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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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zusammen und starrte das Bild an wie ein bockiges Kind. Dann zuckte sie die Achseln. »Da hing wahrscheinlich der Schlüssel zum Hausboot.«
    Durch Liebermanns Schläfen fuhr ein leichter Schmerz. Ein gemeinsamer Bekannter. »Menne, der Maler«, murmelte er, während er zu Constanzes duschendem Double blickte. »Fräulein van Hoefen besitzt einen Schlüssel für sein Boot?«
    »Sie verwahrt ihn nur«, sagte Elsa. »Er macht gerade eine Kur. Wir haben das Boot mal für eine Lesung benutzt, wegen der Atmosphäre. Selbstverfasste Geschichten, Gedichte und dergleichen. Von Constanze waren auch welche dabei. Leider ist einigen Anwesenden von dem Geschaukel schlecht geworden, deshalb ist es bei einem Mal geblieben.«
    Mit halb geschlossenen Augen malte Liebermann ein paar Worte auf seinen Block. »Ein Schatten ist mit uns«, sagte er zu Müller, als er ihn wieder einsteckte. »Merken Sie’s?«
    Der Oberkommissar glotzte ihn ausdruckslos an. »Sollte ich?«
    »Aber ja. Er hat uns heute zum zweiten Mal den Weg verstellt. Er pinkelt uns ans Bein. Und da er dafür einen Grund haben muss, will er uns offenbar etwas sagen. Das Dumme an Schatten ist nur, wie bei Katzen, dass sie undeutlich sprechen.« Er nickte der Rektorin zu, die mit offenem Mund in der Tür stand. »Keine Sorge, über kurz oder lang werden wir ihn verstehen lernen.«
    Ein paar Regentropfen rieselten unentschlossen auf sie herab, als sie die Schule verließen.
    Müller klappte seinen Kragen hoch und begann, die Treppe hinunterzusteigen. Während Liebermann noch am Reißverschluss seiner Jacke nestelte, sprang ihm plötzlich aus dem Nichts eine Katze vor die Füße. Sein Schreckenslaut brachte Müller dazu, sich umzudrehen. »Igitt! Was für ein mageres Ding!«
    »Ich glaube, das ist eine spezielle Sorte«, sagte Liebermann, der sich wieder gefangen hatte. »Und wie es aussieht, apportiert sie etwas.« Er ging in die Knie. Die Katze starrte ihn kalt an und nahm die Zähne auseinander. Etwas Kleines, Sperriges fiel in seine rechte Hand. Liebermann betrachtete es verblüfft. »Stellen Sie sich vor, Müller, die Katze hat mir gerade eine Brille gegeben.«
    Schnaufend stieg der Oberkommissar wieder zu ihm hinauf. Er drehte und wendete die Brille und hielt sie sich schließlich vor die Augen. »Verdammt. Wer die verloren hat, tappt jetzt wie ein Maulwurf durch die Gegend.« Er ließ sie sinken und sah Liebermann an. »Denken Sie, was ich denke?«
    »Dazu müsste ich wissen, was Sie denken.«
    »Dass dieses Ding hier mindestens vier Dioptrien hat und kein Kassenmodell ist. Ich frage mich nur, wie das Vieh daran gekommen ist.«
    »Wenn mich nicht alles täuscht, ist es drauf und dran, es uns zu sagen«, entgegnete Liebermann. Er deutete auf die Katze, die von der Treppe gesprungen war und ihnen von einer Ecke der Villa her entgegenknurrte. »Lassen Sie uns sehen, ob ich recht habe.«
    Die Katze glitt um die Schule herum in den Garten, wo sie zielstrebig auf einen Laubhaufen vor einem Schuppen zusteuerte, aus dem überschnappendes Gebell drang.
    »Da haben wir den Wolf der Mädchen«, meinte Liebermann. »Der hat es im Viertel zu einiger Berühmtheit gebracht.«
    »Ein echter?«, fragte Müller.
    »Kaum.«
    Die Katze setzte sich an den Rand des Laubhaufens und miaute. Einen Augenblick später tauchten drei weitere aus dem Schatten des Schuppens und gesellten sich scheu zu ihr. Sie schienen in jeder Hinsicht das Gegenteil ihrer Führerin darzustellen.
    »Perser«, sagte Müller.
    Liebermann begann, mit dem Schuh Laub auseinanderzuschieben. Nach einer Weile hockte er sich hin und nahm die Hände zu Hilfe. Die vier Katzen sahen ihm interessiert zu. Müller kam zu dem Schluss, dass ihm die Perser besser gefielen als die Dürre. Dann fragte er sich, was sein Vorgesetzter da eigentlich trieb. Im selben Moment richtete Liebermann sich mit einemleisen Ruf auf und hielt einen Gegenstand in die Luft. Ein paar matschige Ahornblätter klebten daran. Dennoch war unschwer zu erkennen, dass auch dieses Handy, wie die Brille, einmal seinen Preis wert gewesen war.

17
    Nach annähernd zwei Stunden völliger Bewegungslosigkeit im Schutz einer alten Buche beschloss der Schatten, seinen Plan zu ändern. Er war verärgert. Bis hierhin war alles wie vorausgesehen gelaufen, hatte jeder seiner Winkelzüge das erwartete Ergebnis gezeitigt. Sie hatten das Urteil des Alten bestätigt: nur Idioten um ihn herum. Selbst die, die nicht so aussahen. Er wäre stolz gewesen, der Alte, angesichts des

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