Kauffahrers Glück
wahr?«
Sie warf ihm einen kurzen, beunruhigten Blick zu. Sie erreichten das Sektionsschott, und Allison blieb stehen und streckte die Hand zum Schalter aus. Sandor war schneller und deckte ihn mit der Hand ab. Erblickte ihr aus der Nähe in die Augen, und diese Nähe brachte für den Moment jede Vernunft zur Strecke. Ihr Duft und ihre Wärme und die Erinnerung an Viking und Pell - »Du hättest alles haben können«, sagte er. »Das weißt du auch.«
»Du hast uns nie getraut. Von Anfang an nicht.«
»Ich hatte doch recht, oder nicht?«
Sie schwieg für einen Moment. »Vielleicht nicht.«
Die ruhige Abweisung schoss um die Flanke seiner Abwehr herum. Er drehte sich um und drückte auf den Knopf.
Die Sirene ertönte. Die Tür schoss auf. Er sah sich Curran und Neill gegenüber und war irgendwie auch gar nicht überrascht.
»Er kommt zurück«, sagte Allison. Sie schloss die Tür wieder, und die Sirene verstummte.
»Wir haben alles bereinigt.«
Die Gesichter vor ihm brachten Unglauben zum Ausdruck.
Seine Zweifel kehrten zurück, und er bereitete sich moralisch auf die Unverschämtheiten vor, die er schon bei Tausenden von Begegnungen mit Docksleuten erlebt hatte. Er streckte die Hand aus.
Curran ergriff sie, aber ein kleines Zittern der Zurückhaltung blieb spürbar bei diesem Griff, der die mit blauen Flecken bedeckten Knöchel schonte. Currans Hand war jedoch in keinem besseren Zustand. Als nächstes Neill... sein ernstes Gesicht zeigte einen eigenartigen Kummer.
»Tut mir leid«, sagte Neill.
Er meinte es ehrlich, vermutete Sandor. Einer von ihnen meinte es ehrlich. Und wusste, dass alles eine Heuchelei war. Er verspürte einen Stich der Sympathie für Neill, was verrückt war, denn Neill würde zu den anderen halten. Daran hatte er nie gezweifelt.
»Deirdre ist auf Wache, stimmt‘s?«
»Ja.«
»Ich habe vor, zu frühstücken und mich zu waschen. Und anschließend werde ich schlafen... werde mir eine Kabine suchen und ein paar Stunden schlafen. Sie werden mich wecken, wenn irgend etwas los ist.«
Er ging weiter, ließ sie stehen. Blieb in der Kombüse und öffnete den Kühlschrank, holte ein anständiges Frühstück hervor, hielt den anderen ostentativ den Rücken zugekehrt, als sie vorbeikamen.
Es wurde ein schweigsames Abendessen, das sie und Curran gemeinsam einnahmen.
Curran aß sehr vorsichtig, wozu ihn sein verletzter Mund zwang, und war nicht in Stimmung für Konversation. Sie auch nicht. »Glaubst du, er wird den ganzen Weg bis Venture alles so belassen?« fragte Curran an einer Stelle. »Vielleicht«, sagte sie. »Ich glaube, er hat diese Falle schon seit Jahren entworfen, und wir sind einfach hineingestolpert.«
Und eine Weile später: »Du weißt«, meinte Curran, »dass die ganze Übereinkunft eine Lüge ist. Schau mich an, Allie! Mach nicht so ein Gesicht! Er ist ein Lügner, ein Schauspieler - er weiß genau, wo man zupackt und wendet. Mir war das von Anfang an klar. Wenn du nicht dazwischengegangen wärst... «
»Was hättest du dann getan? Mich interessiert wirklich sehr, was du dann gemacht hättest.«
»Ich hätte eine direkte Antwort aus ihm herausgeprügelt. Er sagt nein. Aber das gehört zu seinem Schauspiel. Er ist zäher als ich dachte, aber ich hätte die Schicht des Unfugs von ihm abgeschält und wäre zu seinem Kern vorgedrungen. Allie, glaub nicht, es wäre mir nicht gelungen. Getötet hätte ich ihn nicht, ganz gewiss nicht. Und die ganze Geschichte wäre geregelt gewesen. Aber du musstest ja zur Tür herauskommen und. «
»Es hat schon beim erstenmal nicht so geklappt, wie du es dir gedacht hattest. Und wie lange hätte es gedauert? Wie viele Stunden?« Ihr drehte sich der Magen um. Sie schob das Essen auf dem Teller herum, zwang sich dazu, einen Bissen aufzuspießen und hinunterzuschlucken. »Du hast gehört, was er sagte. Wir haben ihn jetzt wieder dazu gebracht, seine Arbeit weiter zu machen. Ein neuer Anfang... «
»Du glaubst immer noch, was er sagt...
»Was, wenn es die Wahrheit ist? Was, wenn es schon die ganze Zeit stimmte?«
»Und was, wenn nicht? Was dann, Allie?«
»Nenn mich nicht so! Es gefällt mir nicht.«
»Lenke nicht ab! Du weißt, wie hoch die Einsätze sind. Wir unterhalten uns hier über ernste Schwierigkeiten. Du bist die Nummer Eins; du hast hier das Sagen. Aber dein Denken bewegt sich unterhalb der Gürtellinie.«
»Das meinst du.«
»Erzähl mir bloß nicht, eine männliche Nummer Eins hätte uns auch in diesen Irrgarten
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