Katzen jagen nachts
Mißverständnis handelte, und...«
»Sie kennen mein Frau nicht«, meinte Belder. »Wenn sie erst einmal einen Verdacht geschöpft hat, bedarf es tagelanger Erklärungen, um sie wieder davon abzubringen. Erklärungen machen zunächst alles nur schlimmer. Erst wenn man sich tausendmal wiederholt hat, gibt sie langsam klein bei. Sie ist eine furchtbar argwöhnische Frau. Eine Kleinigkeit wie dieser Brief würde sie verrückt machen. Er wäre wochenlang unser einziges Gesprächsthema.«
»Selbst wenn Sally ginge?«
»Natürlich. Und wenn Sie mich fragen, ist sie schon fort.«
Bertha sah auf die Uhr. »Es ist jetzt nach zehn. Glauben Sie, sie wartet auf diesen Anruf?«
»Wahrscheinlich. Sie sagte mir gestern nachmittag , daß ich den Wagen bis elf haben könnte. Punkt elf müßte er aber wieder vor der Tür stehen, möglichst vollgetankt.«
»Und was für eine Rolle haben Sie mir zugedacht?«
»Sie sollen die Person ermitteln, die diesen Brief geschrieben hat.«
Bertha kniff die Augen zusammen. »Ich soll also massiv werden?«
»Ja.«
»Zurück zu dem Brief«, sagte Bertha. »Von wem könnte er Ihrer Meinung nach stammen?«
»Ich habe keine Ahnung.«
Bertha machte eine unwillige Bewegung. Der Drehstuhl protestierte quietschend. »Angenommen, Ihre Schwiegermutter ist dieser Jemand, der es gut mit Ihrer Frau meint?«
In Belders Gesicht zuckte es. »Natürlich! Theresa Goldring! Wie blöd von mir! Darauf hätte ich sofort von selber kommen müssen. Sie kann mich nicht ausstehen. Na, ich muß sagen, daß sie sich für diesen Tiefschlag kaum einen besseren Zeitpunkt hätte aussuchen können. Wenn es ihr ausgerechnet jetzt gelingt, Mabel und mich auseinanderzubringen, bin ich geliefert.«
Bertha betrachtete stirnrunzelnd den Brief.
Belder fuhr fort: »Und Theresa wäre fein raus, wenn sie Mabel gegen mich aufwiegeln könnte. Es ist doch so, Mrs. Cool: Ich habe mein gesamtes Vermögen auf meine Frau übertragen. Ich habe auf meinen Eid genommen, daß es eine Schenkung war und sie allein darüber verfügungsberechtigt ist. Das ist gerichtlich besiegelt. Wenn sie sich jetzt von mir trennt und ihr ganzes Geld mitnimmt, gucke ich in den Mond.«
»Aber sie würde es wohl nicht ihrer Mutter in den Rachen werfen — oder?« fragte Bertha.
»Nicht alles. Aber...«
»Wie versteht sich eigentlich Ihre Frau mit Carlotta?« erkundigte sich Bertha. Sie spielte nachdenklich mit dem Briefbogen.
»Recht gut. Nur ist es so, daß Carlotta seit einiger Zeit darüber grübelt, weshalb man ihr nichts von ihren Eltern erzählen will. Sie sagt, sie sei alt genug, um jetzt selber über ihr Leben zu bestimmen. Natürlich hat sie sich damit abgefunden, daß sie wahrscheinlich nie erfahren wird, wer ihr Vater ist. Aber sie hofft, ihre Mutter zu finden. Sie ist ein verwöhntes Balg, diese Carlotta.«
»Lebt denn ihre Mutter noch?«
»Ich glaube ja. Das ist doch der Haken. Soviel ich verstanden habe, hat die Mutter Himmel und Erde in Bewegung gesetzt, um ihre Tochter zu finden. Theresa ist vielleicht keine Intelligenzbestie, aber was sie einmal in Händen hat, verteidigt sie zäh und skrupellos. Sie macht dabei vor nichts halt. Sie wird dieser Frau Hindernisse in den Weg legen, wo sie nur kann.«
»Welcher Frau?«
»Carlottas Mutter.«
»Theresa Goldring weiß also, wo Carlottas Mutter sich aufhält?«
»Ja.«
»Wie hat sie denn das herausbekommen?«
»Das weiß ich nicht. Sie läßt sie beobachten, glaube ich. Theresa ist mit Vorsicht zu genießen, sage ich Ihnen!«
»Hat sie Geld?«
»Etwas. Aber ihr ist es nicht genug.«
»Woher hat sie’s?«
»Aus der Lebensversicherung, die ihr nach dem Tod ihres Mannes ausgezahlt worden ist.«
»Viel?«
»Etwa zwanzigtausend Dollar. Anstatt diese Summe vernünftig zu investieren und von den Zinsen zu leben, hat Theresa das Geld mit vollen Händen ausgegeben, hat sich geleistet, was sie wollte, sich gut angezogen und gepflegt. Sie bildet sich ein, daß sie auf Männer noch immer unwiderstehlich wirkt. Sie...«
»Wie alt?«
»Ungefähr achtundvierzig.«
»Viele Frauen erleben die leidenschaftlichsten Liebesabenteuer, wenn sie über vierzig sind«, sagte Bertha.
»Natürlich, Mrs. Cool«, sagte Belder hastig. »Aber das sind dann Frauen, die nicht versuchen, ihrer Umwelt eine Rolle vorzuspielen. Sie müßten Theresa kennen, um mich ganz zu verstehen. Mit ihren achtundvierzig Jahren redet sie sich ein, daß sie aussieht wie zweiunddreißig. Sie hat noch immer eine fabelhafte Figur,
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