten ihr Wissen verbreiten.
    »Oh, wissen Sie, den Mahlke, den kennen wir schon lange.« »Den gab's schon bei uns auf der Penne.«
»Der hatte immer schon, auch als er knapp Vierzehn war, riesige Halsschmerzen.«
»Na, und das Ding mit dem Kapitänleutnant? Als er dem Kaleu während der Turnstunde den Apparat mit dem Band vom Haken klaute? Also das war so . . .«
»Nee, mit dem Grammophon müssen wir anfangen.« »Und die Konservendosen, war das etwa nichts? Also ganz zu Anfang trug er immer einen Schraubenzieher . . .«
»Momentchen! Wenn Du vorne anfangen willst, mußte mit dem Schlagballturnier auffem Heinrich-Ehlers-Platz beginnen. Das war nämlich so: Wir liegen flach und Mahlke pennt. Da streicht schnurgerade eine graue Katze durch die Wiese auf Mahlkes Hals zu. Und wie nun die Katze seinen Hals sieht, denkt sie, das ist eine Maus, was sich da bewegt und springt...«
»Quatsch Mensch, Pilenz nahm doch die Katze und hat sie ihm – oder?«
    Zwei Tage später bekamen wir es offiziell bestätigt. Die Abteilung wurde beim Morgenappell unterrichtet: Ein ehemaliger Arbeitsdienstmann der Abteilung Tuchel-Nord hat zuerst als einfacher Richtschütze, dann als Unteroffizier und Panzerkommandant in pausenlosem Einsatz und an strategisch wichtiger Stelle soundsoviel russische Panzer, darüber hinaus und so weiter und so weiter. Wir begannen schon mit dem Klamottenabgeben, der Ersatz sollte eintreffen, da schickte mir meine Mutter einen Zeitungsausschnitt des »Vorposten«. Und es stand mit Buchstaben gedruckt: Ein Sohn unserer Stadt hat in pausenlosem Einsatz, zuerst als einfacher Richtschütze, dann als Panzerkommandant und so weiter und so weiter.

XII
    Geschiebemergel, Sand, flimmerndes Moor,

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