Kautschuk
die übrigen Seiten des Schriftstücks und ...«
»... entdeckten das gleiche?«
»Ungefähr – ja. Auf einigen Blättern auch wieder solche verwischten Stiche an den äußersten Ecken, an anderen leichte kreisförmige Eindrücke, wie sie wohl der Kopf eines Reißnagels hervorbringen kann...«
»Weiter! Und dann –?«
»Nun – ich fragte mich: Wie kommen die Abdrücke dahin? Und fand nur die eine Erklärung: Man muß die Blätter einzeln auf eine Unterlage geheftet haben. Zu welchem Zweck? Um sie zu fotokopieren.«
Blaß vor Ärger und Zorn, schlug Fortuyn mit der Faust auf den Tisch und rannte im Zimmer hin und her.
»Ich weiß nicht«, fuhr Wittebold fort, »wozu das geschah. Ich kann Ihnen auch nicht angeben, wer es tat. Ich habe leider nicht den geringsten Verdacht ...«
Fortuyn blieb stehen, sah Wittebold durchdringend an. »Mann! Wissen Sie auch, daß es hier um Kopf und Kragen geht?«
Wittebold erschrak vor dem drohenden Blick. »Ich kann Ihnen nichts weiter sagen!« stotterte er.
»Nun – so will ich’s Ihnen sagen!«
War’s die Überraschung, war’s der Ton in Fortuyns Stimme – auch Wittebold sprang auf. »Sie –? Sie wissen das? Sie wußten also schon, was ich Ihnen eben erzählte?«
Fortuyn schüttelte den Kopf. »Nein! Sie verstehen mich nicht. Was Sie da an dem Exposé beobachtet haben, wußte ich nicht. Aber andere Dinge, die ich weiß, haben jetzt durch Ihre Angaben eine Erklärung gefunden. Wenn ich’s Ihnen jetzt sage ... vielleicht begehe ich eine Torheit und bin der Betrogene ...« Er faßte Wittebold an den Schultern, sah ihm in die Augen. Der hielt den Blick aus; kein Muskel in seinem Gesicht zuckte. Nach einer Weile ließ Fortuyn ihn los. »Wie es geschah, weiß ich nicht. Ich weiß nur, wer es tat – oder tun ließ. Es war Ihr Freund Hopkins!«
»Hop...kins ...?« keuchte Wittebold. Er griff sich an die Stirn. »Endlich komm’ ich ihm auf die Spur!« Er legte bittend die Hand auf Fortuyns Arm. »Lieber Herr Doktor, sagen Sie ... sagen Sie mir mehr! Wenn Sie wüßten, was das für mich bedeutet –! Endlich eine Spur ...«
»Nun, so hören Sie denn, daß man jetzt in den schottischen Werken der United Chemical nach meinem Verfahren arbeitet, und zwar auf Grund dieses Exposés!«
Und dann sprachen sie noch lange. Ober das Exposé und über Hopkins.
Nach einer schlaflosen Nacht ließ sich Fortuyn am nächsten Morgen bei Generaldirektor Kampendonk melden. Der saß an seinem Schreibtisch, einen Brief in der Hand, dessen Inhalt, nach dem Ausdruck seines Gesichtes zu schließen, nicht angenehmer Art war.
»Nun, was ist, Herr Doktor Fortuyn?« Aus der Stimme des Generaldirektors klang Mißmut und Gereiztheit. Kaum, daß er Fortuyn flüchtig die Hand reichte. Er vergaß auch, ihm einen Stuhl anzubieten; knurrte nur, als Fortuyn nicht gleich zu sprechen begann: »Nun – was ist denn, Herr Doktor?«
»Störe ich vielleicht, Herr Generaldirektor?«
In Fortuyns Frage mochte wohl der Unterton einer gewissen Empfindlichkeit klingen. Kampendonk sah ihn einen Augenblick an und schob dann den Brief, der ihn offenbar schwer gereizt hatte, kurz beiseite und sagte: »Bitte, nehmen Sie Platz! Was ist denn nun eigentlich los?«
»Sie haben, wie es scheint, Herr Generaldirektor, heute morgen schon Ärger gehabt. Ich fürchte, ich werde Ihnen Mitteilungen zu machen haben, die auch recht unerfreulich sind.«
»Das hätte mir gerade noch gefehlt!« brummte Kampendonk vor sich hin. »Na – ein Unglück kommt selten allein. Schießen Sie los, Herr Doktor!«
»Bevor ich spreche, erst eine kleine Bitte, Herr Generaldirektor: Möchten Sie wohl die Güte haben, mir die beiden anonymen Briefe zu zeigen – die mit dem Eichenblatt?«
»Die Eichenblattbriefe? Die können Sie gern haben.« Kampendonk schloß seinen Schreibtisch auf, nahm daraus die beiden Schreiben.
Fortuyn legte die Schriftstücke vor sich hin, holte aus seiner Brieftasche zwei andere und breitete sie neben den Eichenblattbriefen aus. Seine Augen gingen scharf vergleichend über die Blätter.
Kampendonk sah ihm verwundert zu. »Was machen Sie denn da, Herr Fortuyn?«
Der stand auf, trat zu dem Generaldirektor und legte die vier Schriftstücke geordnet vor ihn hin. »Wollen Sie, bitte, auch einmal diese Kopien mit den Originalen vergleichen!«
»Kopien? Sie haben die Kopien dieser Briefe? Ja, was soll denn das heißen? Da hätten wir also endlich unsern Anonymus! Wer ist’s denn?«
»Darüber später, Herr
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