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Kay Scarpetta 16: Scarpetta

Titel: Kay Scarpetta 16: Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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eingeschärft, unter allen Umständen regelmäßig die Treffen der Anonymen Alkoholiker zu besuchen. Ansonsten würde er ein trockener Trinker werden, ein Mensch also, der zornig, gefährlich, von Gier getrieben und unbeherrscht reagiere und damit dieselben Verhaltensweisen an den Tag lege wie früher nach dem Genuss von ein paar Sixpacks Bier. Der nächste Versammlungsort der AAs, wie Marino sie nannte, war eine Kirche nicht weit von einem Laden, der professionelle afrikanische Haarflechtkunst anbot. Allerdings ging er bald weder regelmäßig noch überhaupt hin. Kurz nach dem Einzug war er an drei aufeinander folgenden Tagen dort gewesen und hatte sich teuflisch unwohl gefühlt, als die anderen Teilnehmer, deren Freundlichkeit seinen Argwohn weckte, durch den Raum gingen, sich vorstellten und ihm keine andere Wahl ließen, als einen feierlichen Eid abzulegen wie vor Gericht.
    Mein Name ist Pete, und ich bin Alkoholiker. Hallo, Pete.
      Er hatte Nancy E-Mails geschickt, in denen er ihr erklärte, es widerspräche seiner Natur und seiner Ausbildung als Polizist, irgendwelche Geständnisse abzugeben, insbesondere in einem Raum voller Fremder, von denen sich einer irgendwann als mieses Schwein von einem trockenen Trinker entpuppen könnte, den er, Marino, möglicherweise eines Tages würde einlochen müssen. Außerdem hatte er die zwölf Schritte schon in drei Tagen durchgearbeitet, auch wenn er sich dagegen entschieden hatte, eine Liste der durch ihn zu Schaden gekommenen Personen anzulegen und sich bei ihnen zu entschuldigen. Das wiederum begründete er mit Schritt neun, der lautete, man solle sich nicht entschuldigen, falls man dadurch dem Geschädigten noch weiteres Leid zufügte, und das galt seiner Ansicht nach für alle Betroffenen.
      Schritt zehn war viel leichter, und er hatte ein ganzes Notizbuch mit den Namen der Menschen gefüllt, die ihm im Laufe seines Lebens etwas angetan hatten.
      Scarpettas Name stand auf keiner der beiden Listen, bis es zu einem merkwürdigen Zwischenfall kam. Er hatte die Wohnung gefunden, in der er nun lebte, und mit dem Vermieter eine günstige Miete ausgehandelt. Als Gegenleistung ging er ihm zur Hand, zum Beispiel, wenn eine Räumungsklage durchgesetzt werden musste. Bald stellte er fest, dass die Wohnung ganz in der Nähe des Büros des früheren Präsidenten Bill Clinton lag, eines vierzehnstöckigen Gebäudes, an dem er auf dem Weg zur U-Bahn-Station Hundred-twentyfifth Street und Lenox Avenue oft vorbeikam. Beim Gedanken an Bill Clinton fiel Marino natürlich Hillary ein, und er grübelte über Frauen nach, die so viel Macht besaßen, dass sie Präsidentin oder zumindest eine einflussreiche Politikerin werden konnten. Und das wiederum brachte ihn auf Scarpetta.
      Bald vermischten sich die beiden Frauen in seinen Phantasien. Erst sah er Hillary bei CNN, dann Scarpetta, und wenn er in dem verzweifelten Versuch, sich abzulenken, zu ESPN oder einem Bezahlsender umschaltete, um sich einen Film anzuschauen, fühlte er sich niedergeschlagen. Sein Herz schmerzte wie ein Abszess am Zahn. Ständig kreisten seine Gedanken um Scarpetta und die Listen, auf denen ihr Name nicht stand. Er malte sich aus, wie es wäre, wenn sie Präsidentin würde. Dann würde er sich vermutlich über Nacht auf der Geheimdienstliste der gefährlichen Personen wieder finden und nach Kanada fliehen müssen.
      Oder nach Mexiko. Er hatte einige Jahre im Süden von Florida gelebt und kam mit Spanisch sprechenden Menschen besser zurecht als mit Französisch sprechenden. Marino hatte die Franzosen noch nie verstanden, und außerdem mochte er das Essen nicht. Was war das nur für ein Land, das nicht einmal eine eigene Biermarke wie Budweiser, Corona, Dos Equis, Heineken oder Red Stripe hervorgebracht hatte?
      Er verspeiste ein zweites zusammengeklapptes Sandwich mit Putenbrust, trank noch einen Schluck alkoholfreies Bier und beobachtete die Menschen, deren Leben um die westindische Imbissbude, die Boutiquen, die Saftbars, die Schneidereien oder vielleicht das nahe gelegene Apollo Theater kreisten. Der Lärm der Autos, Lastwagen und Fußgänger vereinte sich zu einem ohrenbetäubenden Konzert, das Marino nicht im mindesten störte. Wenn es warm war, ließ er die Fenster offen, bis er den Staub nicht mehr aushielt. Stille war hingegen etwas, das er mied. Davon hatte er in der Entzugsklinik genug gehabt, wo er nicht einmal hatte Musik hören oder fernsehen dürfen. Nichts, um ihn von den Lebensbeichten der

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