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Katz und Maus

Katz und Maus

Titel: Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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Kuschelgebüsch, fliehende Kieferngruppen. Teiche Handgranaten Karauschen, Wolken über Birken, Partisanen hinter Ginster, Wacholder Wacholder, der gute alte Löns - der kam von dort – und das Kino in Tuchel blieben zurück; nur meinen lederähnlichen Pappkoffer, sowie ein Sträußchen verjährtes Heidekraut nahm ich mit. Aber schon während der Fahrt, als ich das Kraut hinter Karthaus zwischen die Gleise warf, auf allen Vorortbahnhöfen, dann auf dem Hauptbahnhof, vor den Schaltern, im Gewühl der Fronturlauber, im Eingang der Leitstelle und in der Straßenbahn nach Langfuhr begann ich widersinnig aber versessen nach Joachim Mahlke zu suchen. Lächerlich und durchschaut kam ich mir in zu eng gewordener Zivilkleidung – Schülerkleidung vor, fuhr nicht nach Hause – was konnte mich dort schon erwarten? – stieg nahe unserem Gymnasium, an der Haltestelle Sportpalast aus. Den Pappkoffer gab ich beim Pedell ab, fragte ihn aber nicht, war überall sicher und hetzte die große Granittreppe mit Sprüngen über drei Stufen hoch. Nicht, daß ich erwartete, ihn in der Aula zu fangen – der standen beide Türen offen, aber nur Putzfrauen stellten die Bänke auf den Kopf, seiften das Holz für wen wohl ab. Links bog ich ein: gedrungene Granitsäulen, heiße Stirnen zu kühlen. Die marmorne Gedenktafel für die Gefallenen beider Kriege mit noch ziemlich viel Platz. Lessing in der Nische. Überall lief der Unterricht, denn alle Gänge zwischen den Klassentüren leer. Nur einmal ein Quartaner, der eine gerollte Landkarte mit dünnbeinigen Schritten mitten durch den achteckigen, jeden Winkel ausmessenden Geruch trug. 3 a – 3 b – Zeichensaal – 5 a – der Glaskasten für ausgestopfte Säugetiere – was war denn diesmal drinnen? Natürlich eine Katze. Und wo fieberte die Maus? Vorbei am Konferenzzimmer. Und als der Korridor Amen sagte, stand, das helle Stirnfenster im Rücken, zwischen Sekretariat und Direktorzimmer, der Große Mahlke ohne Maus: denn er hatte den besonderen Artikel am Hals, das Dingslamdei, den Magneten, das Gegenteil einer Zwiebel, galvanisierten Vierklee, des guten alten Schinkel Ausgeburt, den Bonbon, Apparat, das Ding Ding Ding, das Ichsprechesnichtaus.
    Und die Maus? Sie schlief, überwinterte im Juni. Schlummerte unter dicker Decke, denn Mahlke hatte zugenommen. Nicht, daß jemand, das Schicksal oder ein Autor, sie getilgt oder gestrichen hätte, wie Racine die Ratte in seinem Wappen gestrichen und nur den Schwan geduldet hatte. Immer noch Wappentier war das Mäuschen und tat
    auch im Traum lebendig, wenn Mahlke schluckte; denn ab und zu mußte der Große Mahlke, so hoch sie ihn dekoriert hatten, schlucken. Wie sah er aus? Daß die Kampfhandlungen Dich hatten zunehmen lassen, leicht, um zwei Löschblattstärken, sagte ich schon. Du hattest Dich halb an das Fensterbrett gelehnt, halb auf das weißlackierte Brett gesetzt. Wie alle, die bei den Panzern Dienst taten, trugst Du diese räubermäßig gewürfelte, aus schwarzen und feldgrauen Stükken gemischte Phantasieuniform: graue Überfallhosen verdeckten die Schäfte schwarzer hochgewichster Knobelbecher. Eine schwarze enge, Dich fältchenziehend unter den Armen kneifende – denn Deine Arme standen henkelartig ab – dennoch kleidsame Panzerjacke ließ Dich, trotz der paar zugenommenen Pfund, schmächtig wirken. Auf der Jacke kein Orden. Dabei hattest Du beide Kreuze und noch irgend etwas aber kein Verwundetenabzeichen: Du warst ja mit Hilfe der Jungfrau kugelsicher. Verständlich, daß auf der Brust alles, vom neuen Blickfang ablenkende Beiwerk fehlte. Das brüchige, nachlässig geputzte Koppel schnürte nur eine schmale Handbreite Stoff ab: so kurz waren die Panzerjacken, wurden auch Affenjäckchen genannt. Wenn das Koppelzeug mit Hilfe jener weit hinten, beinahe auf dem Gesäß hängenden Pistole, das starr Angestrengte Deiner Stellung schief und verwegen aufzulösen versuchte, daß Dir die graue Feldmütze ohne den beliebten und damals wie heute üblichen Schlag nach rechts, streng gerade auf dem Kopf und erinnerte mit rechtwinkliger Knautschfalte an Deinen Hang zur Symmetrie, auch an den Mittelscheitel Deiner Schüler- und Taucherjahre, als Du vorgabst, Clown werden zu wollen. Dabei trugst Du bevor und nachdem man Deine chronischen Halsschmerzen mit einem Stück Metall geheilt hatte, keine Erlöserhaare mehr. Jene alberne streichholzlange Bürste, die damals den Rekruten zierte, heute pfeiferauchenden Intellektuellen den Anschein moderner

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