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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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kann ihn später gegessen haben.«
    »In dem Fall hätte er ihn aber zusätzlich zum Eis im Magen«, wandte Liebermann ein. »In Dr. Genrichs Bericht steht nichts von Eis.« Er ließ den Motor an und fuhr rückwärts, bis er eine Wendemöglichkeit fand. »Wissen Sie, was ich glaube?«
    »Sie werden es mir sagen«, murmelte der Oberkommissar in sein Doppelkinn.
    »Ich glaube, dass die kleine, selbstsüchtige Eigenmächtigkeit des Wirts am Mittwoch jemandem einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Jemandem, der die Wochenangebote an der Tafel der Möwe studiert und sich blind darauf verlassen hat. Und zwar, könnte man weiterspinnen, jemandem, der selbst ab und an hier isst oder zumindest hier vorbeikommt und den Aufsteller vor dem Restaurant liest. Wussten Sie, nebenbei gesagt, dass unser kleiner Herr Feldmeyer die Möwe mit Yugoslavs beliefert?«
    Müller schwieg.
    »Und dass wiederum die Aphrodite ihr Eröffnungsbuffet mit Hilfe des Möwenwirts bestückt hat? Solcherart Netzwerke liegen offenbar in der Natur dieses Stadtviertels. Leider erschweren sie uns die Arbeit.«
    Müller warf die Fotos auf die Armatur zurück, im selben Moment, als Liebermann das Auto scharf rechts auf die Zeppelinstraße zog. Der Kopf des Oberkommissars prallte gegen den Ellbogen seines Vorgesetzten. »Bleiben Sie mir erhalten!«, mahnte Liebermann.
    Fluchend richtete Müller sich auf. »Zum Teufel, würden Sie mir zur Abwechslung mal verraten, wohin Sie fahren?«, knurrte er.
    »Wieder zur Havel, nur ein Stück weiter unterhalb«, sagte Liebermann. »Sie sehen, das Wasser lässt uns nicht los.«
    Zu seinem Bedauern rührte sich hinter Feldmeyers Tür auch nach mehrmaligem Läuten mit der altertümlichen Schiffsglocke nichts. »Unterrichtszeit«, sagte er achselzuckend. »Kommen Sie, Müller, der rennt uns nicht weg, solange die Ernte noch nicht abgeschlossen ist.«
    Er eilte vom Boot, winkte Frank, der einen Fahrradanhänger voll zusammengerollter Bastmatten ablud, und wartete, bis der schwitzende Oberkommissar ihn eingeholt hatte.
    »Wie viel wiegen Sie?«, fragte er und umriss ihn mit einemraschen Blick. »Was soll’s. Bewegen Sie sich einfach vorsichtig. Die Planken, die wir jetzt überqueren, sind morsch.«
    Aber sie hielten. Müller beobachtete resigniert, wie der Hauptkommissar über ächzende Bretter auf das Deck eines abgetakelten Kahns kletterte, dann seufzte er und stieg ihm mit schwärenden Eingeweiden nach. Es war das erste Mal, dass seine Magenpillen nicht anschlugen. Unter seinen Füßen flimmerte der Fluss. Keine Sonne, nur Wolken und ein paar Möwen über einigen verstreuten Booten.
    Liebermann drehte bereits am Türknauf einer langgezogenen Kajüte, als Müller bei ihm ankam. »Verschlossen.« Er klopfte.
    »Halt«, japste Müller. »Ich will auf der Stelle wissen, was das hier werden soll. Im anderen Fall fahre ich augenblicklich zurück und reiche eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein.«
    Liebermann wandte den Kopf und sah ihn verwundert an. »Das ist das Boot, von dem der Schlüssel fehlt. Das Boot des Malers, ich dachte, das wüssten Sie.«
    »Woher«, zischte Müller. »Aus meinem Horoskop vielleicht?«
    »Ich habe Ihnen davon erzählt, es ist das Boot mit dem Wolf.«
    Müller verdrehte die Augen. Für einen Augenblick fürchtete Liebermann, dass sein Herz schlappmachen könnte. »Reichen Sie Ihre Aufsichtsbeschwerde ein«, sagte er beschwichtigend. »Oder verprügeln Sie mich, wenn Ihnen das lieber ist. Aber stehen Sie das hier noch mit mir durch, Oberkommissar!«
    Auf Müllers farblosen Lippen zeigte sich ein schwaches Grinsen. »Ist das ein ernsthaftes Angebot?«
    Liebermann zögerte. »Ja.«
    »Ich nehme Sie beim Wort, verlassen Sie sich drauf. Im Übrigen macht keiner auf.«
    Liebermann klopfte noch einmal. »Wir gehen rum«, sagte er, als nichts passierte, und verschwand um die Ecke. Müller fand ihn vor einem gekippten Fenster wieder, einen Arm in den schrägen Spalt versenkt.
    »Lassen Sie mich mal!«, befahl Müller und schob ihn beiseite.
    Einige Sekunden später schwang das Fenster, nur noch in einer Angel hängend, auf. Liebermann nickte ihm anerkennend zu und steckte den Kopf hindurch. Im nächsten Moment schnellte er zurück. »Gehen Sie zur Tür«, sagte er mit blassem Gesicht. »Ich mache von innen auf.«
    Am Vortag, fand Müller, hatte Constanze van Hoefen besser ausgesehen.
    Aber ein blaugrauer Teint stand nun mal den wenigsten. Die Farbe hatte auf die heraushängende Zunge

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