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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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überlegte, ob ich auf so eine Taschengeldphantasie ernsthaft reagieren mußte, schlugen irgendwo Türen zu. Ich wandte den Kopf zum Fenster. Das erste, was mir einfiel, war der Heimleiter. Keine-Versuchung-zum-Fenster-klauen hieß in meinem Fall zu-spät-hören-wenn-Auto-kommen. Der schwarze Mercedes stand direkt vor der Eingangstür. Mein Wunsch, es möge der von Ahrens geschickte Arzt oder sonstwer sein, der sein Auto so abstellte, als habe Gott am ersten Tag seine Karre geschaffen und dann den Rest als Parkmöglichkeit drum herum, wurde noch im selben Augenblick nicht erfüllt. Die zwei Gestalten, die sich breitbeinig vom Mercedes auf die Tür zu bewegten und sich dabei zunickten, als gäbe es gleich was ganz besonders Herzhaftes zu essen, waren meine zwei Hauptstadtcharmeure: Kniekehlenfachmann und sein Zähl-mit-Alta-soviel-ha-ick-abjemurkst-Kumpel.
    Vom Fenster zurückspringen, Leila am Arm packen und sie zur Tür zerren war wie eine einzige flüssige Bewegung. »Du haust jetzt sofort ab!« zischte ich. »Da kommen Typen, die…«
    »Ich kann nicht bleiben.«
    »Was?!«
    »Ich kann nicht bleiben im Heim. Gregor weiß, daß wir…«, sie fuchtelte mit der Hand zwischen uns hin und her, »…haben geredet. Ich …«, die Hand flatterte zur Decke, »… er macht mich tot!«
    »Hör mal gut zu, Leila…«
    »Nix hör mal gut! Du sollst meine Mutter suchen! Mit mir! Du bist Privatdetektiv! Ich kann bezahlen!«
    Einen Moment lang starrten wir uns so wutentbrannt an, als fehlte nicht viel, und wir hätten Kniekehlenfachmanns und Abmurkskumpels wahrscheinlichen Auftrag, uns so stumm wie möglich zu machen, gleich selber erledigt. Dann hörte ich die weitausholenden, fett aufklatschenden Alle-mal-herjehört-Hauptstadtschritte den Flur herunterkommen, zog Leila von der Tür weg und bedeutete ihr, den Mund zu halten.
    Als sich die Schritte entfernten, flüsterte ich: »Okay, ich nehm dich mit - erst mal, jedenfalls. Wir gehen jetzt ganz ruhig zu meinem Auto. Wir rennen nicht, und wir…«
    »Und mein Geld?! Ich kann bezahlen!«

»Herrgott, ich hab’s jetzt oft genug gehört, daß du bezahlen kannst!« fauchte ich und hoffte möglichst ätzend ein paar Dinge klarzustellen, während ich hinzufügte: »Aber du kannst mich nicht bezahlen! Vergiß es! Ich koste mehr als irgendwelche Lutscher oder Sammelbildchen!«
    »Sammelbildchen…?«
    Eine irgendwie blöde Pause entstand. Sicher, ich hätte mir sagen können, so wie sie Deutsch sprach, wußte sie nicht, was >Sammelbildchen< hieß. Aber in ihrem Blick lag etwas, das mir bedeutete, daß sie zumindest ahnte, was Sammelbildchen sein mochten, und daß ihr Erstaunen mit nichts anderem zu tun hatte als der vermutlichen Tatsache, daß Menschen in ihrem Alter alles mögliche sammelten, bloß keine Bildchen.
    »Ich…«, sie deutete auf ihre Brust, »…kann…«, sie wußte, sie wiederholte sich, und sie schätzte es, »… bezahlen! Ich hab Geld, viel Geld! Und ich…«, wieder deutete sie auf ihre Brust, und langsam bekam ich das Gefühl, mit dem«Älbaner oder sonst irgendeinem mediterranen Gangsterboss in der Ecke zu stehen, »… will, daß du meine Mutter suchst.«
    Der Boss wartete auf ein Nicken, also nickte ich. »Okay«, seufzte ich. »Wo ist das Geld?«
    »Auf mein Zimmer. Ich hol’s, und auch die Video.«
    »Video?«
    »Damit du weißt, wie meine Mutter aussieht«, erklärte sie ungeduldig, »Privatdetektiv oder…«
    Oder was? Ich meinte, ein halbverschlucktes A und ein R und vielleicht auch noch ein -sch gehört zu haben. Es fehlte nicht viel, und ich wäre mit Gregors Art, sich des Mädchens anzunehmen, völlig einverstanden gewesen.
    »Also, lauf schon! Ich-warte genau fünf Minuten, dann geh ich, ob du zurück bist oder nicht!«
    »Was, ob du zurück bist oder nicht?!« rief sie, und die Hände flatterten schon wie gewohnt hin und her. »Ich rede mit Schmidtbauer über meine Mutter! Und dann du kommst dick in Büro und machst Ärger mit Gregor. Und jetzt: Ob du zurück bist oder nicht! Bin ich dumme Ficksau oder was?!«
    Ficksau …? Donnerwetter, wer brachte ihnen hier Deutsch bei? Ich machte den Mund auf, aber mir fiel nichts mehr ein. Ich ertrug noch den Blick, den sie mir beim Weggehen zuwarf: Du hast mich da reingeritten, und du holst mich da wieder raus, oder du kannst was erleben - dann war sie endlich draußen.
    Ich steckte mir eine Zigarette an und spuckte Rauch aus. Meine neue Klientin. Mal sehen, ob sie mir erlauben würde, ihr bei den Ermittlungen

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