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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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Sparkasse losgeworden, der Betreiber hat sie mir praktisch aus der Hand gerissen. Ich könnte Ihnen stattdessen ›Himmelsstürmer‹ anbieten. Die sind auch nicht schlecht.«
    »Von mir aus«, erwiderte Liebermann und versuchte sich die Früchte vorzustellen, die sich hinter einem so aerodynamischen Namen verbargen.
    Seufzend zog Feldmeyer die Tür hinter sich zu, stopfte den Inhalt seiner rechten Faust in die Hosentasche und winkte ihm zu folgen.
    »Sind Sie in der Angelegenheit mit der Wasserleiche schon weitergekommen?«, erkundigte er sich, als sie hintereinander die Treppen erklommen.
    »Um Haaresbreite.«
    »Und das bedeutet?«
    »Wir wissen, wer er ist und was ihn vermutlich das Leben gekostet hat. Aber nach wie vor«, fügte Liebermann mit Blick auf eine dunkelrote Schliere im linken Mundwinkel des Lehrers hinzu, »sind wir über jede Ergänzung dankbar.«
    Schnaufend brachte Feldmeyer den Rest der Treppe hinter sich. »Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Ich hab Ihnen alles gesagt, was ich weiß. Sogar doppelt, dreifach, wenn ich’s noch mal für das Protokoll wiederholen muss. Und dass ich seitletztem Mittwoch unter Bettflucht leide und die Bullaugen in meiner Bibliothek abgehängt habe, wird Sie wohl kaum interessieren.« Sie erreichten das Oberdeck.
    »Doch. Ich habe ebenfalls von dem Toten geträumt.«
    Darauf entgegnete Feldmeyer nichts. Erst als sie sich hintereinander durch eine schmale, grüne Gasse schlängelten, fragte er, ohne sich umzudrehen: »Woher stammen Sie?«
    »Aus Berlin«, antwortete Liebermann verblüfft.
    »Ost oder West?«
    »Kaulsdorf.«
    »Osten also. Dann dürften Sie die hier vielleicht kennen.« Feldmeyers rechte Hand streifte eine Pflanze, deren Blätter Liebermann an Kartoffeln erinnerten.
    »Tamino, eine der bekanntesten Sorten in der DDR.«
    »Sieh an«, sagte Liebermann und betrachtete die prallen Früchte. Genau so hatten Tomaten seiner Meinung nach auszusehen. »Ich glaube, ich würde statt der Himmelsstürmer lieber einen Korb von diesen hier kaufen.«
    »Gern. Wenn ich einen finde.«
    Kurz darauf kehrte Feldmeyer mit einer leicht zerbeulten Plastikschale zurück. »Mir ist eingefallen, dass der letzte Korb an die Nachbarn gegangen ist. Für den Moment muss die hier genügen.«
    »Welche Nachbarn meinen Sie?«, fragte Liebermann. »Die jungen Eltern zwei Boote weiter oder Rolli?«
    In Feldmeyers schmalzige Wangen schoss plötzlich Farbe. Es sah aus, als hätte ihm jemand Blut gespritzt. »Sie kennen sich hier ja schon bestens aus, wie?«
    »Nicht sehr«, lächelte Liebermann. »Außer Ihnen hatte ich bislang nur mit Rolli das Vergnügen. Ein origineller Typ, finden Sie nicht?«
    Feldmeyer riss so heftig an einer Tamino, dass der Stiel abbrach.
    »Er hat mir erzählt, dass er am vergangenen Dienstag- und Mittwochabend auf einem Heimkonzert war«, fuhr Liebermann fort. »Aber da Sie die Polizei gerufen haben, wissen Sie das wahrscheinlich besser als ich.«
    »Was anderes hilft ja nicht bei diesem Egoisten«, schnaubte Feldmeyer, inzwischen so dunkelrot wie seine Tomaten. »Der wartet doch nur drauf, dass man bei ihm angekrochen kommt und Kratzfüße auf seiner Türschwelle macht. Aber nicht mit mir. Die Polizei hat seinen Namen auf der Liste, ich brauche nur einen Knopf zu drücken.«
    »Praktisch«, gab Liebermann zu. »Ich fand es übrigens interessant, dass er mich ausgerechnet zu Ihnen geschickt hat, als ich ihn auf den Toten ansprach. Da sieht man mal, wie wenig Nachbarn zuweilen voneinander wissen.«
    »Er hat was?!« Die Schale in Feldmeyers Hand senkte sich so abrupt, dass die beiden Früchte darin zu Boden plumpsten. Sein Unterkiefer begann unkontrolliert zu zucken. »Dieser Hund«, stammelte er.
    Liebermann sammelte die Tomaten auf und nahm ihm behutsam die Schale ab.
    Feldmeyer schien es nicht zu merken.
    »So ein Mistkerl! Das macht der mit Absicht, glauben Sie ihm kein Wort!«
    »Er hat kaum ein Wort gesagt«, meinte Liebermann wahrheitsgemäß und pflückte eine mittelgroße Tamino. »Als ich nachhaken wollte, ist er wie eine Auster zugeklappt. Mir blieb also nichts weiter, als zu Ihnen zu kommen.«
    Feldmeyer holte tief Luft und brachte die Schale mit einem energischen Griff wieder an sich. »Sie hätten sich Ihre Finte mit den Tomaten sparen können. Roland oder Rolli, wie er sich albernerweise nennt, wartet schon seit Ewigkeiten darauf, mir eins auszuwischen. Nicht nur wegen der Polizei, sondern vor allem, weil keiner seinen rollenden Blödsinn

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