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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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so nah an sie heran, dass sich ihre Nasen fast berührten. »Bismarck hat einmal gesagt, dass es Dinge gibt, diekitzeln, und Dinge, die kneifen. Ich habe den Satz nie verstanden, hab ihn immer für einen seiner kauzigen Sprüche gehalten, bis Bella kam. Da ist mir aufgegangen, dass die überfallenen Kater der letzten Wochen mich kitzeln. Jetzt aber hat er eine Katze entführt, die ihr Leben in den Dienst ihrer Gefährtinnen gestellt hat. Sollte er dieser Katze etwas antun, Maja, während ich tatenlos hier sitze, wird es mich ein Leben lang kneifen.«

19
    Franziska Genrich riss die Tür auf. »Was, zur Hölle, ist das?«
    Ihr Sohn sah sie vorwurfsvoll an, während seine Lippen Worte formten. Nach einigen Sekunden drehte er den Regler seiner Anlage herunter. »Rhapsody of fire.«
    »Rhapsody of Hirntod meinst du! Wozu haben wir dir einen iPod geschenkt?«
    Er wies auf ein winziges Stück Plastik, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Daneben standen zwei Lautsprecher, ebenfalls nicht sonderlich groß. Dass man damit einen solchen Budenzauber veranstalten konnte, schockierte Franziska.
    »Setz deine Kopfhörer auf, sonst kannst du ab morgen mit dem Plattenspieler rhapsodieren!« Sie schmiss die Tür zu und kehrte auf den Balkon zurück, um festzustellen, dass ihre Zigarette inzwischen einen Fleck in den Tisch gebrannt hatte. Aus dem Arbeitszimmer ihres Mannes klangen gutturale Laute. Franziska schloss auch die Balkontür und ließ sich auf ihren Gartenstuhl fallen. Stellte den Aschenbecher auf den Brandfleck und zog an der nach Holzschutzmittel riechenden Zigarette. Zündete ein neues Windlicht an. Vor ihr lagen drei Fotos. Vielleicht hatte sie gehofft, dass sich während ihrer Abwesenheit etwas an ihnen ändern würde. Eine Kleinigkeit nur, eine Zahnspange etwa, die vorher nicht da war, oder die Neigung eines Brauenbogens. Leider war alles beim Alten. Franziska warf den giftigen Stummel in den Aschenbecher, goss sich Wein nach und zündete eine neue Zigarette an. Beide, Wein und Zigarette, waren mit der Aufgabe betraut, ihr über die unvermeidlichen Tatsachen hinwegzuhelfen. Sie kamen ihr miserabel nach.
    Das linke Foto zeigte sie selbst mit sechzehn Jahren. Gott, was die Mode der Achtziger mit ihr angestellt hatte. Sie sah aus wieein Wischmopp. Elsa nicht, die hatte es irgendwie geschafft, dem Dauerwellendiktat zu entgehen, und trug ihre Haare offen und glatt. Der Junge zwischen ihnen suchte unverkennbar ihre Nähe, was schade war, denn Franziska und nicht Elsa war in ihn verliebt gewesen. Elsa hatte mit ihm gespielt. Und selbst das eigentlich nur, um ihrer Freundin zu zeigen, wie man einen Jungen herumbekam. »Es braucht nur drei, vier Tricks«, hatte sie gesagt. »Ein Eis zu kaufen ist schwieriger.« Sie war sofort zur Tat geschritten, und Franziska hatte in die Röhre gesehen. Eine Zeitlang hatte sie Elsa damals gehasst. Bis zutage getreten war, dass auch Knut Kaiser mit Elsa nur gespielt und sie dann in einem Zustand zurückgelassen hatte, in dem man unweigerlich Probleme mit den Eltern bekam. War ein ganz schönes Chaos gewesen damals. Elsa hatte Gift und Galle gespuckt und dann das Notwendige getan. Eigentlich hätte danach alles wie vorher sein können. War es aber nicht. Die alte Vertrautheit zwischen ihnen hatte einen irreparablen Knacks bekommen. Vergessen die Klassenfahrt nach Prag, auf der Franziska und sie sich denselben Ring gekauft hatten. »Das Zeichen der Hekate«, hatte Elsa gesagt, »der Göttin, der Urfrau.« Blanker Unsinn, aber damals war es okay gewesen. Nach der Sache mit Kaiser hatte Franziska ihren Ring ins Klo geworfen. Schluss mit Hekate, Schluss mit Elsa und dem Traum von der großen Liebe.
    Die beiden rechten Fotos zeigten, was aus Letzterer werden konnte: Kein Wunder, dass sie den Namen nicht sofort mit der Wachsfigur auf ihrem Seziertisch zusammengebracht hatte. Damals hatte Knut, abgesehen von der Brille, über mehr Haare und weniger Kinn verfügt und über eine natürliche Bräune. Aber für sein Alter sah er immer noch ganz passabel aus, selbst als Toter. Und das Mädchen … Seufzend zog Franziska das Bild zu sich heran. Sie hatte es im Institut gemacht, unbeobachtet und verschämt, als vergriffe sie sich an ihrer Unschuld. Dieses Mädchen war Elsa in jung. Blonder zwar, etwas schmaler, aberdennoch. Selbst das Gift hatte die zarten Züge nicht zu zerstören vermocht. Und wenn sie richtig informiert war, hatte sie Elsas Ring getragen. Den dieser Idiot von Liebermann ihr mit seinen

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