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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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übergegriffen, sogar auf die Ohren. Wenigstens waren ihre Augen geschlossen. Es mochte an der Haltung ihres Kopfes liegen, dass der Oberkommissar sich dennoch beobachtet fühlte. Er ruhte, leicht erhöht, auf einer Sammlung leerer Eierpackungen. Alle anderen Körperteile schienen sich im Fallen ihre jeweiligen Lieblingspositionen ausgesucht zu haben und lagen in verschiedene Richtungen weisend unter dem Fenster, durch das Liebermann eingestiegen war. Letzterer zog mit noch immer fahlem Gesicht sein Handy aus der Tasche. Während er leise Instruktionen durchgab, machte Müller sich auf Erkundungstour. Die Inneneinrichtung von Schiffen hatte ihn schon immer fasziniert. Möbel, die aus Wänden und Fußboden wuchsen oder darin eingelassen waren, vorzugsweise aus honiggelbem Holz und ohne überflüssigen Schnickschnack. Bei einer anderen Gelegenheit wäre es ihm eine Wonne gewesen, die versteckten Türen zu öffnen und an die Pendellampe über dem Kastentisch zu tippen. Schade nur, dass die Wandpaneele an manchen Stellen mit Farbe beschmiert waren und eine überquellende Flaschenkiste neben der Tür allzu deutliche Rückschlüsse auf das feuchte Hobby des Malers zuließ. Darüber bildeten drei verbogene Zimmermannsnägel die Garderobe. An einem hing ein schmutziger Kittel, an einem anderen ein hellbrauner Sommermantel. Müller juckte es in den Fingern,aber er beherrschte sich und wandte sich zum Kühlschrank, der sich nahtlos an eine abgestoßene Kochzeile schmiegte. An seiner freien Seite lehnte eine zusammengeklappte Staffelei. Darunter schimmerten die Scherben eines blaugoldenen Gefäßes, offenbar einer Vase. Das Jucken in Müllers Fingerspitzen nahm zu. Hinter seinem Rücken telefonierte Liebermann inzwischen mit Dr. Genrich. Müller öffnete eine kleine Tür, die aus der Kajüte hinausführte, und geriet in einen schmalen Gang, von dem zwei weitere Türen abgingen. Die erste barg eine speckige Toilette. Die andere führte in eine mit Leinwänden vollgestopfte Abstellkammer. Als er zurückkehrte, hatte Liebermann sein Telefonat beendet und untersuchte das Fenster.
    »Sie hat versucht, es aufzumachen.«
    »Logisch. Sie hat Panik gekriegt, als es gewirkt hat.«
    »Was?«
    Müller ließ sein Kinn hängen. »Das Gift.«
    Liebermann wiedersprach nicht. Er fragte nur: »Warum hat sie nicht einfach die Tür genommen?« Er hielt einen kleinen Schlüssel in die Luft. »Der lag neben ihr. Ich habe Sie damit reingelassen.«
    »Sie hätten Handschuhe anziehen sollen«, schnaufte Müller.
    »Erinnern Sie mich daran, der KTU nachher meine Fingerabdrücke zu geben. Also, was meinen Sie?«
    Müller sah seufzend auf die verrenkte Leiche. »Angenommen, sie war schon so hinüber, dass sie den Schlüssel nicht mehr ins Schloss bekommen hat. Ein Fenster ist da einfacher. Dass sie den Schlüssel überhaupt hier hat, spricht für sich.«
    »Und was sagt es uns?« Tief unten in der Bläue von Liebermanns Augen schimmerte es grün.
    Zu seinem Schrecken fühlte Müller sich angezogen. Eilig senkte er die Lider. »Sie hat sich eingeschlossen.«
    »Aber wozu?«
    Müller hob die Schultern. »Wozu schließt man sich ein, wennman sterben will? Damit man seine Ruhe dabei hat vermutlich.« Er zeigte auf ein Glas mit dunkelroten Rückständen, das auf dem Kastentisch stand.
    »Ich wette, sie hat sich vorher Mut angetrunken oder die Beeren damit runtergespült. Wahrscheinlich beides. Wenn wir Glück haben, lässt sich noch was nachweisen.«
    »Sie glauben, sie wollte sterben?«, fragte Liebermann bedächtig. »Wie erklären Sie sich dann, dass sie versucht hat, aus dem Fenster zu steigen?«
    »Wie gesagt: Panik. Sterben wollen ist eine Sache. Es zu tun eine andere. Was glauben Sie denn, was sie hier wollte?«
    Liebermann wog den Schlüssel in seiner Hand, ohne sich um den lauernden Blick des Oberkommissars zu kümmern. »Gestern Abend habe ich kurz bei Fräulein van Hoefen vorbeigeschaut, um mir Klarheit in einem Detail zu verschaffen. Da wirkte sie ganz normal. Ungefähr eine halbe Stunde nachdem ich gegangen war, rief sie mich noch einmal an. Und da war sie aufgeregt! Nach meinem Besuch war ihr offenbar etwas eingefallen. Oder aufgefallen, das ist schwer zu sagen, denn sie hat sich etwas verschwommen ausgedrückt, und ich befand mich in einer Kneipe. Da es nicht direkt um Leben und Tod zu gehen schien, habe ich ihr vorgeschlagen, heute nach Unterrichtsende ins Dezernat zu kommen. Sie war einverstanden. Und jetzt liegt sie hier, blau wie ein

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