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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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mich mit einem Ruck nach vorne. Joy, ich komme , dachte ich. Genau wie ich es dir in meinem Traum versprochen habe.
    Der Aufprall war weniger hart als befürchtet. Ich ging leicht in die Knie und verlagerte mein Gewicht dann zur rechten Seite. Die schmale Öffnung der Luke umschloss zudem meine Schultern und verhinderte so einen Sturz. Zum Verschnaufen blieb mir jedoch keine Zeit. Ich duckte mich sofort tiefer und leuchtete ins Innere der Höhle.
    Die Gruft war leer.
    Mit einer Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung schlurfte ich gebückt bis zu jener Stelle, an der man wieder aufrecht stehen konnte. Meine Lampe untersuchte dabei jeden Quadratzentimeter der schwarzbraunen Wände und des Bodens.
    Wonach hältst du eigentlich noch Ausschau? , fragte mich eine innere Stimme. Du siehst doch, dass sie nicht hier unten ist. Glaubst du etwa, Sachmet kommt plötzlich aus einer Wand?
    Man erkannte zwar überall deutliche Spuren von Schaufelblättern, die schartig abgestochenen Erdschichten wiesen aber keinerlei Unterbrechungen auf. Eine frische Grabung oder ein verdecktes Loch wäre daher schnell aufgefallen.
    Verdammt, worauf wartest du dann noch?, entrüstete sich meine ungeduldige andere Hälfte. Sieh zu, dass du so schnell wie möglich aus diesem Erdloch herauskommst. Beeil dich! Du steckst in einer Falle!
    Trotz allem rührte ich mich nicht von der Stelle. Ich wusste nicht, was es war, aber etwas war falsch. Irgendetwas fehlte.
    Es gibt kein Versteck hier unten , wiederholte ich stumm meine Beobachtung. Und plötzlich wusste ich, was mich stutzig gemacht hatte.
    »Nein«, murmelte ich vor mich hin, »kein Versteck … aber auch kein weiteres Grab.«
    Verwirrt untersuchte ich nun auch den Rest der Höhle, doch selbst dort, wo ich Joys Leichnam zur letzten Ruhe gebettet hatte, gab es keine neuen Spuren.
    Ein schrecklicher Gedanke drängte sich mit einem Mal in mein Bewusstsein. Konnte es sein, dass ich mich getäuscht hatte? War Rosalie am Ende etwa noch am Leben? Allein die Vorstellung daran ließ mich schwindlig werden. Mit zittrigen Beinen lehnte ich mich gegen die Wand.
    Es gab keine Beweise für einen Mord. Ich hatte keine Leiche gesehen. Nur das viele Blut.
    Tatsächlich? Ich begann, an meinen eigenen Erinnerungen zu zweifeln. War es wirklich so viel gewesen? Friedlander hatte sich von dem Blutfleck nur wenig beeindruckt gezeigt.
    Mein hechelnder Atem verstärkte sich.
    Wenn alles nur den verdrehten Windungen meines morbiden Gehirns entsprungen war, gab es nur eine logische Erklärung: Rosalie hatte sich bei ihrem erotischen Clinch mit Mia lediglich eine unglückliche Schramme zugezogen. Und nun waren die beiden Frauen unterwegs, um die Verletzung ärztlich versorgen zu lassen.
    Na wunderbar , dachte ich. Und warum war dann die Gruft geöffnet worden? Nur Mia und ich kannten den geheimen Zugang.
    Ich hatte den Eindruck, als ob die Luft in der Höhle immer stickiger wurde. Der fehlende Sauerstoff machte es beinahe unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Nichts ergab irgendwie mehr einen Sinn.
    Denk nach! Denk nach! Wenn Mia Rosalie getötet hat – und davon gehe ich nach wie vor aus – dann hat sie ihre Leiche ganz sicher hierher gebracht. Sie ist hier, verdammt! Mach einfach nur die Augen auf. Sie MUSS hier sein!
    Systematisch arbeitete ich mich wieder bis zur Luke vor. Ich befühlte und beklopfte Wände und Boden, aber nirgendwo fand sich der kleinste Hinweis. Entgegen aller Vernunft beharrte ich jedoch auf meinem Standpunkt. Rosalie muss hier unten sein , sagte ich mir immer wieder. Sie muss!
    Ich wollte gerade frustriert nach oben zum Ausgang tauchen, als der Strahl meiner ›Mini-Mag‹ eher zufällig auf die gegenüberliegende Wand der Höhle traf. Bislang hatte ich die schmale Nische kaum beachtet; ähnlich wie der Bus darüber, stieß auch die Höhle nach etwa zwei Metern gegen das Fundament der Hausruine. Die Rückwand wirkte seltsam verschmiert; im Schein der Lampe glänzte sie sogar an einigen Stellen. Neugierig kroch ich hinüber. Es sah ganz so aus, als ob dort unbekannte Hände eine Schicht mit feuchtem Lehm angebracht hätten. Doch warum sollte jemand eine Backsteinwand verdecken? , fragte ich mich. Ästhetische Erwägungen spielten in einer derartigen Umgebung wohl eine untergeordnete Rolle.
    Mit wachsender Erregung kratzte ich mit dem Stiel der Lampe über die Wand. Augenblicklich lösten sich bereits getrocknete Erdschichten und fielen zu Boden. Dahinter kam die Maserung eines

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