Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
Vom Netzwerk:
hin und wieder zu assistieren.
    Im nächsten Moment ging das los, was ich schon seit einer Weile befürchtet hatte: Türen begannen zu schlagen, Schritte hallten durch den Flur, Rufe ertönten. »Können noch nich weit sein!« - »Dit Dreckschwein hol ick mir!« -»Hey, Kacke, wir kommen!«
    Und sie kamen genau in meine Richtung. Auf den Flur hinaus konnte ich nicht mehr, und eine andere Möglichkeit, den Besucherraum zu verlassen, gab es nicht. Jedenfalls keine leise, irgendwie elegante. Nachdem ich kurz und erfolglos versucht hatte, einen der Stühle aus der Verankerung zu reißen, um ihn durchs Fenster zu schmeißen und mich hinterher, ließ ich den Stuhl eben weg. Die Höhe vom Fenstersims zum Vorplatzmatschboden betrug etwa einen Meter. Ich zog mir das Sakko über den Kopf, die Ärmelenden über die Hände, horchte noch mal kurz nach den immer näher kommenden Schritten, nahm Anlauf und sprang mit der Schulter vorneweg ins Glas.
    Etwa drei Sekunden, ein enormes Gekrache und Geklirre, und eine Bauchlandung später zog ich mein Gesicht aus dem Matsch, hörte hinter mir: »Schnell, dit isser!«, und robbte hinter den Mercedeskofferraum.
    »Kiek ma eener an!«
    »Kacke is James Bond.«
    »Aba James Bond würde nich so ‘ne Babykriechspur ziehen. Hey, Kacke! Mach unsere Karre nich schmutzich!«
    »Hör ma! Komm da raus, und wir reden vernünftich!«
    Ich lugte um einen Reifen herum und sah die beiden aus dem leeren, mit Scherben ausgezackten Fensterrahmen in meine Richtung feixen. Ihre rechten Hände und das, was sie hielten, blieben unterm Sims.
    Ich mußte wissen, ob irgendwas Friedliches mit ihnen möglich war. Vielleicht hatte Ahrens sie ja wirklich mit der Anweisung geschickt, zu verhandeln oder mich zu kaufen. Vielleicht gingen ihm die Schießereien auch langsam auf den Wecker. Also zog ich mein schlammverschmiertes, mit Glassplittern gespicktes Sakko aus und hielt es mal kurz hinterm Reifen vor. Etwas Friedliches war nicht möglich. Das, was ich eben noch als Kleidungsstück getragen hatte, lag im nächsten Moment als durchlöcherter Lumpen und als Bild dafür, was die Jungs unter >vernünftig reden< verstanden, vor mir im Matsch.
    Ich wandte den Kopf und sah, was ich schon wußte: Ich kam hinterm Auto nicht weg. Aus dem Fenster überblickten sie den gesamten Vorplatz, bis auf den Mercedes gab es keine Deckung, und nach meiner panischen Knallerei auf Gregors Beine hatte ich nichts mehr zum Zurückschießen. Immerhin ahnten sie das noch nicht, und offenbar zögerten sie, ihr nagelneu glänzendes Blech zu beschädigen.
    Ich kroch zu der ihrem Fenster abgewandten Wagenseite und sah die Fahrertür halb offenstehen. So eilig, wie sie es gehabt hatten, und so großspurig, wie sie gerne auftraten, so groß war meine Hoffnung, daß der Schlüssel steckte.
    Während ich weiterkroch, rief ich: »Ich denke, ihr wolltet reden?! Das sieht mir aber gar nicht nach Reden aus! Abgesehen davon, daß das mein Lieblingssakko war! Falls ihr überhaupt wißt, was ‘n Sakko ist!«
    »Ach, Mann, Kacke, is dit witzich!«
    Ich erreichte die offene Fahrertür und sah das eingeschweißte Bild des kroatischen Präsidenten als Schlüsselanhänger hinter der Lenkradsäule hängen.
    Das Auto stand etwa drei Meter vom Hauseingang entfernt. Die Schwingtür und somit auch der dahinter liegende Flur kamen mir etwas breiter als die Motorhaube vor.
    »Hör ma, dit ham wa doch jesehen, dit dis nur ‘n Fetzen Stoff war!«
    Zwischen Besucherraum und Schwingtür lagen knapp zehn Meter. Sie würden drei bis vier Sekunden brauchen, wenn sie rannten, weniger. Oder sie sprangen aus dem Fenster - dann blieb mir nur noch, mit Matsch zu werfen.
    »Jungs, wie soll das weitergehen?«
    »Ha ick doch jesacht: vernünftich reden.«
    »Über was?« Ich linste vorsichtig über den Fahrersitz. Automatikschaltung.
    »Na, wie dit weitejehn soll.«
    Ich glaubte, ein unterdrücktes Prusten zu hören. Sie hielten sich für ungeheuer überlegen, und das waren sie ja auch. Hätte ich plötzlich angefangen zu heulen oder zu beten, wäre es für sie nur eine weitere Bestätigung ihrer Überlegenheit gewesen. Das war meine Chance.
    »Meint ihr das ernst?«
    »Äh, na klar.«
    »Ich möchte mit Ahrens vernünftig reden.«
    »Mit Ahrens? Na ja, warum nich. Könn wa ja hinfahren.« Wieder dieses unterdrückte Prusten. »Aber wir müssen uns was versprechen.«
    »So? Watt’n?«
    »Daß ab jetzt alles friedlich abläuft.«
    »Na logo, Ehrensache.«
    »Okay… Dann schlag ich

Weitere Kostenlose Bücher