Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katzensprung

Katzensprung

Titel: Katzensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Gibiec
Vom Netzwerk:
Pumps und Handtasche. Und natürlich eine aufgebrezelte
Frisur. Olga hasste diesen Stil, überhaupt nervte sie die Aussicht auf die
modische Parade der Tanten und Cousinen, die sich gegenseitig mit Extravaganzen
überbieten würden. Sie würde Jeans, Lederblazer und Stilettos tragen und die
Haare von Tülay wieder glatt und unauffällig schneiden lassen. Fertig, Punktum.
Sie war entschlossen, jede weitere Diskussion über dieses Thema abzuschmettern.
    Schlimmer als der Familienstress war allerdings die Aussicht, dass
Olga gar nicht mitfliegen konnte, wenn der Fall Wenkler nicht gelöst war.
Keinesfalls konnte sie dann ein langes Wochenende freimachen. Das wiederum
würde Lenka und Slatko das Herz brechen und sie bei der Familie in Schimpf und
Schande stürzen.
    Lenka war dabei, den Tisch zu decken, die Schnitzel schmurgelten in
der Pfanne. Olga ging zu Slatko, der im Wohnzimmer vor dem Fernseher saß und
die Arme nach ihr ausstreckte. Sie setzte sich aufs Sofa und lehnte sich an
ihn.
    Ihr Papa mit der Hakennase und den feurigen Augen, ihr ängstlicher,
schwacher Papa. Olga war nach seiner Mutter benannt, die schon früh gestorben
war. Sie war eine Roma gewesen und hatte aus Liebe, gegen große Widerstände von
allen Seiten, den Serben Branko Popovich geheiratet, den Vater Slatkos. Slatko
hatte Olga oft von dieser Oma erzählt, die für ihre Liebe zu Branko und für die
Rechte ihrer fünf Kinder, die nicht unter dem Zigeunerstigma leiden sollten,
durchs Feuer gegangen war. Sie war schön und mutig wie meine Olgiza, sagte
Slatko stolz, wenn er von ihr sprach.
    Bei der Geburt ihres sechsten Kindes war sie gestorben, ein Trauma,
das aus dem zehnjährigen, bis dahin fröhlichen und empfindsamen Slatko, der die
Zigeunergeige spielte wie kein anderer, den traurigen Slatko machte. Er war ein
ängstlicher und verschlossener Erwachsener geworden, für den seine Frau Lenka
mit ihrer Energie und Tatkraft das Rückgrat war.
    Er hatte als Techniker bei einer Wuppertaler Chemiefirma gearbeitet
und war seit einem Jahr im Ruhestand. Sein größter Stolz war neben Olgas
Beamtenstatus ihr Aufstieg zur Kriminalhauptkommissarin bei der Mordkommission,
allerdings machte er sich mehr noch als Lenka Gedanken über die Gefahren des
Berufes.
    »Wie gehte dir, Golubiza, wie geht die Gangster? Was machte Liebe?«
    Slatkos Stimme war dunkel und verraucht mit einem harten Akzent.
    Er sorgte sich auch darum, dass Olga nicht den richtigen Partner
fand und sich immer wieder unter großem Unglück trennte. Nun wieder diese
fatale Konstellation. Allmählich, fand Slatko, war es an der Zeit, dass sie in
einen sicheren Hafen einlief, zumal wenn sie noch Mutter werden wollte. Olga
konnte sich jederzeit an der Schulter ihres Vaters ausweinen und machte
zeitweise ausgiebig Gebrauch davon.
    »Ich muss weg von ihm. Er hat nie Zeit, es ist mir zu wenig.«
    Slatko wiegte sie und machte kleine Schnalzer mit der Zunge. Sie
legte ihre Hand an seinen Hals wie früher, wenn er sie tröstete.
    »Es geht nicht, verstehst du? Ich kann mit ihm keine Familie
gründen, wenn er schon eine hat.«
    Sie begann zu weinen, Slatko verstärkte das Wiegen und das
tröstliche Schnalzen.
    Lenka kam herein, band sich die Schürze ab und verkündete, dass der
Tisch gedeckt sei. Sie warf einen verzweifelten Blick auf ihre Tochter.
    »Bei Mamas Geburtstag suchen wir eine vernünftige Serbe für dich
aus«, sagte sie entschieden. »Wenn ihr heiratet, kann er nach Deutschland
kommen. Das sind Männer, auf die wenigste Verlass ist, nicht diese Chaos mit
andere Frauen und Kinder und so.«
    »Eine Serbe, im Leben nicht«, mischte sich Slatko ein. »Sind
schwächste Männer von ganze Europa, und Saufköppe. So eine Schwächling und
Saufkopp soll meine Tochter niemals haben. Eine Serbe nur über meine Leiche,
und auch keine Zigeuner.«
    »Ich such ihn schon selber aus«, schluchzte Olga. »Wenn mir ein
Zigeuner gefällt, nehme ich auch den. Vielleicht nehme ich auch gar keinen, das
wär sowieso das Beste.«
    ***
    »Nee, nicht, sag, dass das nicht stimmt. Ich fasse es nicht!«
    Olga konnte sich überhaupt nicht beruhigen über das, was Tülay ihr
gerade eröffnet hatte.
    »Sie wollen übers Wochenende nach Holland fahren«, sagte Tülay,
»aber mein Bruder schwört Stein und Bein, dass nichts dabei ist, alles ganz
freundschaftlich, beide vom gleichen Schicksal betroffen.«
    Hakan Göcan und Trudi Sassi, was für eine Konstellation. Eigentlich
zum Brüllen komisch.
    Olga und Tülay stapften am

Weitere Kostenlose Bücher