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Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
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war mir bewußt, daß im Salon leise Klavier gespielt wurde. Erik kam nicht wie ein normales Kind in die Küche, um einen Löffel abzulecken oder ein Törtchen zu stehlen. Seine völlige Gleichgültigkeit in bezug auf seine Ernährung war eine weitere Konfliktquelle zwischen uns.
    Als ich schließlich zu ihm ging und ihm sagte, er solle nach oben gehen und seine besten Kleider anziehen, drehte er sich auf dem Klavierhocker um und sah mich überrascht an.
»Heute ist doch nicht Sonntag. Kommt Vater Mansart, um die
    Messe zu lesen?«
»Nein«, antwortete ich und wischte mir die Hände an der Schür
ze ab, ohne ihn direkt anzusehen. »Heute ist dein Geburtstag.« Er starrte mich verständnislos an, und ich spürte Gereiztheit in
mir aufsteigen angesichts der beschämenden Notwendigkeit, diese
grundlegende Tatsache erklären zu müssen.
»Der Jahrestag deiner Geburt«, sagte ich kurz. »Heute vor fünf
Jahren bist du zur Welt gekommen, und das Ereignis sollte gefeiert
werden.«
»Wie ein Requiem?«
Eine Sekunde lang dachte ich, er mache sich über mich lustig,
aber die Augen, die in meine schauten, waren vollkommen unschuldig und verwirrt.
»Nicht ganz«, sagte ich mühsam. »Aber es gibt ein besonderes
Abendessen.«
Ich sah, wie sein Interesse erlosch und sein Blick sich wieder den
Noten zuwandte.
»Und du bekommst ein Geschenk«, fügte ich widerwillig hinzu.
»Mademoiselle Perrault bringt dir ein Geschenk mit. Ich erwarte
von dir, daß du an deine Manieren denkst und dich artig bedankst.« Er drehte sich um, sah mich neugierig an, und einen schrecklichen Augenblick lang dachte ich, ich müsse ihm auch das erklären. Während ich ein Tischtuch aus der Schublade nahm, wandte er
sich wieder mir zu.
»Mama?«
»Was gibt es denn noch?« fragte ich enerviert.
»Wirst du mir auch ein Geschenk geben?«
Mit zitternder Hand legte ich die Servietten auf den Tisch. »Natürlich«, antwortete ich mechanisch. »Hast du einen bestimmten Wunsch?«
Er kam und stellte sich neben mich, und etwas an seinem angespannten Schweigen verursachte mir plötzlich großes Unbehagen.
Zweifellos würde das, was er sich wünschte, etwas Außergewöhnliches und sehr teuer sein.
»Kann ich haben, was ich will?« fragte er unsicher.
»Innerhalb vernünftiger Grenzen.«
»Kann ich auch zwei haben?«
»Wozu brauchst du zwei?« fragte ich müde.
»Damit ich eins aufheben kann, wenn das andere verbraucht ist.« Ich begann mich zu entspannen. Das klang nicht sehr alarmierend. So, wie es sich anhörte, war es nicht extravaganter als ein
guter Zeichenblock.
»Was wünschst du dir denn?« fragte ich mit plötzlicher Zuversicht.
Schweigen.
Ich sah zu, wie er mit den Servietten spielte.
»Erik, ich habe jetzt genug von diesem albernen Spiel. Wenn du
mir jetzt nicht sofort sagst, was du haben willst, bekommst du überhaupt nichts.«
Bei der Schärfe meines Tons fuhr er zusammen und begann, eine
Serviette zwischen den Händen zu drehen.
»Ich möchte . . . ich möchte zwei . . . « Er hielt inne und legte die
Hände auf den Tisch, als müsse er sich stützen.
»Um Himmels willen«, versetzte ich. »Zwei was?«
Er schaute zu mir auf.
»Küsse«, flüsterte er zitternd. »Einen jetzt und einen später.« Ich starrte ihn an, entsetzt. Unvermittelt brach ich in krampfhaftes Weinen aus und sank auf einen Stuhl.
»Das darfst du nicht verlangen«, schluchzte ich. »Das darfst du
nie, nie wieder verlangen! Verstehst du mich, Erik? Nie wieder!« Entsetzt wich er vor meiner unverständlichen Weigerung zurück
und ging zur Tür.
»Warum weinst du?« stammelte er.
Ich bemühte mich sehr, mich wieder zu fassen.
»Ich . . . weine ja gar nicht«, keuchte ich.
»Doch, das tust du!« schrie er plötzlich mit vor Wut schriller
Stimme. »Du weinst, und du willst mir kein Geburtstagsgeschenk
geben. Du wolltest, daß ich einen Wunsch nenne, und jetzt sagst du nein. Dann will ich gar nichts. Ich mag keinen Geburtstag . . . Ich
hasse ihn!«
Die Tür schlug hinter ihm zu, und einen Moment später hörte ich
auch oben die Tür zuschlagen.
Ich saß da und starrte auf die Serviette, die er zu Boden geworfen
hatte.
Als ich mich endlich wieder aufraffte, sah ich Marie zielsicher
den Gartenweg entlangkommen. Sie trug ein Päckchen unter dem
Arm.
    Ich saß mit Marie allein am festlich gedeckten Tisch.
»Wo ist er?« fragte sie und brachte damit das Thema auf, das seit
ihrer Ankunft zwischen uns gestanden hatte.
»In seinem Zimmer«, sagte ich grimmig. »Er will nicht herauskommen . . . Ich

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