Katzenjammer
den beiden etwas wurde. Purer Stress war das damals! Aber wo war ich stehengeblieben ? Richtig. Daniel. Der setzte sich dann kurzerhand mit Aurora ab, einer sehr attraktiven Stargeigerin. Also, dass sie attraktiv war, hat Daniel behauptet. Ich persönlich fand ihre Eigenart, sich im Gesicht mit Farbe anzumalen, höchst suspekt.
Die Aussicht, dass Daniel nun vielleicht zurück in die Werkstatt kommt, finde ich allerdings klasse. Tagsüber mal ein Gespräch unter Männern, noch dazu mit einem so netten Hundefreund wie Daniel, ist doch eine willkommene Abwechslung nach den ganzen menschlichen Problemgesprächen, die ich mir hier in letzter Zeit anhören muss. Ich bin dafür!
»Jedenfalls muss ich Daniel mal anrufen und ihn fragen, ob er Zeit und Lust hätte, sich für ein paar Wochen von Aurora loszueisen und mir zu helfen.«
Als Zeichen meiner Zustimmung wedele ich begeistert mit dem Schwanz, was gar nicht so einfach ist, weil ich noch auf Carolins Schoß sitze.
»Hey!« Carolin kichert. »Das kitzelt, Herkules! Komm, ich setz dich wieder runter.«
Auf dem Boden lande ich direkt neben der Rose, die von dem ganzen Hin und Her schon ein bisschen mitgenommen aussieht. Carolin hebt sie auf und schaut sie nachdenklich an. Dann geht sie zum Waschbecken in ihrem Werkraum, nimmt ein Glas vom Regal darüber, füllt es mit Wasser und stellt die arme Rose hinein. So versorgt, landet diese schließlich auf Carolins Werkbank.
Die nächste Stunde verbringt Carolin damit, Holzstücke zu hobeln. Immer wieder setzt sie den Hobel ab und betrachtet das Holz, setzt wieder an, arbeitet ein wenig, setzt ab, guckt. Sie sieht sehr konzentriert dabei aus, fast habe ich das Gefühl, dass sie gerade ganz froh ist, sich endlich wieder mit Holz beschäftigen zu können.
Das Klingeln an der Werkstatttür reißt sie schließlich aus der Arbeit. Sie seufzt und geht nach vorne – es ist Nina, die einigermaßen aufgeregt aussieht.
»Grüß dich, Carolin! Du, ich muss dir unbedingt etwas erzählen.«
Na, endlich rückt sie mit der Sprache raus! Es geht doch bestimmt um Sabine.
»Muss das jetzt sein? Ich habe so viel zu tun und habe schon den ganzen Vormittag in Marcs Praxis verplempert.«
»Echt? Seit wann bist du denn Sprechstundenhilfe?«
»Gar nicht. Aber Frau Warnke, seine Assistentin, ist einfach nicht gekommen, und gleich heute früh gab es einen Notfall. Da brauchte Marc dringend etwas Hilfe.«
»Wie nett von dir. Aber es ist trotzdem wichtig. Magst du nicht kurz hochkommen? Falls du noch nichts gegessen hast, gibt’s bei mir noch Mozzarella mit Tomate. Was meinst du?«
Carolin lächelt.
»Das klingt natürlich gut. Okay, ich komme gleich rauf. Muss nur noch eine Sache zu Ende machen.«
»Diese Sabine war in Marcs Wohnung? Und ich habe nichts davon mitbekommen? Unglaublich.« Herr Beck ist fassungslos. Wir liegen unter dem Esstisch in Ninas Küche, und ich gebe Beck eine kurze Zusammenfassung der letzten 24 Stunden.
»Genau so war es. Und was noch unglaublicher ist: Sie dachte, Nina sei Carolin. Und Nina hat nichts dazu gesagt, sondern sie einfach in dem Glauben gelassen. Heute Morgen ist Sabine nochmal aufgekreuzt und dachte dann, die echte Carolin sei Frau Warnke. Deshalb hat sie Marc geküsst, obwohl Carolin daneben stand.«
Beck schüttelt den Kopf.
»Kleiner, jetzt geht die Phantasie mit dir durch. Das bildest du dir eindeutig ein. Ich müsste doch schon völlig senil sein, wenn ich von dem wilden Durcheinander nichts mitbekommen hätte. Das macht wahrscheinlich deine ganze Aufregung um diese Cherie. Da haben dir die Hormone schon völlig den Kopf vernebelt. Nee, nee, mein Lieber, diese wüste Geschichte kauf ich dir nicht ab.«
Hormone? Was meint Herr Beck denn damit? Ob das so was wie dieser Alkohol ist, den sich die Menschen bei jeder Gelegenheit reinkippen und mit dem sie nicht klar denken können? Aber ich habe nichts dergleichen zu mir genommen, eingebildet habe ich mir das ganze Tohuwabohu mit Sicherheit nicht. Außerdem kann ich ganz entspannt bleiben, denn ich gehe mal davon aus, dass die dringende Geschichte, die Nina gleich loswerden will, im Wesentlichen mit meiner übereinstimmt. Und dann wird Beck ganz schön dumm aus der Wäsche gucken. Was schläft der auch an entscheidender Stelle ein? Selbst schuld! Ich krieche unter dem Tisch hervor. Wenn es gleich losgeht, will ich schließlich alles mitbekommen. Beck hingegen bleibt liegen. Er scheint sich seiner Sache sehr sicher zu sein.
Nina stellt zwei Gläser
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