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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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zustimmend. »Richtig. Und davor gab es Azizeh, Hanadi, Tanis, Jehan und noch viele andere.«
    »Du lebst weiter, indem du dich immer wieder selbst gebärst?«
    »Bravo«, lobte sie mich, »du hast es erfasst. So jedenfalls sieht es der ›Große Plan‹ vor. Wie du es aber selbst erlebt hast, gibt es zuweilen Vorkommnisse, die mich zu gewissen Umwegen zwingen.«
    Es passte alles zusammen. Julius Blatchford hatte Damiyat mit nach Amerika gebracht. Und damit auch Bastet. Nur eins konnte ich noch nicht verstehen.
    »In seinem Tagebuch berichtet Blatchford davon, wie Damiyats Eltern auf grausame Weise ums Leben kommen«, sagte ich. »Kurz nach der Zeremonie. War es nur ein Zufall, oder hatte dieser Anschlag auch etwas mit deiner Neugeburt zu tun?«
    Mia schien Spaß an meiner Frage zu haben. »Du bist vielleicht doch nicht so dumm, wie ich dachte.« Sie grinste. »Attiyas Tod war Teil des Ritus. Nach meiner Weihe musste sie natürlich sterben.«
    »Aber warum? Du hattest doch das, was du wolltest. Ihre Ermordung war also völlig überflüssig.«
    »Keineswegs. Du musst wissen, dass ich bei jedem Übertritt etwas von mir in meiner alten Hülle zurücklasse. Der abgelegte Körper ist meist nur noch ein seelenlos dahinvegetierendes Etwas; allein durch die Erinnerung an meine Präsenz erwachsen diesem Geschöpf nun aber beachtliche Kräfte. Es dürstet danach, wieder mit mir vereint zu sein. In diesem Wahn würde es nicht einmal davor zurückschrecken, den neuen von mir besetzten Körper zu vernichten … Wie du siehst, ist es daher nur sinnvoll, wenn diese Kreaturen so schnell wie möglich von ihrem Leid erlöst werden.«
    Ich ließ den Lichtstrahl hinüber zur angrenzenden Hauswand wandern. »Etwa so sinnvoll, wie der Tod dieser Menschen dort unten?«
    Mia zeigte mir wieder ihr Gargoyle-Grinsen. »Aber Thomas, nun enttäuschst du mich aber. Du weißt ganz genau, dass dieser Keller nichts damit zu tun hat. Ich folge halt nur meiner Natur … ›In den Träumen der Katze kommen nur Mäuse vor.‹ lautet ein altes Sprichwort meiner Heimat. Und ich bin die mächtige Sachmet, Herrin von Aswan, Spenderin der Ströme, Fürstin der beiden Länder, das rächende Auge des Re … und in meinen Träumen kommen eben nur Menschen vor. Menschen, die in Strömen von Blut treiben.« Sie erhob sich und begleitete die nun folgenden emphatisch vorgetragenen Worte mit weit ausholenden Gesten. »Seit dem Tage, da Re mich aussandte, um unter den abtrünnigen Menschen zu wüten, brennt eine Flamme des Zorns in mir. Zuweilen lodert sie hell auf, dann wieder ist sie nur ein glimmender Funke, die Flamme selbst aber wird niemals verlöschen. Nicht heute und nicht am Ende aller Tage.«
    Ich hatte Mühe, sie mit dem Strahl meiner Lampe einzufangen. »Und selbst das ist nur ein Teil der Wahrheit«, bemerkte ich. »Niemals hätte ich mich in ein derartiges Geschöpf verlieben können. Als ich Natascha kennenlernte, habe ich nichts von deiner Gegenwart gespürt. Es war Bastet und – wie ich glaube – auch ein Teil des Menschen in ihr, der mich anzog. Ich liebte die Katze, den katzenhaften Menschen, nicht aber die Löwin. Selbst damals im Zoo habe ich nicht dich, sondern Bastet gesehen, habe ich recht? Wo also ist diese andere Seite deines Wesens? Ich spüre doch, dass sie irgendwo in dir steckt.«
    Mia ging hinüber zu einem der zerbrochenen Fenster und blickte hinaus. Das Tageslicht hatte nun selbst die schwarze Zone des Wracks erreicht. Dunkle Schatten wurden allmählich von weichem Grau überlagert.
    »Du spürst also meine andere Seite«, murmelte sie. »Interessant. Nun, dann wirst du es auch beim Spüren belassen müssen. Denn ganz sicher hast du sie heute zum letzten Mal gesehen. Ich werde es nämlich zu verhindern wissen, dass Bastet erneut meine Pläne durchkreuzt. Ihre elende Sentimentalität verursacht mir Übelkeit. Zeitweilig denkt und handelt sie schon ähnlich konfus wie ein Mensch. Man stelle sich vor: Eine Göttin, die sich freiwillig in derartige Niederungen herablässt! Als wenn es nicht schon entwürdigend genug wäre, in der Hülle einer dieser Kreaturen leben zu müssen.« Bei diesen Worten schlug sie wie wild auf sich ein. Ihre Finger hinterließen dabei deutliche Spuren auf Wangen, Hals und Armen. »Am liebsten würde ich auch dieses widerliche Stück Fleisch in Fetzen reißen!«, schrie sie.
    Tu dir nur keinen Zwang an , dachte ich. Ich werde dich ganz gewiss nicht aufhalten.
    Zu meiner Enttäuschung verrauschte ihr Selbsthass

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