Katzenmond
sagt, dass du Bulle bist.«
»Das stimmt.«
Der junge Mann nickte und biss sich auf die Lippen. »Also gut«, sagte er, wie um sich Mut zu machen. »In der Zeitung stand, dass ihr Leute sucht, die etwas über diesen Haveltoten wissen.«
»Und einer davon wärst du?«, fragte Liebermann überrascht.
»Na ja. Ich kannte ihn sozusagen über Eck.«
»Über einen seiner Patienten?«
»Nein.« David warf einen unbehaglichen Blick auf den Biertrinker,der in eine Art Wachkoma gefallen schien, und fügte noch leiser hinzu: »Vielleicht hat es sich ja schon bis zu dir rumgesprochen. Ich meine, mein Nebenjob.«
»Durchaus. Du lässt dich von Mädchen massieren.«
David schüttelte den Kopf. »Nein, den meine ich nicht. Ich hab noch einen anderen, als Detektiv. Nur sporadisch, und Job ist eigentlich auch die falsche Bezeichnung. Kaisers Frau ist eine alte Bekannte von mir. Im Grunde war es eher ein Freundschaftsdienst.«
»Erzähl!«
»Was denn?«, fragte David achselzuckend. »Dass Kaiser Arzt war, wisst ihr ja schon. Ich könnte noch hinzufügen, dass er eine tolle Frau hatte, die er nicht zu schätzen wusste. Mehr weiß ich nicht.«
Liebermann lächelte. »Eines sollte dir klar sein, David. Wenn du zu einem Polizisten A sagst, kommst du um die restlichen Buchstaben nicht herum. Das hättest du dir vorher überlegen sollen.«
Erschrocken trat David einen Schritt zurück. »He, komm mir nicht so! Ich kann doch nicht einfach zur Polizei spazieren und über die Ehe meiner Klientin plaudern!«
Seine Empörung brachte Liebermann wieder auf den Boden zurück. Und den Biertrinker dazu. Er leerte sein Glas in einem Zug und bestellte ein neues, was Davids Stimmung nicht unbedingt hob.
»Du musst auch mich verstehen«, sagte Liebermann und folgte ihm an den Tresen. »Ich wurde in letzter Zeit mehrmals angefüttert und wieder weggestoßen, das ermüdet auf Dauer. Rede meinetwegen mit der Witwe, bevor du mit mir redest. Das ist alles, was ich dir anbieten kann. Aber tu es schnell. Je eher, desto besser stehen unsere Chancen, den Tod ihres Mannes zu klären. Und«, setzte er hinzu, »desto schneller bist du selbst wieder aus dem Schneider.«
David riss den Zapfhahn nach oben. »Ich?«
»Achtung!«, schrie der Biertrinker, als der Schaum auf den Boden klatschte.
Nach der Tatortbesichtigung mit Serrano hatte Cäsar sich einen Plan gemacht. Erstens: Die Ausgangssperre für die Kater durch Ben, Streuner und zwei weitere Laufburschen im Revier verkünden lassen. Abgehakt. Wie es schien, hatten die vier ihren Job ernst genommen, denn bisher war kein weiterer Überfall erfolgt. Zweitens: Schlafen. Abgehakt. Drittens: Fressen. Abgehakt. Manchmal, besonders in Krisenzeiten, erleichterte eine Liste das Leben ungemein.
Gerade hielt Cäsar sich bei viertens auf, einer seit Tagen überfälligen Ganzkörperwäsche, als Serrano in sein Versteck spaziert kam. Als sei es das Selbstverständlichste der Welt, hockte er sich neben ihn und rupfte an einem Schachtelhalm. Cäsar putzte sich weiter. Dabei fragte er sich, was Serrano ihm diesmal an halbgaren Neuigkeiten anschleppte. Er zerrte sich eine Klette aus dem Bauchfell. Noch eine. Mit einem zerstreuten Pfotenschlenker fing Serrano ein herabtaumelndes Lindenblatt. Cäsar gab es auf.
»Sollte mir etwas entgangen sein?«, fragte er. Ein schlaffer Versuch, die Form zu wahren, die vor dem eigentlichen Thema zunächst allgemeine Plänkeleien über Befindlichkeiten und das Wetter vorsah, und trotzdem zur Sache zu kommen.
Serrano legte das Blatt vor sich ab. »Ich war ein wenig unterwegs.«
»In Sachen Krümel, hoffe ich. Die anderen, hatten wir ausgemacht, obliegen dem Princeps.«
»Sie lassen sich nicht immer auseinanderhalten«, wandte Serrano ein. »Zum Beispiel, wenn es räumliche Zusammenhänge gibt. Zwischen dem Fundort von Krümels Leiche und dem Ort der Überfälle«, setzte er hinzu, als er sah, wie Cäsar sich spannte.»Um es kurz zu machen: Ich bin Krümels wegen losgezogen und bei einem Schatten angekommen.«
»Das heißt im Klartext?«
Serrano zögerte. Jetzt wurde es heikel. Erzählte er Cäsar von seinem Besuch bei den Bewohnerinnen des Katzenhauses, musste er eingestehen, dass er das Gebot, sich ausschließlich um die Belange seiner Tochter zu kümmern, überschritten hatte. Er entschied sich für die halbe Wahrheit. »Zuweilen gehen die Dinge ihren eigenen Weg. Sie bescheren einem Begegnungen, die einen zur nächsten Begegnung zwingen. Und am Ende kommt etwas anderes
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