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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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nicht erkannt haben. Dann wäre auch gewiß alles das jetzt nicht gekommen ... Aber vielleicht ist es besser so!«
    »Ich möchte Sie bitten, Herr Wittebold, diesen Ton zu lassen. Ich habe Sie schon seit einiger Zeit in schwerstem Verdacht, Agent zu sein. Ich halte es für ganz ausgeschlossen, daß Sie sich von allen Verdachtsmomenten reinigen können. Etwas mehr Bescheidenheit würde Ihnen besser anstehen.«
    Wittebold ging zu einem Stuhl, setzte sich. »Entschuldigen Sie, Herr Doktor, wenn ich mich setze! Ich bin heut viel unterwegs gewesen und bin müde.«
    War’s, daß die erste Erregung bei ihm geschwunden – er machte den Eindruck eines Mannes, der, von vieler Mühe und Arbeit erschöpft, von Sorgen bedrückt, der Ruhe bedurfte, als er jetzt anfing. Fortuyn setzte sich an seinen Schreibtisch – bereit, zu hören.
    Und Wittebold begann zu erzählen ... Von seiner ersten Anstellung in Ludwigshafen, seiner Heirat, den Geldnöten, der Lockung des Geldes in England ... Deutsche Chemiker, im Besitz von deutschen Fabrikationsgeheimnissen, vom Ausland zu hohen Preisen gesucht – er schilderte sein Schicksal drüben: Wie ihm sein Verrat von Hopkins so schnöde gelohnt wurde, wie er sich, nach Not und Elend von langer Krankheit genesen, innerlich gewandelt, sein ganzes Hoffen und Streben nur auf das eine Ziel gerichtet habe, den Flecken auf seiner Ehre zu tilgen, den Gegner auf deutschem Boden anzugreifen, Hopkins’ dunkles Spiel hier zu durchkreuzen ...
    »Was Sie mir da vortragen, Herr Doktor Hartlaub, klingt zwar nicht unbedingt unwahrscheinlich. Aber Sie müßten stärkere Gegengründe beibringen, wenn Sie meinen Verdacht entkräften wollen.«
    »Ich habe auch keineswegs erwartet, Herr Doktor, daß meine Erzählung Ihnen vorläufig mehr ist als ein Märchen. Ich will versuchen, Ihnen die Wahrheit meiner Worte zu beweisen.«
    »Bitte, Herr Witte... Pardon: Herr Doktor Hartlaub!«
    »Ich nehme an, daß Sie etwas von Briefen gehört haben, die mit einem Eichenblatt unterzeichnet waren? Dieses Signum war ein spontaner Einfall von mir – eine kleine Rechtfertigung dafür, anonym schreiben zu müssen.«
    »Wie? Was? Sie kennen diese Briefe und wollen behaupten, Sie wären der Schreiber?«
    »Allerdings, Herr Doktor Fortuyn. Ich kann Ihnen das auch leicht beweisen. Ich war so vorsichtig, die Briefe mit Kopien zu schreiben. Die Kopien stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung.«

Fortuyn war einen Augenblick verdutzt und sagte dann zögernd: »Ich kann Ihren Beweis erst als gelungen ansehen, wenn ich Ihre Kopien mit den Originalen verglichen habe. Sonst noch Beweise, Herr Hartlaub?«
    »Ja ... Herr Doktor ...« Die Worte kamen stockend, ungewiß aus Wittebolds Munde. »Im Archiv liegt ein Exemplar eines Exposés, das Sie seinerzeit angefertigt haben, mit der Überschrift: ›Exposé, betreffend die Synthese von Isolationskautschuken< ...«
    Fortuyn sprang auf. »Dieses Exposé kennen Sie? Das haben Sie in der Hand gehabt? Mensch, sind Sie des Teufels?«
    Wittebold schüttelte den Kopf. »Ich habe es nicht in der Hand gehabt. Der Zufall brachte es mit sich, daß ich’s vor mir liegen sah und die Titelzeile lesen konnte ...«
    »Reden Sie weiter! Schnell! Sie wissen nicht, von welcher Bedeutung Ihre Aussage für mich sein kann.«

Wittebold druckste. »Ich weiß nicht recht, wie ich Ihnen das klarmachen soll. Am besten wohl, ich erzähl’ es so, wie sich’s zutrug. Also – es war am Dreiundzwanzigsten vorigen Monats. Vormittags um halb zwölf kam ich wie gewöhnlich ins Archiv. Vor mir trat Herr Direktor Düsterloh ein und sagte zu Doktor Hempel: ›Hier bringe ich Ihnen das Fortuynsche Exposé wieder!< Hempel stand gerade auf der Leiter. Deshalb legte Düsterloh das Dokument auf die Tischschranke, und als der Direktor gegangen war, legte ich meine Aktenmappe daneben. Zufällig verschoben sich die Blätter des Exposés ein wenig – Sie erinnern sich wohl, daß es ein lose geheftetes Schriftstück ist? –, und auf der rechten oberen Ecke des zweiten Blattes bemerkte ich, während ich dastand und auf Herrn Doktor Hempel wartete, einen winzigen Stich, wie von einer Nadel oder einer feinen Reißzwecke. Es schien mir, als ob man versucht hätte, die geringfügige Verletzung durch Streichen und Drücken, vielleicht mit dem Fingernagel, wieder zu verwischen. Sie werden begreifen, Herr Doktor, daß mich diese Beobachtung stark interessierte. Da Herr Hempel noch immer auf seiner Leiter zu tun hatte, prüfte ich verstohlen auch

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