Katzentisch - Ondaatje, M: Katzentisch
Turbinengebläse, um uns auf die langen Abende vorzubereiten.
Doch unsere nächtlichen Erkundungen brachten kaum Ergebnisse. Wir wussten nie so recht, was wir da eigentlich zu sehen und zu hören bekamen, und begriffen nur Andeutungen der vielfältigen Möglichkeiten erwachsenen Verhaltens. Bei einer dieser »Nachtwachen« versteckten wir uns in den Schatten des Promenadendecks und folgten aufs Geratewohl einem Mann, um zu sehen, wohin er ging. Ich erkannte in ihm den Schausteller, der sich als Seher von Hyderabad verkleidete und der Sunil hieß, wie wir gehört hatten. Überraschenderweise führte er uns zu Emily, die an der Reling lehnte, in einem weißen Kleid, das zu leuchten schien, als er näher trat. Der Seher von Hyderabad verdeckte sie halb; sie legte ihre Hand um die Finger seiner Hand. Wir konnten nicht erkennen, ob sie miteinander sprachen.
Wir traten weiter in die Dunkelheit zurück und warteten ab. Ich sah, wie der Mann den Träger ihres Kleids verrückte und sein Gesicht auf ihre Schulter senkte. Sie hatte den Kopf zurückgelegt und sah zum Himmel empor, vielleicht auf der Suche nach Sternen.
ZUNÄCHST ERINNERTE ICH MICH an die dreiwöchige Seereise als an eine ruhige Zeit. Erst heute, Jahre später, nachdem meine Kinder mich aufgefordert haben, die Reise zu schildern, wird sie zu einem Abenteuer und sogar zu etwas Bedeutsamem im Verlauf eines Lebens, wenn ich sie mit ihren Augen sehe. Zu einem Initiationsritus. Doch in Wahrheit war meinem Leben Großartigkeit nicht verliehen, sondern genommen worden. Wenn es Nacht wurde, fehlte mir der Chor der Insekten, das Heulen der Vögel im Garten, das Zischeln der Geckos. Und im Morgengrauen der Regen in den Bäumen, der nasse Teer der Bullers Road und der Duft von brennenden Hanfseilen, stets einer der ersten Gerüche des Tages.
Manchmal wachte ich in Boralesgamuwa früh am Morgen auf und ging durch den dunklen, geräumigen Bungalow bis zu Narayans Zimmertür. Es war noch nicht sechs Uhr. Ich wartete, bis er herauskam, während er seinen Sarong enger um sich zog. Er nickte mir zu, und innerhalb weniger Minuten gingen wir schnell und wortlos durch das nasse Gras. Er war sehr groß, ich war acht oder neun Jahre alt. Beide waren wir barfuß. Wir gelangten zu dem hölzernen Schuppen am Ende des Gartens. Wenn wir eingetreten waren, zündete Narayan einen Kerzenstummel an, kauerte sich mit dem gelben Licht hin und zog an dem Seil, das den Generator zu lärmendem Leben erweckte.
Und so begannen meine Tage mit dem gedämpften Rumpeln und Knallen dieses Geschöpfs, das herrlich nach Benzin und Rauch roch. Nur Narayan verstand sich auf die Eigenheiten und Schwächen des Generators, der ungefähr Jahrgang 1944 war. Nach und nach beruhigte er ihn, und dann gingen wir ins Freie, und im letzten Dämmer sah ich die Lichter überall im Haus meines Onkels zögernd aufscheinen.
Wir gingen zusammen durch eine Gartentür auf die High Level Road. Ein paar Läden hatten schon geöffnet, jeder von einer einsamen Glühbirne beleuchtet. Bei Jinadasa kauften wir Hoppers mit Ei, und wir aßen sie mitten auf der fast leeren Straße, die Tassen mit Tee vor unseren Füßen auf dem Boden. Ochsenkarren schaukelten knarrend vorbei, die Fahrer und selbst die Ochsen noch im Halbschlaf. Ich begleitete Narayan immer zu dieser Mahlzeit im Morgengrauen, nachdem er den Generator aufgeweckt hatte. Das Frühstück mit ihm auf der High Level Road wollte ich auf keinen Fall verpassen, obwohl ich ein, zwei Stunden später mit der Familie ein zweites, förmlicheres Frühstück essen musste. Doch es hatte fast etwas Heroisches, mit Narayan in der schwindenden Dunkelheit zu gehen, die Händler zu grüßen, die schon auf den Beinen waren, und ihm zuzusehen, wie er sich bückte, um seine Bidi an einem Stück Hanfseil am Zigarettenstand anzuzünden.
Narayan und Gunepala, der Koch, waren die ständigen Gefährten meiner Kindheit, und vermutlich habe ich mit ihnen mehr Zeit verbracht als mit meiner Familie und viel von ihnen gelernt. Ich sah zu, wie Narayan das Messerwerk aus dem Rasenmäher ausbaute, um die Klingen zu schärfen, oder wie er liebevoll mit der Handfläche die Kette seines Fahrrads ölte. Wenn wir in Galle waren, kletterten Narayan, Gunepala und ich die Schutzwälle am Meer hinunter und schwammen hinaus, damit die beiden am Riff Fische für das Abendessen fangen konnten. Spätabends fand man mich eingeschlafen am Fuß des Betts meiner Ayah, und mein Onkel musste mich in mein
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