Katzen jagen nachts
fragen, Mrs. Cool: Hat Belder Sie zu mir geschickt? Handeln Sie in seinem Auftrag?«
»Ich will Ihnen eine Gegenfrage stellen: Wollen Sie fünfundzwanzigtausend haben — bar auf den Tisch des Hauses?« Bertha knallte die Tür hinter sich zu.
Sie segelte durch das Vorzimmer, genoß die fassungslosen Blicke der Sekretärin. Als sie die Tür zum Gang ebenso geräuschvoll zuwerfen wollte, geschah — nichts. Ein automatischer Türschließer hatte ihr den wirkungsvollen Abgang verdorben.
3
Elsie Brand verkündete: »Ihr Klient ist wieder da.«
»Belder?«
»Ja.«
»Der Mann tötet mir noch den letzten Nerv! Er kann doch nicht ständig in meinem Büro herumgeistern. Gestern habe ich erst meinen Vorschlag gemacht. Kurz darauf ist Belder schon hier aufgekreuzt, um sich zu erkundigen, wie es gelaufen ist. Dann kam er wieder — zum Teufel mit ihm. Na, ich werde jetzt mal Fraktur mit ihm reden.«
Bertha schob den Drehstuhl zurück, riß die Tür zum Vorzimmer auf. »Morgen«, grüßte sie ohne besondere Freundlichkeit.
Belder sprang auf. »Guten Morgen, Mrs. Cool. Ich muß Sie sprechen. Ich...«
»Nun hören Sie mal gut zu, junger Mann«, unterbrach ihn Bertha ungerührt. »Wir haben ein Ei gelegt. Das brüte ich jetzt aus. Wenn Sie sich nun mit draufsetzen, schlüpft das Küken auch nicht eher aus.«
»Das verstehe ich schon«, meinte Belder, »aber...«
»Ach, erzählen Sie mir doch nichts«, sagte Bertha ärgerlich. »Sie sind genau wie neun von zehn meiner Klienten. Sie kommen her, weil Sie Sorgen haben, und hoffen, ich könnte Ihnen helfen. Dann gehen Sie nach Hause, lassen sich noch ein paar Sorgen dazu einfallen, kommen wieder und wollen alles noch einmal durch die Mühle drehen. Wenn Sie sich beim Arzt ein Rezept verschreiben lassen, hocken Sie ja auch nicht im Wartezimmer herum, bis das Medikament anfängt zu wirken. Meine Zeit ist kostbar. Ich habe...«
»Aber es hat sich etwas Neues ergeben«, unterbrach Belder.
»Was sagen Sie da?«
»Ich muß Sie sprechen, weil ein neuer Gesichtspunkt aufgetaucht ist.«
»Ein neuer...«
»Ja.«
»Was denn für einer?«
»Ärger!«
»Noch mehr Ärger?«
»Allerdings.«
Bertha gab die Tür frei. »Das ist was anderes. Kommen Sie rein.« Belder fing sofort an, in seiner Rocktasche herumzukramen. Er zog einen zusammengefalteten Briefbogen heraus und reichte ihn Bertha. »Sehen Sie sich das mal an.«
»Was ist denn das?«
»Ein Brief.«
»An Sie?«
»An meine Frau.«
Bertha hielt den Brief zwischen ihren kurzen gedrungenen Fingern und sah Belder aufmerksam an.
»Woher ist der Wisch gekommen?«
»Ich habe ihn im Eßzimmer auf dem Fußboden gefunden.«
»Wann?«
»Vor einer knappen halben Stunde.«
»Und weshalb die ganze Aufregung?«
»Das werden Sie verstehen, wenn Sie ihn gelesen haben.«
»Sie haben ihn gelesen?«
»Selbstverständlich.«
»Obgleich er an Ihre Frau gerichtet war?«
»Seien Sie nicht albern. Wo gibt’s denn — außer im Kino — einen Ehemann, der einen Brief nicht aufmacht, den er unter diesen Umständen findet? Vielleicht geben es manche Männer nicht zu, aber tun würden es alle.«
»Er ist mit der Post gekommen?« fragte Bertha.
»Ja.«
»Wo ist der Umschlag?«
»Ich weiß nicht. Den habe ich nicht gefunden.«
»Woher wissen Sie dann, daß er mit der Post gekommen ist?«
»Lesen Sie ihn, Sie werden dann schon verstehen.«
Nach kurzem Zögern faltete Bertha den Briefbogen auseinander. Der Text war mit der Maschine geschrieben und ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig:
»Meine liebe Mrs. Belder!
Vielleicht sollte ich Ihnen diesen Brief nicht schreiben, aber ich habe mich nun einmal dazu entschlossen. Wenn ich zum Essen gehe, werde ich ihn entweder in den Briefkasten werfen oder in meinen Mülleimer. Im Augenblick schreibe ich eigentlich nur, weil ich mir etwas vom Herzen reden will. Wahrscheinlich werden Sie nie erfahren, weshalb ich mich so für Sie interessiere. Sie müssen mir blind vertrauen, Mrs. Belder. Sie kennen mich nicht. Aber ich will Ihr Bestes.
Was ich zu sagen habe, wird Ihnen nicht gefallen, aber es ist besser, Sie wissen Bescheid, als noch länger den Kopf in den Sand zu stecken.
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, daß Sie eine äußerst attraktive Hausangestellte haben — obgleich Hauspersonal knapp ist? Haben Sie sich schon einmal überlegt, weshalb Sally so bereitwillig weiter bei Ihnen arbeitet, obgleich sie anderswo ein höheres Gehalt bekommen könnte? Weshalb, glauben
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