Katzenmond
erwähnt hat. Jemand wollte das Hotel für eine Art Tagung buchen, aber Exo hat abgelehnt. Er hat gesagt, irgendetwas an dem Mann sei ihm komisch vorgekommen.«
»Wann war das?« Ich beugte mich vor, und Chase machte sich Notizen.
»Vor etwa einer Woche … fünf Tagen? Irgendwann vergangene Woche jedenfalls. Ich erinnere mich daran, weil wir uns deshalb gestritten haben. Ich habe ihm gesagt, es sei dumm von ihm, auf so viel Geld zu verzichten. Er hat erwidert, mit diesen Leuten sei was nicht in Ordnung. Ich … ich …«
Sie schluckte schwer und starrte uns an wie ein Reh im viel zu grellen Scheinwerferlicht. »Ich habe gesagt, er liebe seine Familie nicht, weil er ständig seine Moral vor unser Wohlergehen stelle. Er wollte mit mir darüber reden, aber ich nicht – ich habe ihn sogar auf dem Sofa schlafen lassen. Gestern hat er mir einen Strauß Rosen gebracht, ehe er zur Arbeit gegangen ist, und mir gesagt, wie sehr er mich liebt. Ich war immer noch sauer auf ihn – und habe ihm nicht geantwortet! Und jetzt … jetzt werde ich das nie wiedergutmachen können. Er ist in dem Glauben gestorben, ich würde ihn nicht mehr lieben.«
Claudia brach vor unseren Augen zusammen. Schon war Nerissa bei ihr, schlang die Arme um ihre Schultern und flüsterte ihr ins Ohr.
Ich wechselte einen Blick mit Chase. Das war zu persönlich – ein sehr privater Augenblick tiefer Trauer und Reue, bei dem es keine Zuschauer geben sollte. Während Nerissa die weinende Frau in den Armen hielt, verließen wir leise den Raum, zusammen mit Marion, die ihr eigenes Trauma zu überwinden hatte.
»Zumindest haben Trixie und ich uns im Guten verabschiedet. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, haben wir über die Pläne für ihre Europareise gesprochen. Die wird sie jetzt nie machen.« Marion zuckte mit den Schultern wie jemand, der alle Hoffnung aufgegeben hat. »Als ich das mit der Explosion im Radio gehört habe … da wusste ich es. Sie wollte bei den Vorbereitungen zum Frühlingsball helfen und sich im Gemeindehaus mit den Organisatorinnen treffen.«
Der Frühlingsball – Viva la Primavera – sollte am Wochenende nach der Tagundnachtgleiche stattfinden, aber auch diese Pläne waren jetzt wohl zu Staub zerfallen. Ich schlang Marion einen Arm um die Schultern.
»Was ist mit dir? Soll dich jemand nach Hause fahren?« Ich strich ihr das Haar aus den Augen. Kojotewandler waren hager, gertenschlank und hatten immer einen hungrigen Ausdruck in den Augen, auch dann, wenn sie gut genährt waren. Jetzt jedoch sah Marion einfach nur todmüde aus.
Sie schüttelte den Kopf. »Mein Mann ist schon unterwegs hierher. Ich gehe noch heute Nacht Trixies Unterlagen durch, vielleicht finde ich irgendeinen Hinweis auf die Koyanni oder Van und Jaycee. Schlafen kann ich sowieso nicht, glaube ich. Ich rufe dich morgen an, falls ihr euch nicht zuerst meldet.«
Und damit eilte sie zwischen den Schreibtischen hindurch in Richtung Ausgang. Ich sah ihr nach und hatte das ungute Gefühl, dass sie einfach in der Nacht verschwinden könnte, sobald sie das Hauptquartier verließ – ein weiteres Opfer des Phantoms, nach dem wir suchten.
Erschöpft folgte ich Chase zum Besucherraum, wo Shade auf mich wartete. Ich hatte Camille den Schlüssel meines Jeeps gegeben, damit sich nicht alle zusammen in ihren Wagen hatten quetschen müssen. Als ich mich auf einen Stuhl sinken ließ, fragte ich mich, wie zum Teufel wir jetzt nach Hause kommen sollten. Doch dann sah ich Bruces Fahrer an der Tür stehen. Er verneigte sich dezent.
»Vielen Dank, Tony«, sagte ich. »Sie hätten nicht auf uns warten müssen. Sie sind sicher auch hundemüde.«
»Fräulein Nerissa hat darum ersucht. Sie sagte, sie selbst werde dann mit Fräulein Menolly fahren.« Er war übertrieben höflich und korrekt und sah sehr jung aus, aber ich hatte das Gefühl, dass dieser Eindruck täuschte.
Ich schenkte ihm ein müdes Lächeln. »Ach, Tony, bitte nicht so förmlich. Einfach nur Delilah, Nerissa und Menolly. Wir kommen sofort.«
»Jawohl, Fräulein Delilah.« Er tippte sich an die Mütze und verließ das Gebäude. Ich wandte mich Chase zu.
»Also, kannst du morgen früh wieder herkommen? Ich hätte dich wirklich gern dabei, wenn ich die Angehörigen noch mal befrage.« Er schlug mir sacht mit der dünnen Aktenmappe auf den Kopf und lächelte schief. »Bitte?«
»Morgen kann ich nicht mitgehen. Iris heiratet doch morgen. Ich muss bei den Vorbereitungen helfen.« Ich wusste, wie
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