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Kay Scarpetta 16: Scarpetta

Titel: Kay Scarpetta 16: Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sofort die Polizei, sondern umarmt die Leiche, liebkost sie, spricht mit ihr, weint. Etwas Kostbares ist unwiederbringlich zerstört worden. Alles ist anders. Ein Mensch ist für immer verloren.«
      »Dieses Verhalten passt eher zu einem Verbrechen aus Leidenschaft«, wandte sie ein. »Nicht, wenn Vorsatz im Spiel ist. Dieser Mord scheint mir jedoch keine Tat im Affekt zu sein. Wenn ein Täter seine eigene Waffe und Fesselungswerkzeuge wie Isolierband oder Plastikfesseln mitbringt, muss man von Vorsatz ausgehen.«
      Benton stach sich versehentlich mit der verbogenen Büroklammer in den Finger, betrachtete den Blutstropfen und leckte ihn ab.
      »Wir sollten die Wunde besser reinigen und ein Pflaster draufkleben ... «
    »Kay, ich möchte dich nicht in die Sache hineinziehen.« »Aber das hast du doch schon getan. Oder es zumindest zugelassen.« Sie musterte seinen Finger. »Am besten lässt du es einfach bluten.«
      »Ich wollte nicht, dass du etwas mit der Angelegenheit zu tun hast. Ich hatte keine andere Wahl.«
      Er wollte hinzufügen, dass er nicht vorhatte, über sie zu bestimmen, doch das wäre wieder gelogen gewesen. Sie reichte ihm ein paar Papiertaschentücher über den Schreibtisch.
      »Wie immer mag ich es gar nicht, wenn du in meiner Welt bist, nicht in deiner«, sagte er. »Eine Leiche wirft sich dir nicht an den Hals und entwickelt keine Gefühle für dich. Zu einem Toten kannst du keine Beziehung aufbauen. Wir sind schließlich keine Roboter. Ein Kerl hat jemanden zu Tode gefoltert, und ich sitze ihm am Tisch gegenüber. Er ist ein menschliches Wesen mit einer Persönlichkeit und auch mein Patient. Außerdem hält er mich für seinen besten Freund, bis er meine Aussage vor Gericht hört, er sei in der Lage, Gut und Böse zu unterscheiden. Anschließend landet er im Gefängnis oder, je nach Bundesstaat, in der Todeszelle. Meine Gedanken und Gefühle spielen dabei keine Rolle. Ich mache nur meine Arbeit. Ich habe mich im Sinne des Gesetzes richtig verhalten. Allerdings wird mein Beruf durch dieses Wissen nicht weniger belastend.«
      »Uns fehlt die Erfahrung, wie es ist, nicht belastet zu sein«, erwiderte sie.
      Als er auf seinen Finger drückte, verfärbte sich das Papiertaschentuch rot. Über den Schreibtisch hinweg betrachtete er ihre gestrafften Schultern, ihre Hände, die so kräftig zupacken konnten, und ihre weiblichen Rundungen unter dem Hosenanzug. Er begehrte sie. Nur wenige Türen von einem Gefängnisflur entfernt, spürte er Erregung. Zu Hause hingegen berührte er sie nur selten. Was war nur los mit ihm? Es war, als hätte er einen Unfall gehabt und wäre anschließend falsch zusammengeflickt worden.
      »Flieg zurück nach Massachusetts, Kay«, meinte er. »Falls er unter Anklage gestellt wird und man dich vorlädt, kommst du wieder, und wir stellen uns den Tatsachen.«
      »Ich werde nicht vor Marino davonlaufen«, protestierte sie. »Ich gehe ihm nicht aus dem Weg.«
      »So habe ich es nicht gemeint.« Doch, das hatte er. »Ich mache mir eher Sorgen wegen Oscar Bane. Er könnte jeden Moment hier herausspazieren, und ich möchte, dass du dann so weit weg wie möglich bist.«
      »In Wirklichkeit willst du nur verhindern, dass ich Marino in die Arme laufe.«
    »Ich weiß nicht, warum du ihm unbedingt begegnen willst.« Er fühlte sich wie betäubt. Seine Stimme klang hart. »Ich habe nie behauptet, dass ich das will. Aber ich werde mich auch nicht davor drücken. Im Gegensatz zu ihm mache ich mich nicht feige aus dem Staub.«
      »Hoffentlich muss ich mich bald nicht mehr mit dieser Sache befassen«, entgegnete Benton. »Denn eigentlich ist es die Aufgabe der New Yorker Polizei. Im McLean staut sich die Arbeit. Niemand zwingt dich, dem hiesigen Gerichtsmedizinischen Institut zu helfen. Warum solltest du wieder einmal für Dr. Lester die Kastanien aus dem Feuer holen?«
      »Du verlangst doch nicht im Ernst, dass ich mich drücke und Berger sitzen lasse, obwohl sie mich um Unterstützung gebeten hat. Die letzte Maschine geht um neun. Die erwische ich sowieso nicht mehr. Das weißt du genau. Warum sagst du dann so etwas?«
    »Lucy könnte dich mit dem Hubschrauber heim fliegen.« »Es schneit zu Hause. Die Sichtweite beträgt vermutlich etwa einen halben Meter.«
      Als sie ihn musterte, hatte er Mühe, zu verhindern, dass sie seine Gefühle in seinen Augen las. Er begehrte sie, und zwar hier und jetzt in seinem Büro. Und wenn sie das bemerkt hätte, hätte sie es

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