Kavaliersdelikt-Liebe ist universell
feuchtkalter Film auf seinem Rücken. Er spürte Hendriks Blick auf sich brennen, wand sich darunter und traute sich dennoch nicht, ihn zu erwidern.
Hastig suchte er Juliane in dem Publikum. Sie stand neben seinen Eltern, klatschte und warf ihm ein Luftküsschen zu. Entschlossen straffte er sich, lächelte und warf es ihr zurück. Er wagte es nicht, nach Hendrik zu schauen, aber natürlich würde dieser es gesehen haben. Und wissen, dass Leandro nun vergeben war.
Nur gut so. Bestimmt. Jetzt musste nur noch sein Plan funktionieren, dann wäre die Welt wieder in Ordnung. Gleich nach ihrem Auftritt schnappte sich Leandro Peer und zog ihn in eine Ecke, wo sie ungestört waren.
„Hör mal“, begann er, kam sich komischerweise eher wie ein Verräter als ein Vermittler vor und sprudelte hastig heraus: „Da ist heute ein … Freund von mir da. Der ist auch schwul und er ist … ganz alleine hier.“
Peer zog belustigt die Augenbrauen hoch.
„Naja, ich dachte, vielleicht ...“ Leandro kam prompt ins Stocken, wandte sich entschlossener um und machte wahrhaftig sofort Hendrik aus, der noch immer an der Säule lehnte.
„Er steht da drüben. Der Typ mit den längeren Haaren und dem dunklen T-Shirt“, zeigte er auf ihn. Peers Blick folgte seiner ausgestreckten Hand neugierig.
„Der Kleine da an der Säule?“, hakte dieser nach und schnalzte anerkennend mit der Zunge. „Der ist ja schnuckelig. Und gerade solo, sagst du?“
Leandros Magen enthielt kleine Eisklumpen, doch er nickte tapfer.
„Vielleicht kannst du ...“, begann er, wusste jedoch nicht, was er sagen sollte. Die Umsetzung seines Verkupplungsplans gestaltete sich schwerer als gedacht.
Peer grinste zuversichtlich und klopfte Leandro auf die Schulter.
„Der ist zum Anbeißen. Ich werde mich mal an ihn ranpirschen. Danke für den Tipp, Mann“, bedankte er sich und marschierte auch schon los.
Leandros Lippen pressten sich fest aufeinander, derart fest, dass es schmerzte. Noch immer fühlte sich sein Magen komisch an. Sein Herz klopfte hart und schmerzhaft und irgendwie hatte er das Bedürfnis, Peer zurückzurufen. Oder zumindest Hendrik zu warnen. Andererseits war dies doch genau, was er gewollt hatte. Oder?
Zielstrebig kehrte er zu seinen Freunden zurück, ergriff Juliane um die Taille und küsste sie. Lächelnd erwiderte sie seine Küsse und sie stürzten sich in die Feier.
Ein letztes Mal schaute Leandro zu Hendrik hinüber, der mit Peer in ein Gespräch vertieft zu sein schien. Na also.
Entschlossen wandte sich Leandro ab. Nun lag es nur noch an Peer und Hendrik. Er hatte getan, was er für richtig hielt, was er Hendrik schuldig zu sein glaubte. Alles andere lag nicht mehr in seinen Händen.
10 Kalte Asche
Wenn seine Malkursleiterin nicht extrem enttäuscht von ihm gewesen wäre, wäre Hendrik gar nicht zu dieser Präsentation aufgetaucht. Sein Bild hing inmitten der anderen, überwiegend Stillleben oder Landschaftsbilder, stach schon aufgrund der Motivwahl aus der Masse hervor.
Welcher Teufel hatte ihn nur geritten, sich seinen Traummann quasi selbst zu malen? Er hatte dieses Bild schon lange im Kopf gehabt, der nackte Körper langgestreckt auf einem Sofa, vermutlich schlafend, das Gesicht zufrieden und erschöpft. Die Kursleiterin war völlig verzückt von seinen Skizzen gewesen und hatte zum Glück nie nachgefragt, warum der Mann auf dem Bild genau diesen Ausdruck trug.
Für Hendrik war es immer klar gewesen, dass so jemand aussah, der gerade den hammergeilsten Sex seines Lebens genossen hatte. Wie gut, dass er das Gesicht des Mannes bereits vollendet hatte, bevor Leandro ihn angesprochen hatte. Vermutlich hätte es sonst seine Züge getragen, denn seither existierte das Bild in Hendriks Vorstellung nur noch in dieser speziellen Variante.
Ehrlich gesagt mochte er es nicht mehr besonders. Die letzten Wochen war er nicht mehr mit dem gleichen Elan dabei gewesen, und auch wenn die Kursleiterin es nicht direkt verlangt, er wusste, dass er es nur vollendet hatte, um ihr einen Gefallen zu tun. Der Rücken war ihm misslungen und auch die Unterschenkel waren ungleich, wirkten nicht so plastisch, wie der Oberkörper.
Mit diesem verdammtem Liebeskummer konnte er nicht einmal mehr so gut malen wie sonst. Seine Konzentration war nicht dieselbe und es gelang ihm einfach nicht, hineinzutauchen, abzuschalten, wie es ihm sonst immer passiert war, wenn er Zeit und Raum beim Malen vergessen hatte.
Nichtsdestotrotz hatte es extrem viel
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