Katzenkrieg
gab sie fast ohne Berührung wieder frei. Als sie sich außer Gefahr sahen, lösten sie sich voneinander und beschleunigten ihre Schritte. Bei der Glorieta de Cuatro Caminos leitete eine Einheit der Bereitschaftspolizei den Verkehr um. Da kein Taxi in Sicht war, nahmen sie im Bahnhof Tetuán die Metro bis Ríos Rosas; dort bestiegen sie ein Taxi. Anthony gab die Adresse des Palais in der Castellana an. Als sich der Wagen in Bewegung setzte, machte es sich Paquita im Sitz bequem, seufzte und sagte: «Nun haben Sie es also gesehen. Sagen Sie mir ehrlich Ihre Meinung.»
«Ehrlich? Ihr Freund ist vollkommen durchgedreht.»
Paquita lächelte traurig und sammelte sich eine Weile, ehe sie mit schwacher Stimme antwortete: «Ich werde Ihnen gewiss nicht widersprechen. Trotzdem binden mich stärkere Gefühle als die Vernunft unauflöslich an ihn. Mein Schicksal und das seine sind auf Gedeih und Verderben miteinander verbunden. Nehmen Sie nicht wörtlich, was ich sage – diese Erklärung hat keine praktische Bedeutung und wird sie auch nie haben. Das Verhängnis hat es gewollt, dass unsere Schicksale parallel verlaufen, ohne sich je zu treffen. In Einzelheiten zu gehen wäre schmerzlich für mich und langweilig für Sie. Im Übrigen blendet mich das Gefühl nicht. Es ist mir vollkommen bewusst, dass José Antonios Ideologie inkonsistent ist, dass die Partei weder ein Programm noch einen gesellschaftlichen Rückhalt hat, und seine berühmte Eloquenz besteht darin, mit Mutterwitz zu sprechen, ohne etwas Konkretes zu sagen. Und die anderen – Ruiz de Alda ist nur ein Symbol, Raimundo Fernández Cuesta ist ein Notar ohne politisches Gespür und Rafael Sánchez Mazas ein Intellektueller, kein Mann der Tat. Keiner von ihnen hat die unverzichtbare Autorität oder den Sinn für Strategie, um eine revolutionäre Bewegung zu führen. José Antonio hat diese Eigenschaften, aber es widerstrebt ihm, sie einzusetzen. Er würde es aufgeben, wenn es nicht schon zu spät wäre – es ist schon zu viel Blut vergossen worden, um einen Rückzieher zu machen. Und fortzufahren ist ein Wahnsinn. Sollte die Falange durch ganz merkwürdige Umstände an die ersehnte Macht gelangen, so würde sich José Antonios Schicksal nicht ändern; bestenfalls würde man ihn benutzen, schlimmstenfalls würden ihn seine eigenen Verbündeten beseitigen.»
Anthony war klar, dass sie verstummen würde, wenn er etwas sagte, dass sie aber, wenn er schwieg, den Fluss der Vertraulichkeiten nicht mehr eindämmen könnte, und er schwieg. Beinahe ohne Pause fügte Paquita hinzu: «Sie werden sich fragen, warum ich Ihnen das alles erzähle, warum ich Sie zu dieser Versammlung mitgenommen habe, warum ich Ihnen Vertrauen schenke. Erstens tue ich es, weil für Sie bald der Moment kommt, eine endgültige Entscheidung zu treffen, und ich möchte, dass Sie über die nötigen Kriterien verfügen. Zweitens, weil ich Sie schätze und achte und Sie mich nicht für eine Manipuliererin halten sollen, obwohl ich Sie ohne die geringsten Bedenken benutze, wie Sie gesehen haben. Zweimal habe ich Ihnen gesagt, ich sei bereit, Ihren Gefallen zu erwidern, und ich nehme nie mein Wort zurück.»
Das Taxi hielt vor dem Eingang des Palais, und Anthony war froh, nicht sogleich auf dieses unbestimmte Angebot antworten zu müssen. Er machte eine vage Handbewegung, und sie zog brüsk die Hand aus dem Muff und reichte sie ihm. «Gute Nacht, Anthony», flüsterte sie, «und danke für alles.»
«Gern geschehen», antwortete er und fügte ernst hinzu: «Einen Moment lang habe ich gedacht, Sie würden einen Revolver aus dem Muff ziehen.»
«Ich habe nie eine Waffe bei mir», sagte sie lächelnd, «und glaube auch nicht, dass ich sie bei Ihnen brauche. Geben Sie mir keinen Anlass, meine Meinung zu ändern.»
Sie drückte ihm die Hand, öffnete die Tür und stieg aus. Bevor er dasselbe tun konnte, um sich auf der Straße von ihr zu verabschieden, war sie schon auf der anderen Seite des Tors und verschwand im Halbdunkel des Gartens. Anthony verstand, dass er hier nichts weiter zu suchen hatte, nannte dem Taxifahrer die Adresse des Hotels und dachte den Rest der Fahrt über Paquitas Worte nach. Seine persönliche Erfahrung bis zu diesem Augenblick hatte ihn den spanischen Faschismus als eine gefestigte Bewegung ohne Risse sehen lassen. Jetzt verlor dieses Bild seine Gültigkeit durch die Argumente einer Person, an deren Wahrhaftigkeit nicht zu zweifeln war. Trotz der Arroganz und des Größenwahns ihrer
Weitere Kostenlose Bücher