Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katzensprung

Katzensprung

Titel: Katzensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Gibiec
Vom Netzwerk:
wand sich.
    »Ich wäre doch ein Süßer, oder so ähnlich hat sie es formuliert, ob
ich nicht mal ein Bier mit ihr trinken wollte. Heute Abend in ›Trudi’s Eck‹ am
Wichlinghauser Markt, hat sie gesagt, da bräuchte sie eine Begleitung. Ich habe
gefragt, wozu, da sagte sie, sie wolle jemanden ärgern, dafür sei so ein
hübscher Kerl wie ich genau der Richtige.«
    »Und was hast du geantwortet?«
    »Ich konnte zuerst nichts sagen. Ich sah, dass ihr Pullover
schmutzig war. Sie hatte immer so einen hellblauen puscheligen Pullover an, der
ihr eigentlich gut stand. Aber an diesem Tag waren Flecken und Essensreste
drauf, außerdem war ihre Schminke verschmiert und hing in den Augenwinkeln
fest. Ich fand sie eklig, ich habe gesagt, ich könnte nicht, und bin
weggegangen.«
    »Was hat sie da gemacht?«
    »Das war das Schlimmste. Sie lief hinter mir her und hielt mich am
Arm fest, und als ich sie abschüttelte, krallte sie sich in meinen Pullover.
Sie bettelte und flehte regelrecht, ich sollte doch mitgehen, wir würden Spaß
kriegen, so Zeug, sie hat rumgequengelt wie ein kleines Kind.«
    »Wie hast du reagiert?«
    »Ich habe mich losgemacht und bin schnell in die Klasse, es war sehr
unangenehm.«
    »Habt ihr Jungs darüber geredet?«
    Melek sah hilfesuchend zu Karim, der nickte. »Ist doch klar.«
    »In welcher Art?«
    Karim zögerte. »Na ja, Schlampe und so Sachen, was man da so sagt.
So benimmt man sich ja eigentlich nicht als Lehrerin. Aber wie gesagt, es tut
uns leid, wir möchten nichts Schlechtes über eine Verstorbene sagen. Wir bitten
Allah darum, dass er ihr verzeiht, wenn sie vor ihn tritt.«
    »Wisst ihr, ob sonst noch jemand solche Erfahrungen mit Frau Wenkler
gemacht hat?«
    Die Jungen zuckten mit den Schultern.
    »Wart ihr schon mal in der Kneipe ›Trudi’s Eck‹?«
    Auch dies wurde verneint, das sei eher was fürs Altersheim.
    »Ja dann«, sagte Olga. Sie bestellte die Jungen für den nächsten Tag
aufs Präsidium, um ein Protokoll der Aussage aufzunehmen, und entließ sie.
    Emilio ging sofort an sein Handy, als Olga ihn anrief. Er sei
dabei, die Kneipe sauber zu machen, sagte er, sie könne jederzeit vorbeikommen.
    Die hochgestellten Stühle und Barhocker, zwischen denen er
aufwischte, sahen aus wie das Bühnenbild aus einem Pina-Bausch-Stück, das Olga
kürzlich zusammen mit Tülay gesehen hatte. Emilio stellte die Putzsachen zur
Seite und machte Kaffee, Olga schwang sich an die Theke.
    »Ich habe die Putzfrau entlassen müssen«, klagte der Wirt, der
verknittert und grau und fertig aussah, »meine Umsätze sind geschrumpft, diese
Geschichte ruiniert mich. Es hat sich alles gegen mich verschworen. Meine Frau
hat mich rausgeschmissen, meine Tochter lebt bei der Oma, mein Leben ist
zusammengebrochen.«
    »Wenn, dann kommt ja immer alles auf einmal«, sagte Olga mitleidig.
»Ich muss jetzt auch noch einmal in Sie dringen, Herr Sassi, wie Sie wissen,
sind wir mit dem Fall noch nicht durch.«
    »Ich habe Ihnen doch schon alles gesagt, was soll ich mir noch aus
den Rippen quetschen?«
    »Wir brauchen ein Bild des Opfers, das so genau wie möglich ist.«
Olga sah ihn eindringlich an. »Dabei müssen Sie uns unterstützen, ich kann es
Ihnen leider nicht ersparen. Bitte beschreiben Sie mir die Art Ihrer Beziehung
zu Frau Wenkler noch einmal genau. Würden Sie sie als Liebesbeziehung im
umfassenderen Sinn beschreiben, oder war Ihr Interesse eher körperlicher Art?«
    Aus Emilios Augen schossen Hilflosigkeit und Wut.
    »Auf so eine Frage kann nur eine Frau kommen, ich sollte sie gar
nicht beantworten. Sie teilen uns Männer in Wollüstlinge und edle Ritter ein,
dazwischen gibt es nichts. Ich bin da hineingeraten, ich hatte es nicht vor.
Natürlich war da eine Anziehung, natürlich habe ich sie geliebt, oder besser,
ich war verliebt. Sie war mein Typ, sie war erotisch, es erschien zuerst auch
alles sehr unkompliziert. Als sie an der Theke saß und mich anbaggerte, war ich
vom Donner gerührt, es war wie ein Kick, ein Trip, ich habe mich richtig
verknallt.«
    »Wie lange blieb dieses Gefühl?«
    »Als ich sie kennenlernte, waren meine Frau und meine Tochter in
Urlaub, da hatten wir freie Bahn, und alles war toll und super. Als sie
zurückkamen, musste ich Ramona sagen, dass es nicht so weitergehen konnte.«
    »Wie verhielt sie sich?«
    »Es war dramatisch, sie drehte durch, machte mir Szenen, setzte mich
unter Druck, wenn ich nachts nach Hause ging, sie würde jetzt alle ihre
Schlaftabletten nehmen, in dieser

Weitere Kostenlose Bücher