Katzenmond
haben will, währendmeine Früchte weggehen wie warme Semmeln. Der Neid bringt ihn schier um. Und darüber hinaus macht es ihm Spaß, Leute an der Nase herumzuführen, das wertet sein langweiliges Dasein auf. Wetten, dass er in diesem Augenblick auf seinem Kahn sitzt und sich ins Fäustchen lacht?« Als würde er sich seines Tons bewusst, schlug Feldmeyer plötzlich die Augen nieder. »Entschuldigen Sie, Hauptkommissar. Aber ich kann Boshaftigkeit nun mal schlecht ertragen, besonders wenn sie in der Nachbarschaft zu Hause ist.« Er zuckte die Achseln. »Sie sind einem Spinner auf den Leim gegangen. Haben Sie Kinder?«, fragte er, indem er auf die Schale deutete.
»Zwei Mädchen.«
»Dann nehmen Sie die hier als Geschenk mit. Kinder brauchen Vitamine. Wie alt?«
»Sechs.«
»Hoppla! Zwillinge?«
»Nein, Patchwork.«
»Ach so«, sagte Feldmeyer mitleidig und legte noch eine besonders saftige Tamino obenauf. »Tja, ich muss Sie jetzt verabschieden, unten wartet ein Stapel Klausuren auf mich. So kann man sich das Wochenende auch versäuern, indem man reihenweise Fünfen und Sechsen vergibt.«
Liebermann nahm die Schale im Empfang. »Ist es wirklich so schlimm?«
»An meiner jetzigen Schule ja«, seufzte Feldmeyer. »Bei den Siebtklässlern geht’s gerade noch, aber spätestens in der Achten wird klar, wo sie mal hinwollen. Nämlich nirgendwohin. Keine Lust, kein Grips, keine Phantasie, außer wenn’s um Ausreden geht. Vorher auf dem Gymnasium gab es zwar auch den üblichen Prozentsatz an Blindgängern, aber denen hatte man wenigstens noch die Grundlagen des Anstandes eingetrichtert.« Er begleitete Liebermann bis zur Brücke. »Auf welcher Schule sind Ihre Mädchen?«
»An der hiesigen Grundschule.«
»Ah, die ›Hauptmann‹. Na ja, dann warten Sie mal ein paar Jahre.«
Liebermann fiel ein, dass er erst vor wenigen Stunden ungefähr dasselbe zu Dienstag gesagt hatte. Miri und Zyra mit einem Kater in einen Topf geworfen zu sehen ärgerte ihn. »Warum sind Sie nicht auf Ihrem Gymnasium geblieben, wenn es Ihnen da besser gefallen hat?«
Um Feldmeyers Mund begann es zu zucken. »Umstrukturierungen«, murmelte er, während seine Rechte unauffällig zur Hosentasche hinunterglitt. Kurz bevor sie dort ankam, erlahmte sie, hing einen Moment in der Luft und änderte plötzlich die Richtung, um sich dem Kommissar entgegenzustrecken. Liebermann bemerkte sie nicht, weil er eben sein summendes Handy aufklappte.
Komm nach Hause! stand auf dem Display.
»Tja«, sagte er und hob den Kopf. »Umstrukturierungen sind eine üble Sache.« Er grinste Feldmeyer zu und ging.
Jürgen wirbelte gerade mit einem Tablett durch die Hintertür des Katinka, als Liebermann hereinkam. Am Tresen hielt sich ein älterer Mann an einem Bier fest. Dahinter stand David und trocknete Gläser ab.
»Nanu?«, machte Liebermann. »Wo ist Estrella?«
»Zu Hause. Sie soll sich wenigstens am Wochenende schonen, meint Jürgen.«
»Und du?«
David hob die Schultern. »Für mich ist’s eine Gelegenheit, einen Querschnitt der Kundschaft zu erstellen. Hauptsächlich Alteingesessene, aber ein paar Singles vom Typ Quantität vor Qualität waren auch schon da. Und eine Latte-Touristin, der beste Beweis dafür, dass es mit der Gentrifizierung des Viertels vorangeht. Ihr solltet langsam anfangen, ein paar Hauswändemit Graffiti zu beschmieren, das hält sie vielleicht für eine Weile auf. Was darf’s sein?«
Liebermann bestellte Nicos Lieblingstabak. Er selbst bevorzugte Zigaretten, aber er hatte Lust, Zeichen zu setzen. Mit einer fließenden Bewegung verschwand David unter der Theke.
Neben ihnen regte sich der Biertrinker. »Da ist nichts«, sagte David zu ihm, als er wieder auftauchte. »Außer einem bisschen Tabak und Zigaretten, die nur draußen geraucht werden.«
»Hat man Jürgen auf dem Kieker?«, fragte Liebermann.
David warf einen bösen Blick auf den Biertrinker. »Das weiß der Teufel. Jedenfalls meint er, dass hier seit dem Rauchverbot manchmal seltsame Typen auftauchen. Sehen aus wie arbeitslose Broker, halten sich stundenlang an einem Getränk fest und versuchen, einen zu überreden, ihnen eine Zigarette an der Bar zu erlauben.«
Er nahm Liebermann ein paar Münzen ab. »Steht hier vielleicht irgendwo ein Aschenbecher auf dem Tisch?«
»Nein«, antwortete Liebermann.
»Dich meine ich nicht. Hast du eine Minute Zeit?«
»Wofür?«
Statt einer Antwort griff David nach Liebermanns Arm und zog ihn in den Durchgang zur Küche.
»Laura
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