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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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der fünfte. Der Laden lief.
    Als das sechste Scheinwerferpaar am Ende der Straße auftauchte, nickte ich es nur noch gelangweilt ab. Doch nachdem der Wagen im Hof angehalten hatte und die Türen aufgeklappt waren, hörte ich zum ersten Mal an diesem Abend Stimmen.
    »… Also Jungs, bis Samstag! Morgens die Arbeit, abends das Vergnügen!«
    Inzwischen war ich wieder an der Mauerecke und sah Ahrens lachen. Bei ihm standen zwei Schränke in Anzügen.
    »Keine Sorge, Chef, die Tunten werden kriegen, was sich alle Tunten wünschen: im Schlaf zu sterben.«
    In dem Moment ging die Beifahrertür auf, und zuerst war ich einfach nur erstaunt - so wie man staunt, wenn etwas fast genau so eintrifft, wie man es sich vorgestellt hat. Schwarze, hinten locker zusammengeflochtene Haare, schmaler Körper, sparsame Bewegungen. Ich sah sie nur von hinten in einem hellen Mantel, aber das mußte sie sein, kein Zweifel. Zögernd, wie jemand, der etwas Unangenehmes, aber nicht zu Vermeidendes vor sich hat, näherte sie sich der Eingangstür.
    »Warte, Häschen…!« Ahrens winkte den beiden Schränken zu, wandte sich ab und folgte ihr. Während die Türen des bmws zuklappten, trat Ahrens von hinten an die Frau heran und preßte seine Dopingarme um ihren Körper. Dann kam der bmw aus der Einfahrt, ich mußte in den Schatten zurück, und als ich das nächste Mal um die Ecke sah, fiel gerade die Tür hinter ihnen zu.
    Eine Weile stand ich reglos da, den Kopf wie leer geräumt. Schließlich steckte ich mir eine Zigarette an und ging ein paar Schritte auf und ab. Ich konnte mir nichts vormachen: Leilas Mutter hatte vielleicht nicht glücklich, aber auch sicher nicht mißhandelt gewirkt. Und was wußte ich schon über sie - über ihr Verhältnis zu Ahrens, über einen Handel, den sie möglicherweise eingegangen war, um ihren Mann aus dem Gefängnis zu holen, oder über ihre Chance, zu sehr viel Geld zu kommen? Sicher nicht genug, um jetzt einfach die Tür aufzuschießen und sie da rauszuholen. Das einzige, was ich ganz bestimmt wußte, war, daß sie, obwohl sie sich offenbar relativ frei bewegen konnte, Leila seit Sonntag keine Nachricht hatte zukommen lassen. Und wenn sie die Zeit fand, mit Ahrens rumzuvögeln, war ein kurzer Anruf im Flüchtlingsheim ja wohl nicht zuviel verlangt. Und überhaupt: mit Ahrens…! Selbst wenn es noch soviel Geld mitzunehmen oder den von mir aus wunderbarsten Mann der Welt zu befreien gab - so was kriegte ein Mensch, wenn er nur ein bißchen Sinn für Ästhetik besaß, doch nicht hin…
    Ich blieb in der Einfahrt stehen und sah angewidert zu Ahrens’ inzwischen kuschelgelb erleuchtetem Wüstenreich hinauf. Erzählte er ihr was über die Sternzeichen an der Decke? Oder über die wunderbare Welt der Naturvölker? Aber nein, das kannte sie ja schon von gestern und vorgestern. Romantikhits in den cd-Player, Sternzeichen runtergedimmt, und los ging’s zwischen Plüschkokosnüssen und -bananen!
    Mit Schwung wandte ich mich ab, schnappte meinen Beutel und marschierte die Straße hinunter zum Auto. Sie sollte ruhig bis Samstag warten. Kam ihr vielleicht sogar gelegen. Und ich hatte schließlich Wichtigeres zu tun. Ich war dabei, eine Mafia aus der Stadt zu jagen, da konnte ich mir nicht noch den Kopf über eine Frau zerbrechen, die vielleicht zögernd, aber schließlich doch direkt vom Auto zur Haustür gegangen war. Und darum dreht sich ja wohl alles: Geht man zu einer Haustür oder nicht. Gründe gibt’s immer. Gründe sind ja überhaupt das Allerlangweiligste.
    Ich ließ den Motor aufheulen, knallte den Gang rein und trat das Pedal durch.
     
    16
     
    »Ziemlich sicher Samstag abend.«
    »Ziemlich …«, wiederholte der Albaner. Aber es kam nicht wie sein übliches Nachsagen eines Wortes als Zeichen relativer Aufmerksamkeit oder um den anderen zu verunsichern, sondern mißtrauisch. Ich stand in der >Eule< neben der Toilette, hielt den Telefonhörer und ein Glas Apfelwein in den Händen und wollte das Gespräch so schnell wie möglich hinter mich bringen. Mit dem Albaner zu telefonieren, sich aber eigentlich gerade einen Scheißdreck um ihn zu scheren und sich möglicherweise im Ton zu vergreifen, gehörte nicht zu dem, was man in dieser Stadt mal ausprobiert haben mußte.
    »Na, ganz sicher kann man sich erst sein, wenn man da ist und die Jungs beim Essen sieht.«
    »Ach so. Kann man sich erst. Sagen Sie, überfordert Sie die Angelegenheit vielleicht ein wenig?«
    »Überfordert? Warum?«
    »Sie klingen so, ich

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