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Kay Scarpetta bittet zu Tisch

Kay Scarpetta bittet zu Tisch

Titel: Kay Scarpetta bittet zu Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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wichtig, das merkte er.
    »Hier, das muß jetzt sein«, begann sie und band ihm eine Schürze um. »Jetzt spiele nicht den harten Burschen und werde nicht nervös, okay? Einige der besten Köche sind Männer, und die tragen alle Schürzen, und da ist auch nichts Verkehrtes dran.«
    Jimmy starrte die steife schwarze Schürze an, in die er eingewickelt war. Sie reichte ihm bis zu den Knien und war mit einem bunten Wappen verziert.
    »Das ist meine Spezialschürze«, fuhr sie fort. »Die darf nicht jeder tragen.«
    »Wieso ist sie was Besonderes?« Er war heilfroh, daß Marino ihn nicht in diesem Aufzug sehen konnte.
    »Da ist mein Familienwappen drauf.« Sie öffnete die Backofentür, und eine Welle von Hitze und der Geruch des frischgebackenen Brotes sorgten dafür, daß Jimmy sich warm und wohlig fühlte.
    »Was ist denn ein Wappen?« fragte er.
    »Hmm.« Sie versuchte, sich eine gute Analogie auszudenken, während sie mit Topflappen das Blech aus dem Ofen holte und auf den Herd stellte. »So was Ähnliches wie die Zeichen, die du von Nike, Speedo, den Atlanta Braves oder den Redskins kennst. Etwas, das für eine Person steht, ein Team, eine Marke oder so.«
    »Was soll ich mit der Alufolie machen?« fragte Jimmy. »Darin wickeln wir das Brot ein, um es warm zu halten, bis Marino und deine Mutter wieder da sind.«
    »Die lassen sich echt Zeit«, fand Jimmy. Mit einem Messergriff schlug Scarpetta leicht gegen die Ränder des Brotbleches. »So kann ich das lockern. Jetzt wird es gestürzt, so, und fertig ist die Geschichte.«
    Das Brot war goldbraun und perfekt geformt. Jimmy riß ein langes Stück Alufolie ab. Seine Fingernägel waren eingerissen, s chmutzig und bis auf das Fleisch abgekaut. Als er merkte, daß sie hinschaute, schob er seine Hände rasch in die Hosentaschen. Er spürte, daß er rot wurde.
    »Ich nehme mal an, du warst schon mal beim Arzt und auch beim Zahnarzt«, sagte Scarpetta und legte das Brot auf die Folie.
    »O ja. Die geben Spritzen.«
    »Hast du mitbekommen, wie Ärzte und Zahnärzte sich schrubben?« »Weiß nicht.«
    »Sie waschen sich ganz oft die Hände«, erklärte sie ihm. Sehr sorgfältig. Und das tue ich auch. Ich muß mir die Hände jeden Tag mindestens ein dutzendmal bei der Arbeit waschen.«
    »Oje«, sagte er.
    »Um die Bazillen und dergleichen abzutöten.« »Mama sagt immer, Bazillen sind klitzekleine Würmer, die man nicht sehen kann. Sie krabbeln in einem herum, wenn man nicht badet oder sich nicht die Zähne putzt.«
    »Das stimmt so in etwa.« Scarpetta stellte einen Schemel dicht vor die Spüle.
    »Stell dich mal da drauf«, forderte sie Jimmy auf. Er fühlte sich unsicher, als er hochstieg, aber es machte ihm Spaß, so groß zu sein wie sie.
    »Da schau mal«, sagte sie. »So habe ich das damals auch immer mit Lucy gemacht. Ganz egal, was sie gerade anstellte, immer hat sie sich dreckig gemacht.«
    Scarpetta begann, Jimmy die Hände zu waschen. Es war ein schönes Gefühl, aber das würde er ihr nie gestehen. Als sie fertig war, trocknete sie ihm die Hände mit einem sauberen Geschirrtuch ab. Er stieg wieder hinunter und sah sie an. Was stand ihm als nächstes bevor?
    »Hast du Hunger?« fragte sie ihn.
    »Ja Ma'am, ein bißchen schon.« Sein Magen fühlte sich an wie ein großer Hohlraum, und alles, was es in Scarpettas Küche z u sehen und zu riechen gab, war unerträglich schön. »Ich kann aber warten«, fügte er hinzu.
    Scarpetta goß ihm ein Glas Milch ein, ließ ihn am Küchentisch Platz nehmen und legte ihm eine Serviette auf den Schoß. Er sah ihr zu, wie sie den Eintopf umrührte und den harten gelben Käse rieb. Dann wickelte sie das Brot aus, schnitt den Knust ab — sein Lieblingsstück - und bestrich es dick mit Butter. Sie holte einen Mixbecher vom Schrank und gab Zimt und Zucker auf das heiße Butterbrot und noch einen Schlag Kakaopulver obendrauf.
    »Ich nenne das immer Cappuccinobrot.« Sie blinzelte ihm zu und lächelte.
    Dann legte sie den Leckerbissen kurz in den Grill und servierte ihn knusprig und heiß.
    »Das verstößt natürlich gegen alle meine Regeln, wie du dir denken kannst. Wahrscheinlich hast du dann zum Abendessen keinen Hunger mehr.«
    »Doch, doch, bestimmt, Ma'am.«
    »Es bleibt aber unser Geheimnis.« Sie setzte sich zu ihm an den Küchentisch.
    »Ich werde es niemandem verraten«, versprach er.
    Jimmy hatte eigentlich vor, höflich zu sein und langsam zu essen, nur kleine Bissen zu kauen, wie es seine Mutter ihm beigebracht hatte.

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