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Kay Scarpetta 16: Scarpetta

Titel: Kay Scarpetta 16: Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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beobachtete Berger die sich drehende Leiche. Scarpetta nahm ihre Kamera und zwei Chemiethermometer mit LED-Anzeige aus ihrem Tatortkoffer.
      »Da wir hier von anderen Gebäuden umgeben sind«, stellte sie mit harter Stimme fest, »hat er zumindest die Fensterläden schließen müssen, während er hier sein Unwesen trieb. Ansonsten hätte jemand die ganze Folterszene beobachten, sie mit dem Mobiltelefon filmen und sie bei YouTube ins Netz stellen können. Deshalb war es ziemlich kaltblütig von ihm, die Fensterläden zu öffnen, bevor er ging, nur damit der Wind hereinwehte und für diesen Effekt sorgte.«
      »Tut mir leid, dass du Marino unter diesen Umständen wiedertreffen musstest«, sagte Berger, die Scarpettas Zorn zwar spürte, aber den Grund dafür nicht kannte.
      Allerdings hatte Scarpettas Missstimmung nichts mit Marino zu tun. Sie hatte sich mit dem Problem auseinandergesetzt und betrachtete es für den Moment als mehr oder weniger abgehakt. Jetzt gab es Wichtigeres zu tun. Berger war mit Scarpettas Verhalten am Tatort nicht vertraut, weil sie sie noch nie zu einem begleitet hatte und deshalb ihre Reaktion auf einen grausigen Anblick wie diesen nicht kannte - insbesondere dann nicht, wenn sie befürchten musste, dass sie diesen Mord hätte verhindern können.
      Es musste ein grauenhafter Tod gewesen sein. Eva Peebles hatte große Schmerzen und entsetzliche Angst ausgestanden, als der Mörder sie aus reinem Sadismus gefoltert hatte. Ein Wunder - und auch ein Jammer -, dass sie nicht durch einen Herzinfarkt erlöst worden war.
      Nach dem steilen Winkel der Kordel um ihren Hals zu urteilen, hatte sie nicht sofort das Bewusstsein verloren, sondern war qualvoll erstickt, da der Strick unter dem Kinn ihr die Luft abgeschnürt hatte. Bis man wegen Sauerstoff mangels besinnungslos wurde, konnte es mehrere Minuten dauern, die dem Opfer bestimmt wie eine Ewigkeit erschienen waren. Sicher hätte sie wie wild um sich getreten, hätte der Täter ihr nicht die Füße gefesselt, was genau der Grund dafür gewesen sein mochte. Möglicherweise hatte er seine Technik nach dem Mord an Terri Bridges perfektioniert, da er dabei gelernt hatte, seine Opfer besser nicht mit den Beinen strampeln zu lassen.
      Scarpetta konnte keine Spuren eines Kampfes entdecken, nur eine Abschürfung am linken Schienbein. Allerdings ließ sich bis jetzt nur feststellen, dass diese erst vor kurzer Zeit entstanden war.
      »Meinst du, sie war schon tot, als er sie aufgehängt hat?«, erkundigte sich Berger.
      »Nein, auf keinen Fall. Ich glaube, er hat sie gefesselt, ihr die Kleider vom Leib geschnitten, die Sachen in die Wanne gelegt, ihr die Kordel um den Hals gewickelt und sie so weit hochgezogen, bis die Schlinge durch ihr eigenes Körpergewicht eng genug geworden war, um ihr die Luftröhre abzuschnüren«, erklärte Scarpetta. »Wegen der Fesseln konnte sie sich nicht wehren. Außerdem ist sie sehr zierlich, höchstens eins sechzig groß und etwa achtundvierzig Kilo schwer. Für den Täter ein Leichtes, sie zu überwältigen.«
      »Sie saß nicht auf einem Stuhl. Also musste sie nicht ihre eigene Ermordung beobachten.«
      »Diesmal vermutlich nicht. Wir sollten Benton nach dem Grund fragen. Vorausgesetzt, wir haben es mit demselben Mörder zu tun.«
    Scarpetta fotografierte weiter. Es war ihr wichtig, alles optisch fest zuhalten, bevor sie den Tatort weiter untersuchte. »Zweifelst du etwa daran? «, wollte Berger wissen.
      »Ich erläutere dir nur, was ihre Leiche mir erzählt, nämlich, dass dieser Mord und der an Terri eindeutig Gemeinsamkeiten aufweisen.«
    Die Blende klickte, der Blitz leuchtete auf.
      Die Hände auf dem Rücken verschränkt, trat Berger an die Tür und blickte in den Raum. »Marino ist bei Lucy im Wohnzimmer. Sie ist überzeugt, dass das Opfer Verbindungen zu Gotham Gotcha hatte.«
      »Die Seite abstürzen zu lassen war keine gute Lösung«, erwiderte Scarpetta, ohne sich umzudrehen. »Hoffentlich gelingt es dir, ihr das klarzumachen. Auf mich hört sie ja meist nicht.«
    »Sie hat ein Autopsiefoto von Marilyn Monroe erwähnt.« »Es war keine gute Lösung«, wiederholte Scarpetta, begleitet vom Zucken des Blitzlichts. »Ich wünschte, sie hätte es nicht getan.«
      Die Leiche drehte sich langsam an der verzwirbelten Kordel. Eva Peebles' blaue Augen starrten stumpf und weit aufgerissen aus dem mageren, runzligen Gesicht. Strähnen ihres schneeweißen Haares hatten sich in der Schlinge verfangen.

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