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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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Holzbrettes zum Vorschein.
    »Das ist es!«, keuchte ich atemlos. »Du hast es gefunden.« Ein regelrechter Entdeckungsrausch nahm von mir Besitz. So ungefähr musste sich Howard Carter bei der Öffnung der legendären Grabkammer Tutanchamuns gefühlt haben.
    Immer hektischer wirbelte ich über den bröckelnden Putz und verfluchte dabei das flackernde Licht und das Fehlen meiner zweiten Hand. Es dauerte keine Minute, bis ich ein etwa ein Meter mal achtzig Zentimeter großes Brett freigelegt hatte. Ich zog es zur Seite und öffnete dadurch einen rechteckigen Mauerdurchbruch. Form und Größe der Öffnung ließen auf ein ehemaliges Kellerfenster schließen.
    Kaum aber hatte ich das Brett entfernt, wich ich auch schon instinktiv zurück. Eine dichte Woge aus süßlichem Verwesungsgeruch schlug mir entgegen. Totes Fleisch , sagte ich mir. Nur totes Fleisch. Ein paar krepierte Mäuse oder Ratten; möglicherweise ist ja auch eine Katze auf einem ihrer Raubzüge in der Ruine eingeschlossen worden. So sehr ich mich auch bemühte, ich konnte einfach nicht daran glauben. Dem Gestank nach, musste ich auf einen neuzeitlichen Katzenfriedhof gestoßen sein.
    Nur durch den Mund atmend wagte ich mich näher. Im gebündelten Lichtstrahl der ›Mini-Mag‹ erkannte ich anfangs nur grauweiß getünchte Wände, in denen riesige Spinnennetze hingen. Da der angrenzende Raum deutlich tiefer lag, senkte ich meine Lampe …
    In Situationen größten Schreckens ist der menschliche Geist nicht selten dazu geneigt, dem Betrachter einen fassbaren Ersatz für das Unfassbare anzubieten. Nur, um nicht dem Wahnsinn zu verfallen, erfindet er die verrücktesten Assoziationen. Da der ganze Boden mit ausrangierten Schaufensterpuppen bedeckt war, glaubte ich daher, in den Lagerraum eines ehemaligen Modegeschäftes zu blicken.
    Erst beim zweiten Hinsehen erkannte ich die grausige Wahrheit. Das dort vor mir waren keine Puppen, sondern Leichen, Dutzende von Toten – zumeist Frauen, aber auch Männer – in unterschiedlichen Zuständen des körperlichen Verfalls. Viele der Körper waren bereits so weit skelettiert, dass man ihr Geschlecht nur noch erahnen konnte.
    Fassungslos starrte ich in aufgerissene leblose Augen und qualvoll verzerrte Münder. Einzelne verkrampfte Hände ragten wie abgetrennt aus einem Sumpf von Leibern heraus. Keiner dieser Menschen war eines natürlichen oder sanften Todes gestorben; klaffende Wunden und verdrehte Gliedmaßen sprachen eine zu deutliche Sprache.
    Ich keuchte vor Entsetzen; mein zittriger Arm ließ flackernde Lichtpunkte über schwärende Haut und bleiche Knochen wirbeln.
    Nahe des Gipfels des größten dieser Kalvarienberge entdeckte ich schließlich auch Rosalie. Kopfüber mit ausgestreckten Armen ruhte ihr nackter Körper auf dem grauen Fleisch ihrer Vorgänger. Ihr Gesicht wurde gnädigerweise von der Fülle ihrer immer noch glänzenden Haarpracht verdeckt.
    Ich war wie betäubt; selbst meine dunkelsten Ahnungen hatten mich auf einen derartigen Anblick nicht vorbereiten können. Schwarz, war alles, was ich in meinen Gedanken formte. Es existierte kein Grau mehr und ganz sicher kein Weiß. Nur noch tiefes, endloses Schwarz.
    Ein Geräusch über mir zerstörte endlich die widerliche Anziehungskraft des Bösen. Ich drehte mich um und lauschte.
    Es war eine Stimme … dunkel, mit angenehm weichem Timbre. Für mich klang sie jedoch wie das Fauchen einer blutgierigen Löwin. Wie die Stimme des Bösen schlechthin.
    »Hallo Thomas«, grüßte mich Mia. »Du wirst sicher schockiert sein, nehme ich an. Ja, ganz sicher sogar. Es tut mir leid, dass du es auf diese Weise erfahren musstest, aber irgendwann wäre es ohnehin geschehen. Unter Liebenden bleibt eben nichts lange geheim.«
    Stöhnend kroch ich zur Luke zurück und richtete mich auf. Im Schein meiner Lampe zogen sich Mias Pupillen zu winzigen Nadelpunkten zusammen.
    »Liebende?«, spuckte ich ihr entgegen. »Wie, zum Teufel, kannst du es noch wagen, von Liebe zu sprechen?!«
    Ein trauriges Lächeln umspielte ihre Lippen. Die empfindsame Mischung aus Betroffenheit und tiefster Zuneigung wirkte wie eine Ohrfeige auf mich. Es traf mich vollkommen unvorbereitet. Hätte ich nicht soeben noch einen Blick in die Abgründe der Hölle geworfen, so wäre ich mit Sicherheit aufs Neue ihrer sirenenhaften Schauspielkunst erlegen. So aber ekelte mich ihre Theatralik nur umso mehr an.
    Mia seufzte. »Weißt du, was Hemingway einmal geschrieben hat? ›Die Lüge tötet die Liebe. Aber

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